Die Tochter Der Goldzeit
unten.
Von Felsvorsprung zu Felsvorsprung kletterte das Jagdrudel am Wasserfall entlang ins Unterholz hinab. Das Kleinfederzeug in den Baumkronen begann zu pfeifen. Auf zwei Pfaden pirschten sie sich am Rande der Flussböschung der Siedlung entgegen. Mit der Alten überquerte die Erste das schmale Flussbett, um auf die andere Seite der Palisade zu gelangen. Die Stallung und der Teich mit dem Federfleisch lagen dort. Die Gelbe und die Reißerin schlichen zur Weide auf die Hangseite der Siedlung.
Noch etwa dreißig Sprünge trennten sie vom Palisadentor, da duckte die Alte plötzlich ihren schwarzpelzigen, knochigen Leib ins Moos. Ihre Schnurrhaare zitterten, ihre Ohren standen steif wie junger Spross. Die Erste, einen Sprung hinter ihr, verharrte in der Deckung eines Wurzelstrunks und spähte ins dunstige Unterholz: Ein Nackthäuter hockte keine zwei Sprünge entfernt im Moos zwischen drei Birken.
Er war noch klein und von Kopf bis Fuß in dunkles, fleckiges Leder gehüllt. Mit beiden Fäustchen umklammerte er den Griff eines blanken Eisenzahnes. Der war so lang wie sein Unterarm. Ganz still verharrte er, als würde etwas alle seine Sinne bannen. Vier oder fünf Atemzüge lang beobachtete die Erste ihn, bevor er sich aufrichtete und hinab in die Flussböschung huschte. Geäst streifte ihm die Lederhülle vom Kopf, und sein dunkelroter Schopf leuchtete einen Atemzug lang im Laub. Wind wehte den Geruch seines Angstschweißes herüber. Fast lautlos verschwand er im Gebüsch.
Ein kleiner Nackthäuter, kaum entwöhnt, allein im noch fast nächtlichen Wald? Misstrauisch äugte die Erste in das Halbdunkel des Unterholzes. Was geschah hier? Sie verständigten sich durch heiseres Maunzen: Sein Fleisch war tabu, ihre Beute wartete am Teich hinter der Palisade. Durch Farnfelder und Gestrüpp schlichen sie ihr entgegen.
Auf einmal raschelte es nahe des Tores, ein Rascheln, das nicht enden wollte. Die Alte stand still und äugte mit gespitzten Ohren, die Erste sprang auf den quer aus dem Gehölz ragenden Stamm einer umgestürzten Eiche und belauerte die Sträucher und Bäume, die den Reitweg vor dem Tor säumten.
Umrisse aufrecht gehender Gestalten lösten sich aus Dämmerlicht und Dunst, die Erste duckte sich dicht auf die moosige Rinde und fauchte leise. Von einem Atemzug zum anderen lag herber, scharfer Geruch in der Morgenluft - so rochen keine friedlich im Schutz ihrer Hütten schlafenden Nackthäuter, so rochen hellwache Kreaturen, bereit zu Jagd und Kampf!
Die Erste hörte Eisen gegen Eisen reiben. Einen halben Sprung unter sich sah sie die Alte rückwärts in die Deckung eines Nesselfeldes kriechen. Das Fell ihres Nackens und ihres Schweifes war gesträubt.
Die Erste verharrte auf ihrem Stamm und äugte zum etwa zwölf Sprünge entfernten Tor und zum Reitweg. Nackthäuter in scheckigen Mänteln und mit buntem Haar huschten dort zur Palisade. Widerhaken flogen und knallten zwischen die gespitzten Rundhölzer der Wallkrone. Seile strafften sich, Nackthäuter kletterten an ihnen den Holzwall hinauf, rissen die Mäntel von ihren Schultern, legten sie als Schutz vor den Stammspitzen auf die Palisadenkrone und schwangen sich darüber.
Zwei Atemzüge später ertönten die ersten Schreie hinter dem Tor, drei Atemzüge später klirrte Eisen gegen Eisen, und kurz darauf stieß jemand im Inneren der Siedlung einen Torflügel auf. Dann schwoll das Rascheln im Unterholz zu einem Sturmwind an, und das Geräusch splitternder Zweige vermischte sich mit dem Getrampel wilder Schritte. Viele Nackthäuter brachen aus dem Unterholz, sprangen auf den Weg, stürmten durch das offene Tor in die Siedlung hinein. Sie brüllten ihre Angst und ihre Gier hinaus.
Die Erste streckte sich auf Moos und Rinde, spähte, witterte, lauschte. Ein hochgewachsener Nackthäuter führte die kriegerische Horde an. Mit tiefer, fordernder Stimme brüllte er Befehle nach allen Seiten. Sein langer Mantel bestand aus schwarzen und gelben Flicken, sein kahler Schädel war schwarz und gelb gefärbt. Viele der wilden Angreifer hinter ihm trugen ebenfalls gelb-schwarz gescheckte oder gestreifte Mäntel, Haarschöpfe und Bärte; auch der an der Seite des Kahlen. Er war gedrungener, kleiner, und ein geflochtener, gelb-schwarzer Schwanz baumelte an seinem Hinterschädel.
Die gierigen Nackthäuter brüllten und schwangen schwere Ketten und Reißzähne aus Eisen. Sie folgten dem großen schwarzgelben Kahlkopf und dem Einäugigen an seiner Seite.
Die Erste sprang vom
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