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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Macht der ihm bekannten Welt vorstellen, die in der Lage wäre, Schiffe der Tiefländer zu versenken, geschweige denn diese wilden Burschen zu vertreiben, ohne dass sie zurückkehrten, um Rache zu nehmen.
    Mit dem Finger fuhr er über die Karte, wechselte von der Küste des Südlandes hinüber zur Küste der Südwildwelt. Südland hießen die Regionen zwischen Dalusia und Apenya und die Küsten noch weiter östlich. Seit die großen Fluten vorüber waren, siedelten wieder Menschen dort.
    Anfangs hatte Roscar vermutet, die Unbekannten könnten aus den Tiefen der Südwildwelt stammen, doch dann hatte ein Gefangener des Fürsten, ein Poruzze, von einem schwarzen, eisernen Riesen berichtet, den er an der Küste von Apenya gesehen hatte. Seitdem wusste Roscar, dass die Fremden aus Jusarika stammen mussten.
    Jusarika lag jenseits des unermesslichen Westmeeres, also am anderen Ende der Welt. Südwildwelt nannte man damals die unbekannten Weiten des Festlandes, dessen Küste den Südlandküsten gegenüber lagen; an einer Stelle Dalusias konnte man sie bei klarer Sicht sogar erkennen. Kaum einer wagte noch, diesen Erdteil zu betreten seit den Zeiten der Götternacht. Dabei hatten Hunderte Winter zuvor, vor dem Eis und vor der Flut, noch Schiffe voller Menschen das Kleine Südmeer bedeckt. Zuerst flohen sie von der Südwildwelt nach Dalusia, später von Dalusia zurück an die Küsten der Südwildwelt. Tote und Wracks bedeckten seitdem den Meeresgrund des Kleinen Südmeeres.
    All das wusste Roscar aus den alten Schriften, die er sammelte, und von den Druiden und Hexen, die er im Laufe seines Lebens getroffen hatte. Manches wusste er auch von Seefahrern, die weit herumgekommen waren, und einiges sogar von geheimnisvollen Wesen, denen er während seiner Geisterbeschwörungen begegnet war. Doch darüber sprach er so gut wie nie.
    Er schlug das Buch Spruch Dashirins an Alphatar an einer Stelle auf, an der zwischen Falkenfedern und Flachskordeln ein Stück Ziegenleder heraushing. »Bald wird es geschehen«, las er murmelnd. »Bald werden wir uns einen starken und treuen Diener schaffen .«
    Draußen auf dem Hof glaubte er, Schritte zu hören. Waren schon Knechte wach? Er kümmerte sich nicht darum, las weiter: »Betavar soll sein Name sein. Durch den ganzen Kontinent werden wir ihn senden, über den Großen Ozean bis an die fernsten Gestade, damit er jene rufe, die mein Gesetz lieben .« Etwas wie ein Wimmern erhob sich jetzt draußen auf dem Hof. Wahrscheinlich war einer der Canidenwelpen krank. Roscar las weiter: »Dann wird es geschehen, und ich werde ihnen Macht geben, die Neue Goldzeit heraufzuführen .«
    Jemand klopfte an das Portal des Haupthauses. Roscar runzelte unwillig die Stirn und legte die alte Schrift aus der Hand, doch nur, um erneut die Karte zu betrachten. Einer einzigen Macht traute der Druide zu, die Tiefländer zu vertreiben, ihre Schiffe zu versenken; der Macht des treuen Dieners Dashirins, nur ihr, der Macht Betavars. So hieß der Eiserne.
    Und mit den fernsten Gestaden jenseits des Großen Ozeans war natürlich Jusarika gemeint. Von den Völkern, die heute dort lebten, war wenig bekannt. Der Druide wusste nur von einer kleinen unterirdischen Goldzeitkolonie, die dem Ansturm der Barbaren trotzte, schon seit den ersten Wehen der Götternacht. Sie hatten Dashirins eisernen Diener aufgenommen; mehr als dreihundert Winter war das her; sogar gerettet hatten sie ihn, wie es in alten Legenden hieß.
    Sollte denn wahrhaftig der Eiserne zurückgekehrt sein? Suchte er tatsächlich die Lichterburg und den Goldzeitschatz im Südland? Und waren etwa Leute aus Jusarika mit ihm gekommen?
    Roscar hatte alle Legenden gesammelt, die jemals zwischen Eyrun und den östlichsten Strömen der Mittelwildwelt überliefert worden waren; er wusste Bescheid: ohne Goldzeitschatz keine Macht und keine Neue Goldzeit. Forschte also der Eiserne in den Weiten der Südwildwelt nach der Lichterburg und dem Goldzeitschatz?
    Es hörte nicht auf zu klopfen. Roscar stieß einen Fluch aus, verließ endlich sein Studierzimmer, ging zum Hauptportal. So aufdringlich klopfte kein Knecht, und so kläglich wimmerte kein kranker Canide. Er riss das Hauptportal auf - ein dreckiger, halbnackter Junge kauerte auf der Schwelle. Eine kaum vier Wochen alte Wildkatze hörte auf zu wimmern und versteckte sich zwischen seinen Schenkeln. Der Junge fieberte, er stank.
    »Was willst du?«, fuhr Roscar ihn an.
    »Jacub, Hunger ...« Der Junge schmatzte und lallte und

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