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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Winter, die bei ihnen »Götternacht« hießen, war die Existenz der Bergstadt in Vergessenheit geraten. Seit jener Zeit mieden die Barbaren die Gegend um den Staudamm und die Bergregion südlich des Flusstales. Sie glaubten, Dämonen lebten hier. Die Altbergener trugen das Ihre dazu bei, um solche Gerüchte zu schüren. Und nun sieben Kundschafter so nahe am Torwald!
    Das Ereignis erschütterte die gesamte Sozietät. Jedem Erwachsenen war sofort klar gewesen, dass diese Südländer gezielt nach ihnen gesucht hatten. Und Grittanas Arbeit im Kerker des Sterbenden hatte den Verdacht bestätigt: Ja, man suchte sie. Auch wer sie suchte, glaubte die Meisterin zu wissen.
    Unter den farbenfroh gekleideten Frauen am Brunnen entdeckte die Meisterin die Ratsfrau und Botanikerin Helvis und Tondobars Gefährtin Mai, Katanjas Mutter. Die mollige Helvis sah von ihrer Lupe und den schmalen Glasröhrchen auf, in die sie Blumensamen sortierte. Sie grüßte freundlich. Mai dagegen blieb stumm. Die wortkarge, zierliche Frau arbeitete an einer Oboe. Ihr schwarzes Haar trug sie kurz, und ein herber Zug lag auf ihrem schmalen Gesicht. Fast scheu blickte sie auf, als Grittana vorüberging und grüßte.
    Einer der Lehrer winkte von weitem. Weronius, der massige Kahlkopf. Merkur, ein junger, schiefergrauer Kolk, saß auf seiner Schulter. Grittana winkte zurück. Der Dicke gehörte zu ihren besten Schülern, und seine eigenen Schüler, die Kinder, liebten ihn.
    An der zweiten Aquariumsröhre vorbei strebte die Meisterin zu einem der acht Gänge, die aus der zentralen Haupthöhle in die acht Segmente der Mittelebene von Altbergen führten. Über vier der Gänge gelangte man in die Wohnsegmente der Stadt. Dort klopfte sie an die Tür des Ersten Torwächters.
    Tondobar öffnete selbst.
    »Er liegt im Sterben.« Grußlos trat Grittana an Tondobar vorbei in einen kleinen Kuppelraum. Dort saßen der Ratsälteste und Tondobars Stellvertreterin mit gekreuzten Beinen auf Sitzpolstern aus braunem Leder. Ein großer Vogelbauer stand zwischen ihnen. »Er stammt von einer Insel vor der Küste Apenyas. Sie heißt Chiklyo. Vor zwei Wintern machten dort fremde Großschiffe fest.« Hinter einem niedrigen Steintisch sank die Meisterin in ein Sitzpolster.
    »Wer?« Tondobar hielt noch immer die Tür fest.
    »Schwer bewaffnete Krieger aus Übersee.« Die Meisterin griff zu einem Krug, der auf dem niedrigen Tisch stand, und schenkte sich Wasser in ein Glas ein.
    »Wie viele?«, wollte Lundis wissen. Die Zweite Wächterin des Tores war die jüngste Frau im Rat von Altbergen. Sie hatte schneeweiße Haut, weißblondes Haar und rote Augen.
    »Nicht viele.« Grittana zuckte müde mit den Schultern. »An der ganzen Küste haben sie die Macht ergriffen, meist ohne Blutvergießen. Höchstens dreihundert Männer und Frauen.«
    »Was sagst du da?« Linderaus schmächtige Gestalt straffte sich. »Seid ihr ganz sicher?« Der Ratsälteste war ein unscheinbares Männchen von etwa sechzig Wintern. Sein Gesicht war schmal und bleich, seine Nase groß und hakenförmig, und sein graues Haar hing ihm als dünnes Zöpfchen über der Schulter. Auf dem Querholz im Vogelbauer neben ihm hockte eine junge Elster. Linderau studierte die Welt der Vögel seit seiner Kindheit.
    »So habe ich es in seinem Geist gelesen«, antwortete Grittana. »Die Fremden tragen schwarze Rüstungen, wenn sie die Eingeborenen in Kämpfe führen. Einer ist auffällig groß und scheint immer eine Rüstung zu tragen.«
    Tondobar drückte die Tür zu. »Du meinst ...?« Der Erste Wächter des Tores zögerte. »Du willst damit sagen, dass dieser Kerl ...?« Gestikulierend, als suchte er nach Worten, die das eine, furchterregende Wort vermieden, kam er zum Tisch. Schließlich sprach er es doch aus: »Du glaubst, er hat den Eisernen gesehen?«
    »Ihn und die aus Jusarika - ich fürchte, so ist es.« Die Meisterin blickte erst Tondobar, dann dem Ratsältesten und schließlich Lundis in die Augen. Alle drei schienen bis ins Mark erschrocken zu sein.
    »Ich habe jedenfalls einen großen Krieger in einer schwarzen Rüstung im Geist des Gefangenen erkannt. Von Chiklyo aus beherrscht er inzwischen einen beträchtlichen Teil der Westküste von Apenya.«
    »Der Eiserne also ...!« Linderaus Gesicht hatte die Farbe schmutzigen Wachses angenommen. »Ist er doch zurückgekehrt .«
    »Davon müssen wir ausgehen.« Die Meisterin nickte. »Diese Narren träumen von einer neuen Goldzeit, also suchen sie die Lichterburg und das

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