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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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ihrem Kopf flüsterte „Verräter“, doch sie hörte nicht zu.
    Sie hatte immer geglaubt, dass eine Frau einen Mann verführte, doch ihr Körper schien wie von selbst zu handeln. Getrieben von den rhythmischen Geräuschen hinter der Tür presste sie sich an ihn. Sie wollte nichts anderes mehr auf der Welt, als den Durst zu löschen, den er in ihr erweckt hatte.
    „Jetzt.“ Ein Wort, ein Stöhnen.
    Sie war nicht sicher, wer es ausgesprochen hatte.
    Gemeinsam sanken sie zu Boden, und sie spürte den harten Stein an ihrem Rücken. Noch immer lag Schnee in der kalten Nachtluft, doch es machte ihr nichts aus, ihre Röcke hochzuschieben, um ihre nackte Haut für seine suchenden Hände zu entblößen.
    Er schien ebenso ungeduldig zu sein wie sie, ließ die Hose bis unter die Knie gleiten und spreizte ihre Beine. Er war jetzt über ihr, und sie sehnte sich nach seinem harten, fordernden Kuss, aber das Drängen zwischen ihren Beinen war noch heftiger. Unter seinen zärtlichen Fingern wand sie sich hin und her, vermochte weder ihren Geist noch ihren Körper zu beherrschen. Empfanden alle Verliebten so? Kein Wunder, dass das Männer um den Verstand brachte.
    Und genauso wirkte er jetzt, die Lippen nahe an ihrem Ohr, sein Atem wie eine weitere Liebkosung. Und sie wusste nicht mehr, ob das Seufzen, das sie hörte, von ihr stammte oder von Agnes.
    Sie hatte das Gefühl zu fliegen, höher und höher, sehnte sich danach, ihn in sich zu spüren und war ganz konzentriert auf jenen einen Punkt ihres Körpers, den er so betörend liebkoste, fühlte, dass sie ganz nahe war, ganz nahe woran? Sie öffnete den Mund, und ihr schien, als würde sie …
    Und dann ließ er sie los.
    Der plötzliche Verlust ließ sie aufschreien. Er gab ihren halb entblößten Körper frei, und sie zog sich zitternd an der Wand hoch und öffnete die Augen. Er hockte vor ihr, starrte zu Boden und schlug sich mit der geballten Faust auf den Schenkel.
    Sie brachte nur ein einziges Wort heraus. „Warum?“
    Seine Brust hob und senkte sich wie nach einem schweren Kampf. „Ihr fordert uns beide zu sehr heraus, Joan Weston.“
    Unfähig zu denken, ließ sie die Schultern sinken. In ihr loderte etwas, das sich wie Hass anfühlte. Nicht nur, dass sie ihn auf den Knien angefleht hatte. Er hatte ihr Verlangen benutzt, um sie noch einmal zu beschämen.
    Sie zog die Knie an die Brust und bedeckte sie mit ihrem Rock, während sie versuchte, ruhig zu atmen, um nicht zu schluchzen. „Ihr könnt mir keinen Vorwurf machen. Ihr wollt mich ebenso.“
    Er nickte, und als er ihr wieder in die Augen sah, wirkte er traurig, nicht grausam. „Ich will mehr als nur einen Körper.“
    „Mehr?“ All die heißen, heftigen Gefühle, die er in ihr hervorgerufen hatte, schienen ihr jetzt in die Kehle zu steigen. „Was wollt Ihr noch mehr?“ Er verachtete ihre Mutter. Königliches Blut bot ihm keinen Anreiz. Über eine Mitgift verfügte sie nicht. „Ich bin nichts. Ich habe nichts außer dem Körper, den Ihr so entschieden zurückweist.“
    Er schüttelte den Kopf, und sie schloss die Augen, um nicht sein Mitleid sehen zu müssen. Es hatte sich so einfach angehört, den Körper zu entblößen. Doch dieser beunruhigende, unnachgiebige Mann hatte ihre Seele bloßgelegt und sie dann für mangelhaft befunden. Sein Verlangen nach Ehrlichkeit hatte ihr den Schild geraubt, der sie vor der Verachtung der Welt geschützt hatte. Jetzt lag ihr Herz da, nackt und bloß, nur verhüllt von dem Leinen, das ihre Brust bedeckte.
    Mit den Fingern berührte er ihre Stirn, schob das Haar, das darüber gefallen war, sanft zur Seite, als hätte es den Zorn der letzten Minuten nie gegeben. „Solange Ihr nicht wisst, wer Ihr seid, könnt Ihr keinen anderen lieben.“
    Sie entzog sich ihm, verärgert über seine Anspielung. „Ihr wisst, wer ich bin. Ihr habt es von Anfang an gewusst.“ Die Tochter der Dirne. Worte, die zu schmerzlich waren, um sie auszusprechen. Würde irgendjemand sie jemals ansehen und weder eine Dirne noch eine Prinzessin sehen, sondern einfach nur eine Frau? „Darum also ging es. Ihr wolltet beweisen, dass Ihr recht habt.“
    Er schüttelte den Kopf und sah sie ruhig und traurig an. „Das stimmt nicht, und Ihr wisst es.“
    „Tue ich das?“ Sie hob den Kopf und presste die Lippen zusammen, um einen Anflug von Übelkeit zu unterdrücken. Sie war die Tochter eines Königs. Sie würde sich nicht vor ihm erniedrigen. „Ihr seid derjenige, der behauptet, die ganze Wahrheit zu kennen.

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