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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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Stimme zu deuten.
    Und sie wusste, dass er log.

19. KAPITEL
    „Lady Solay, was sagt Ihr?“ Der König blickte zwischen Solay und Justin hin und her. „Ihr müsst beide aus freiem Willen einverstanden sein, damit die Heirat rechtskräftig wird.“
    Solay wusste nicht, was sie sagen sollte. Wieder einmal konnte sie Justins Miene nicht deuten.
    Das „Ja“ lag zwischen ihnen wie ein Fehdehandschuh.
    Furchtsam blickte sie zur Tür in der Hoffnung, Hibernia zu sehen. Warum war er nicht bei ihnen? Hatte er wirklich mit dem König vereinbart, dass sie einen anderen heiratete? Vielleicht bot der König ihr mit dieser Frage eine Möglichkeit zu entkommen.
    Justin ließ ihre Hand los, und sie taumelte beinahe. Mit verschränkten Armen blickte er auf sie hinab. „Solay, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, zu sagen, was Ihr wollt.“
    Was sie wollte. Als würden ihre Wünsche eine Rolle spielen. Sie unterdrückte ein Kopfschütteln. Wie mochte es sein, sich so wie Justin nur um die eigene Meinung zu kümmern? Wenn sie die Missbilligung des Königs erregte, wäre es gleichgültig, ob sie sich selbst billigte. Solange sie keinen Beschützer fand, würde sich an der misslichen Situation ihrer Familie nichts ändern.
    Ungeduldig trommelte der König mit den Fingern auf seine Stuhllehne. Wenn sie diesen Mann ablehnte, gab er ihr vielleicht keinen anderen.
    Du musst dafür sorgen, dass der König und dein Gemahl dir gewogen bleiben, hatte ihre Mutter gesagt. Sie schaffte es nicht einmal bei einem von ihnen.
    „Was der König wünscht, soll geschehen“, sagte sie und knickste mit gesenktem Kopf.
    „Nein.“ Justin ergriff ihren Arm und drehte sie so, dass sie ihn ansehen musste, ohne auf den König und das Protokoll zu achten. „Was Ihr wünscht, soll geschehen! Was sagt Ihr, Lady Solay? Ihr müsst wählen, was Ihr wollt!“
    Sie lehnte sich an seinen starken Körper, umhüllt von dem vertrauten Duft nach Holz und Tinte. Bisher war ein anderer Gemahl nur eine vage Vorstellung gewesen, doch nun, da die Aussicht greifbar geworden war, schien es ihr unmöglich, dass Justin von ihrer Seite verschwand. Sie wusste, wie sich seine Finger an ihrem Ellenbogen anfühlten, kannte seine Schritte auf der Treppe ebenso wie seine bevorzugte Eröffnung beim Mühlespiel und wusste, wie sie ihn schlagen konnte.
    So nahe bei ihm verlangte ihr verräterischer Körper nach der Hitze, die sie geteilt hatten, und nach etwas anderem. Sie begegnete seinem dunklen, fordernden Blick, und Zeit und Raum verloren an Bedeutung. Ihr wurde schwindelig wie damals, als sie den Schneeflocken zugesehen hatte, und sie hielt sich an ihm fest. Sie wusste, wenn man ihr seine Wärme wegnahm, würde nichts mehr so sein wie zuvor.
    Und in diesem Augenblick vergaß sie alles andere.
    „Ja. Ich will Euch heiraten.“
    Justin ließ sie los, und der Raum hörte auf, sich zu drehen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, ohne jedoch seine Augen zu erreichen.
    „Ihr habt Eure Wahl getroffen, Lady Solay“, sagte der König. „Also tragt die Konsequenzen.“
    Und sie fragte sich, ob einer von ihnen wirklich das gewählt hatte, was er wollte.
    Neben Justin ging sie hinaus. Er griff nicht nach ihrer Hand.
    „Warum?“, fragte sie, als sie außer Hörweite des Königs waren. „Warum habt Ihr gelogen? Ich habe nicht gesagt, dass ich Euch liebe. Ihr habt mir eine Falle gestellt.“
    „Eine Falle? Oh nein, Lady Solay. Die Wahl lag bei Euch.“ Sie vermochte in seinem Gesicht nicht zu lesen. „Habt Ihr nicht Eure Meinung gesagt?“
    Zwischen dem König und Justin gefangen, hatte sie irgendetwas gesagt. Und sie fürchtete, dass es die Wahrheit gewesen sein könnte.
    „Wie konnte das geschehen?“, klagte Agnes, während sie und Solay packten, um nach Windsor zurückzukehren. „Alles war geklärt. Jetzt ist der König böse auf Hibernia, und Hibernia ist böse auf mich.“
    Der ungeduldige König hatte entschieden, dass sie heiraten sollten, noch ehe sie Nottingham verließen. Richard würde sie mit seiner Gegenwart beehren und ihr für diesen Anlass ein neues Kleid schenken. Mit dem König als Trauzeugen würde ihre Ehe niemals denselben Zweifeln ausgesetzt sein wie die zwischen ihrer Mutter und Weston. Sie würden bis in alle Ewigkeit aneinander gebunden sein.
    Agnes seufzte. „Warum habt Ihr mir nicht vertraut?“
    Solay biss die Zähne zusammen. Bisher hatte es nie jemanden gegeben, dem sie trauen konnte. „Der Duke war nicht da. Ich war nicht sicher.“
    Agnes errötete.

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