Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
moosgrünes Gewand trug sie, ihre samtene Haut war hellbraun, und ihr rotes Haar glänzte im Kerzenlicht. Der wache Blick ihrer grünen Augen traf ihn, und ein heißer Schrecken durchzuckte ihn - eine Vogelklaue ragte unter dem Saum ihres Kleides heraus.
    Er fuhr aus dem Schlaf hoch. Die Kerzen auf dem Tisch brannten, die in den Wandleuchtern auch. Sofort war er hellwach, sprang aus dem Bett. Er hatte keine Kerzen angezündet, jemand musste hier gewesen sein, während er geschlafen hatte.
    Jacub zog sich an, gürtete sein Schwert und warf sich seinen roten Mantel über die Schultern. Es zog ihn in die Nacht hinaus. Yiou schmiegte sich an seine Beine und schnurrte; er nahm sie an die Halskette und musste dabei an seinen Traum denken. Er hatte die Frau schon gesehen, doch wo?
    Jacub drückte die Klinke herunter - abgeschlossen. Er fuhr herum - der Schlüssel lag auf dem Tisch. Seine Nackenhaare stellten sich auf; er schloss niemals ab. Sollte er es in seiner inneren Unruhe heute doch einmal getan haben? Und ohne es zu merken? Er blickte zu den Kerzenleuchtern. Sollte er die Kerzen entzündet und auch das nicht bemerkt haben? Unvorstellbar. Jacub fröstelte.
    Er ging zum offenen Fenster und blickte hinaus. Zwei Stockwerke unter ihm murmelte der Strom. Keine Efeuranken wucherten in der Nähe seines Fensters an der Fassade. In der Nachbarschaft gab es auch keinen Balkon, von dem aus jemand in sein Zimmer hätte klettern können. Er stützte sich auf den Fensterrahmen, während er hinaussah. Sein Blick fiel auf seine Hände, und der Atem stockte ihm: Roscars Ring steckte nicht mehr an seinem Ringfinger.
    Ihm war auf einmal zumute, als würde Eis durch seine Adern rieseln. Hatte er den Ring jemals abgelegt in den letzten Tagen und Wochen? Auf weichen Knien ging Jacub zurück zum Tisch, nahm den Schlüssel und löschte die Kerzenflammen. Beunruhigt und verwirrt verließ er seine Kammer und die königliche Zimmerflucht. Etwas trieb ihn, etwas zog ihn; er wusste selbst nicht, wohin.
    Jacub ging mit Yiou zur großen Treppe, die zum Palastportal hinabführte. Unten, mitten in der Eingangshalle, stand eine Frau. Sie war von mädchenhafter Schönheit, und ihr Haar glänzte rötlich im Licht der Fackeln rechts und links der Portale. Jetzt hob sie den Blick und sah zu ihm herauf - es war die Frau aus seinem Traum!
    Sie raffte ihr moosgrünes Gewand hoch und schritt ohne jede Eile zum Portal. Ihre geschmeidige Art, sich zu bewegen, kam ihm seltsam vertraut vor. »Warte!«, rief er. »Wer bist du?« Sie achtete nicht auf ihn, zog das Portal auf und huschte hinaus in die Nacht. Jacub lief die Treppe hinunter. Er musste Yiou hinter sich herzerren, sie fauchte und sträubte Rücken- und Schwanzfell.
    War es denn gar kein Traum gewesen? Hatte diese Frau die Kerzen entzündet? Ausgeschlossen! Yiou hätte ihn doch geweckt, hätte sich niemals von einer Fremden streicheln lassen. Und wie hätte ein nächtlicher Eindringling beim Verlassen des Zimmers von innen abschließen sollen?
    Er eilte durch die Empfangshalle, trat aus dem Palast. Der Vollmond leuchtete zwischen den Wolken über Albodon. Eine zierliche Gestalt überquerte den Palasthof und strebte dem Tor zu. Die Torwachen beachteten sie nicht.
    Auch Jacub sprachen sie nicht an. Inzwischen kannte ihn jeder, der im Palast sein Brot verdiente. Die Männer nahmen sogar Haltung an, als er mit seiner Großkatze an ihnen vorbeieilte. Was sich in den Kreisen der Reichen und Mächtigen erst allmählich herumsprach, galt im einfachen Volk und unter den niedrigen Kriegerrängen schon seit Wochen als ausgemacht: Der Rothaarige mit der Großkatze würde bald an der Seite der Königin über sie herrschen.
    Die Frau nahm die Straße zum Hafen. Manchmal blickte sie sich um, und obwohl sie merkte, dass einer sie verfolgte, versuchte sie nicht, Jacub abzuhängen. Dass ihr Verfolger und seine Katze ihr immer näher kamen, schien sie nicht zu stören. Sie bog in eine Gasse ein, der Katzensohn lief nur noch zwanzig Schritte hinter ihr. »Warte!«, rief er. »Ich tu dir nichts, so warte doch!«
    Sie lief weiter, bog in die nächste Gasse ein.
    »Wer bist du?«, fragte Jacub. »Du warst doch in meinem Zimmer, als ich schlief .« Nur zehn Schritte trennten ihn noch von ihr. »Du hast die Kerzen angezündet, oder nicht? Wo haben wir uns schon gesehen? Jetzt warte doch und sprich mit mir!«
    Sie wartete nicht, sprach auch nicht mit ihm, sondern lief durch einen Torbogen in einen Hof. Jacub folgte ihr - sie war

Weitere Kostenlose Bücher