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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Jacub.
    Eine der Eisenspitzen hatte den Kadaver durchbohrt und Yiou am Hinterlauf verletzt. Deswegen und wegen ihres Gewichtes konnte sie nicht abspringen - die Wildkatze war trächtig. Auf dem Reh stehend, richtete sie sich auf den Hinterläufen auf, maunzte kläglich und riss mit den Vorderläufen Furchen in die Erde der Grubenwand.
    Jacub sah zurück zum Waldrand. Das Gekläffe näherte sich rasch, gleich würden die Caniden aus dem Unterholz auf die Weide hetzen. Der Junge legte die Armbrust ab, riss sich das lange Wildlederhemd vom Leib, ließ sich auf den Hintern fallen, stemmte die Fersen in das Gras vor dem Grubenrand. Die Ärmel des Lederhemdes wickelte er einmal um die Handgelenke, dann beugte er sich zwischen die Knie und über den Grubenrand und ließ das Leder an der Wand hinunter.
    »Pack zu!«, zischte er.
    Yiou streckte sich, knurrte, schlug nach dem Leder.
    »Wenn du leben willst, pack zu!« Hinter sich hörte er die Stimmen der Männer aus dem Wald. Sie hatten längst den Bach erreicht. Die Caniden bellten sich heiser vor Gier.
    Endlich erwischten Yious Krallen den Lederstoff, durchbohrten ihn, hielten ihn fest. Jacub lehnte sich zurück und zog mit aller Kraft. Er war groß für sein Alter, er war schwer - doch Yiou wog nicht weniger. Für Jacubs Herz wog sie eine ganze Welt. Also bohrte er die Fersen ins Gras und zerrte und stöhnte und zerrte.
    Er hörte Stoff reißen, er hörte Caniden aus dem Unterholz des Waldrands brechen, er sah Yious gespreizte Krallen am Grubenrand auftauchen, dann ihre Vordertatzen, dann ihre schwarzen Ohrbüschel. Sie stieß sich über den Grubenrand, er griff ihr ins Nackenfell, riss sie ins Gras. »Lauf!« Er keuchte, packte die Armbrust, griff nach einem Pfeil. Zwei Caniden hetzten durchs Gras, ein dritter sprang eben aus dem Unterholz auf die Lichtung, ein vierter kläffte dicht dahinter.
    Der erste war schon zu nahe für einen Schuss. Jacub ließ die Armbrust fallen, riss seinen Dolch aus dem Gurt, warf sich dem geifernden Tier in den Weg und stieß ihm die Klinge ins Herz. Noch auf dem zuckenden Körper liegend, griff er nach der Armbrust und schoss. Der zweite Jagdcanide überschlug sich keine zehn Schritte vor ihm zwischen den Orchideen. Die Männer würden ihn totschlagen, vierteilen würden sie ihn, bei lebendigem Leib häuten und im salzigen Meerwasser versenken. Jacub schoss erneut, der dritte Canide jaulte getroffen auf. Der vierte blieb stehen, knurrte und äugte.
    Der Junge ließ die Armbrust sinken, sein Atem flog. Er sprang auf, rannte an der Grube vorbei zum anderen Waldrand. Zwischen einer Birke und einem Fuchsienstrauch sah er dort die hinkende Wildkatze im Unterholz verschwinden - sein Herz, sein Alles!
    Ein paar Atemzüge später rannte er neben ihr durchs Unterholz. Von der Hirschweide her tönten das Wutgebrüll der Männer und das Gekläffe der restlichen Jagdcaniden. Sie würden nicht ruhen, bis Yiou tot und ohne Fell und er um Gnade winselnd vor ihnen lagen.
    Er kannte die Fischer - unheimlich war ihnen der Wald, unheimlich alles, was aus ihm stammte. Er schlug Haken, folgte dem Bachlauf Richtung Quelle, legte falsche Spuren. Yiou hinkte neben ihm her. Sie erreichten die Hügel, die Ruinen dort und den halb zerfallenen Turm. Auf ihm versteckten sich Katze und Junge. Jacub verbarrikadierte die Treppe mit Geröll aus dem Raum unter der Turmspitze.
    Später ging der Mond auf. Caniden schlugen an; die drei, die ihnen geblieben waren. Jacub warf Steine nach ihnen, als sie die Treppe hinaufhetzten. Jaulend zogen sie sich zurück.
    Die Männer versammelten sich vor der Ruine. »Komm runter, oder wir holen dich!«, schrie der Jäger.
    Jacub zog seinen Dolch.
    Zwei Fischer stiegen die Treppe herauf. Er warf mit Steinen, bis sie sich fluchend zurückzogen.
    Danach hörte er sie unterhalb des Turms tuscheln, sonst geschah nichts. Jacub verkroch sich unter den Resten des Deckengebälks und der Schieferplatten, die den Turmraum einst bedeckten, um vor Pfeilen und Steinen geschützt zu sein. Yiou leckte ihre Wunde. Er lehnte sich gegen sie und tastete ihren Bauch ab. Darin bewegten sich ihre Jungen. Jacub wurde es warm ums Herz.
    »Komm runter, roter Bastard!«, rief der Jäger, als der Morgen dämmerte.
    Jacub spähte über den Mauerrand - breitbeinig stand der Jäger unten am Turm.
    »Runter mit dir oder wir fackeln die Ruine ab!«
    Das Blut wollte Jacub in der Lunge gefrieren: Rund um den Turm und vor dem Treppenaufgang hatten die Männer Holz

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