Die Tochter Der Goldzeit
verschwunden. Ratlos blickte er sich um. Hatte die Erde sich aufgetan und die Frau verschlungen? Sie war weg, einfach weg.
In einem Hinterhaus am Ende des Hofes brannte Licht hinter zwei Fenstern. Dorthin ging Jacub. Yiou, an der Kette, stellte die Ohren auf und sicherte nach allen Seiten. Hinter den erleuchteten Fenstern lag eine Wohnküche. Zwei Frauen saßen an einem Tisch. Ein Mann schritt vor einem Herd auf und ab. Er trug den roten Umhang eines Obersten der königlichen Throngarde. Auf seinem Lederharnisch spreizte der Wappengreif von Albridan die Schwingen. Jacub trat ein, ohne zu klopfen.
Die jüngere der beiden Frauen stieß einen Schreckensruf aus, sprang auf und flüchtete an die Brust des Throngardisten. Der legte den Arm um sie und starrte Jacub an wie eine böse Erscheinung. Er war drahtig, nicht besonders groß und hatte einen Silberblick.
Taydal! Nicht irgendein Oberster der königlichen Garde stand hier vor Jacub, sondern der Erste Throngardist der Königin! Jacub begriff überhaupt nichts. Sein Blick fiel auf die Frau in Taydals Armen. Aschblondes kurzes Haar hatte sie, und ein graues, schmutziges Gewand hing schmucklos an ihrem ausgezehrten Körper herab.
Die Gefangene aus Korbans Kerkerkeller!
Ein Ring aus Bildern, Worten und Empfindungen begann in Jacubs Kopf zu kreisen. Die Mädchenfrau vor der Kerkertür, der Abdruck der Vogelklaue im Schnee, die Mädchenfrau in seinem Traum - für einen Moment wurde ihm schwindlig.
»Sie ist deine Gattin?«, fragte er heiser.
Taydal nickte stumm.
»Es ist reiner Zufall, dass ich hier bin, glaubt mir.« Jacub machte eine Geste der Ratlosigkeit. »Ich folgte jemandem in den Hof, und dann .« Er kam sich plötzlich einfältig vor und maßlos verwirrt.
Taydal zog sein Schwert. Sofort lag auch Jacubs Hand am Knauf seiner Klinge.
»Nein!« Die zweite, ältere Frau sprang auf und hob abwehrend die Hände. »Kein Kampf!« Sie stellte sich zwischen Jacub und Taydal und deutete auf den Mann aus Eyrun. »Ich weiß nicht, warum du hier bist, ganz allein in diesem Viertel. Aber wenn du in den Palast zurückgehst, wenn du zur Königin zurückkehrst, sollst du eines wissen: Du kehrst zu einer Mörderin zurück!«
»Nicht doch, Mutter!«, rief Taydals Frau. »Du redest dich ja um Kopf und Kragen!«
»Still!« Die andere winkte ab. »Schau ihn doch an! Sieht so der Komplize einer Mörderin aus? Er weiß doch von gar nichts! Niemand in Albodon würde sich wundern, wenn sie ihm irgendwelche Zaubermittel in den Wein träufelte! Hat sie das nicht auch Albus, ihrem armen Bruder, angetan, um seinen Willen zu lähmen?«
Jedes Wort ging Jacub unter die Haut; er erschauerte.
»Hör zu, Ritter von Eyrun!« Taydals Schwiegermutter trat nahe an ihn heran und hob die Hände zu einer beschwörenden Geste. »Diese hier .« Sie deutete hinter sich auf die junge Frau mit dem kurzgeschorenen Haar. ». meine Tochter - sie wurde von Gardisten der Königin aus ihrem Haus entführt und einem Kapitän übergeben. Der sollte sie ins Meer werfen. Die Königin hat es befohlen. Der Kapitän aber erbarmte sich und steckte sie in den Kerker, statt sie zu töten. Für zwei Goldstücke hat der verfluchte Korban sie gestern freigelassen. Das ist die Wahrheit!«
Jacub blickte von einem zum anderen. Er dachte an die rätselhafte Frau, die ihn hierhergeführt hatte, und mit einem Mal fiel ein Schrecken auf ihn, den er sich nicht erklären konnte. Erst im zweiten Anlauf wollte seine Zunge ihm wieder gehorchen. »Warum sollte die Königin so einen Befehl geben?«, frage er heiser.
»Weil sie Taydal mit niemandem teilen wollte«, antwortete die Frau, und ihre Tochter begann zu heulen.
»Ist das wahr?« Jacubs Mund war trocken, seine Stimme brüchig.
»Wenn du ein Wort davon deiner Königin gegenüber fallen lässt, dann sind wir alle tot«, sagte die Frau.
»Ist das alles wirklich wahr?« Jacub stand wie festgewachsen. Yiou, neben ihm, hatte sich auf den Hinterläufen niedergelassen.
»Sie hat ihrem eigenen Bruder die Kehle durchgeschnitten«, flüsterte Taydals Schwiegermutter. »Dem König Albus ...«
»Das glaube ich nicht«, hörte Jacub sich sagen, und seine Stimme kam ihm wie die Stimme eines Fremden vor.
»Ich war dabei.« Den linken Arm um seine Frau und in der Rechten noch immer sein Schwert, ließ Taydal den Rotschopf nicht aus den Augen. »Ich war auch dabei, als Korban diejenigen folterte und tötete, denen Torya den Mord in die Schuhe schob.«
Jacub schwieg. Sein Blick flog von
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