Die Tochter Der Goldzeit
ganze Sozietät.
Valena drängte sich neben Grittana. »Ihr habt eine junge Frau nach Hagobaven geschickt?«, fragte sie leise.
Grittana nickte. »Nach Hagobaven und zur Lichterburg.«
»Eure Gesandte kennt den Weg zur Lichterburg?« Valena machte eine erschrockene Miene. »Und wenn der Eiserne einen von uns zum Reden gebracht hat? Einen aus Tikanum, der den Weg hinauf nach Hagobaven kennt? Dann sind die Jusarikaner längst auch auf dem Weg nach Norden! Wenn sie eure Gesandte in ihre Gewalt bringen ...« Sie verstummte.
»Dieselbe Sorge quält auch mich, Valena«, sagte Grittana leise. »Doch Katanja weiß, dass Tikanum gefallen ist. Sie wird ihre Schlüsse daraus ziehen und wachsam sein. Wir können nur hoffen, dass sie dem Eisernen nicht in die Arme läuft, wenn sie das Tor von Hagobaven sucht.«
Kapitel 13
Allein lag Jacub auf seinem Bett und blickte zum Fenster hinaus in den Abendhimmel. Dort wichen die letzten roten Lichtschlieren der Dämmerung. Der Abendstern ging auf. Torya hatte sich mit Gulwyon in sein Dachkastell zurückgezogen. Sie empfingen dort Kundschafter, die aus dem Südland zurückgekehrt waren. Die brachten Neuigkeiten aus Dalusia und Apenya. Fremde Eroberer herrschten dort seit einigen Wintern. Angeblich waren sie hinter dem Goldzeitschatz her. Jacub wusste nicht, was Torya und ihr Magier planten: ein Bündnisangebot an die Fremden? Krieg gegen sie? Gleichgültig. Er war froh, ein paar Stunden allein verbringen zu können. Drei Schritte neben seinem Bett hatte sich Yiou auf ihren Fellen zusammengerollt.
Es wurde kühler. Jacub zog die Seidendecke über sich. Es kam selten vor, dass er hier in seinem Gemach auf dem Bett lag, noch dazu allein. Am Nachmittag hatten sie über Hochzeitsvorbereitungen beraten. Torya schien glücklich zu sein, ihn bedrückte das Gespräch.
Der Abendstern wanderte durch das Fensterkreuz. Jacub schloss die Augen und versuchte zu ergründen, woher dieses klamme Empfinden in seiner Brust rührte. Bilder aus den vergangenen Monden zogen vor seinem inneren Auge vorbei; in kaum einem fehlte das schöne Gesicht und die anziehende Gestalt der Königin.
Sie hatte gedrängt. Wir müssen unsere Liebe auf eine Grundlage stellen, die vor den Gesetzen Albridans bestehen kann. Nie zuvor hatte er Torya so reden gehört. Als Königin bin ich es meinem Volk schuldig, in geordneten Verhältnissen zu leben. Genauso hatte sie sich ausgedrückt. Gerade in Liebesdingen will ich meinem Volk ein Vorbild sein. Das waren ganz neue Seiten, die er da plötzlich an ihr entdeckte.
Einerseits verstand Jacub, dass sie drängte: Vor kurzem erst hatte ganz Albodon den dreißigsten Geburtstag der Königin gefeiert. Torya wollte Kinder. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr. Andererseits fragte er sich, ob er wirklich an Toryas Seite König von Albridan werden wollte. Er hätte ja nicht einmal sagen können, ob er diese Frau wirklich liebte. Was war das eigentlich - Liebe? Die fiebernde Erregung der letzten Monde, die Gluthitze der Leidenschaft? Er wusste es nicht.
Stimmen, Empfindungen, Bilder zogen durch seinen Geist: Das verweinte und zerschlagene Gesicht der jungen Dienerin, das meckernde Lachen des grausamen Kerkermeisters, die Worte jenes alten Spötters am Hafen .
Neben seinem Bett hörte er Yiou schnurren. Yiou. Sie liebte er, da war er sicher. Und Torya .?
Jacub schlief ein.
Im Traum schritt er zur Blutgrundsenke hinunter. Statt einem Schwert trug er den Dolch, mit dem sein Vater ihn in früher Zeit vor die Palisade in den nächtlichen Wald geschickt hatte; die Klinge war abgebrochen. Sein Gegner hatte ein langes Schwert und war nackt. Sein Gegner war Torya.
Im nächsten Traumbild ritt sie auf ihm. Ihre Brüste wippten in seinen Händen, ihr Lustgeschrei erregte ihn, sein Blut siedete. Und dann führte sie ihn im Traum am Hafenbecken entlang. Beide waren sie nackt, und sie schritt mit stolz erhobenem Haupt, während er auf allen vieren neben ihr kroch. Händler, Seeleute und spielende Kinder blieben stehen und lachten - nicht über Torya, über ihn.
Das Bild einer anderen Frau erschien ihm plötzlich, sie saß nur drei Schritte neben seinem Bett auf Yious Fell. Er sah ihre schmalen Hände durch Yious graues Fell gleiten. Ein Goldring mit einem großen schwarzen Stein steckte am Daumen ihrer Linken. Ein goldener Stern und eine goldene Mondsichel schimmerten darin. Kerzen brannten auf dem Tisch und in den Wandleuchtern. Die Frau hatte ein junges und zauberhaft schönes Gesicht. Ein
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