Die Tochter Der Goldzeit
Insel Sylunada sogar am Grund eines Vulkansees. Die Seuchen, Kriege und Katastrophen vor jener Epoche, die bei den Barbaren als »Götternacht« in ihre Überlieferung eingingen, hatten die Vorfahren der Geheimkolonien zum Bau der unterirdischen Städte gezwungen. In den ältesten Einträgen der Chronik von Altbergen war noch von neun Sozietäten die Rede.
Hin und wieder war es geschehen, dass kriegerische Barbaren Mitglieder einer Sozietät gefangen genommen hatten. Es war sogar vorgekommen, dass ein Sozietätsmitglied sich einem Waldstamm oder einer Flusssiedlung freiwillig angeschlossen hatte; die Gründe waren immer die gleichen: die Liebe oder die Sehnsucht nach einem Leben unter freiem Himmel.
»Ernste Zeiten kommen auf uns zu«, sagte Grittana nachdenklich. »Wir müssen zu allen Mitteln greifen, die wir haben. Deswegen werde ich morgen nach Sonnenaufgang zur Ruine gehen.«
»Zur Zeitfuge?« Linderau zog die Brauen hoch und musterte die Greisin erstaunt. »Du willst die Anderen rufen, bevor der Rat getagt hat?« Die junge Elster, als spürte sie seine Bedrückung, sprang ans Käfiggitter und krähte.
»Ich will es versuchen. Ihr wisst selbst, wie viel Zeit verstreichen kann, bis sie sich herablassen, mit uns Flüchtigen zu sprechen.«
Kapitel 13
Jacub fütterte die Schweine. Das gehörte zu seinen täglichen Aufgaben. An diesem Morgen lockten Gebell und Gebrüll ihn aus dem Stall. Er spähte über die Weide, wo die Knechte des Druiden die Schafe schoren. Männer hetzten vom Dorf her zum Wald hinauf, an der Spitze ein Jäger und ein Rudel Jagdcaniden.
Yiou! Jacub ließ die Mistgabel fallen und rannte los. Sie hatten Yiou erwischt!
Jacub, in seinem zwölften Winter inzwischen, war ein drahtiger, hochgewachsener Bursche in schwarzen Wildlederhosen und einem langen, braunen Wildlederhemd. Das rote Haar hing ihm offen über die Schultern. Noch wusste er nichts von der Lichterburg und dem Erbe der Goldzeit, und gut dreizehn Winter sollten noch vergehen, bis er Katanja von Altbergen gegenüberstehen würde.
Jacub stürzte ins Haus, riss Armbrust und Köcher von der Wand neben der Tür, stürzte wieder hinaus. Jemand rief seinen Namen, als er über den Hof spurtete, er kümmerte sich nicht darum. Die Männer stiegen schon am Ufer des Baches zum Hauptweg in den Wald hinauf. Ihre Caniden kläfften, als hätten sie Blut geleckt.
Unter dem Torbogen hing ein Holzschild mit den Insignien des Druiden, einem goldenen Stern und einer goldenen Mondsichel. Darunter hindurch führte ein breiter Fahrweg zum Wald hinauf. Die ersten Jagdcaniden erreichten eben diesen Weg. Jacub aber bog vor dem Tor zur Ostseite des Hofes ab. Vorbei an den Eichen dort und dem zerbrochenen Backofen rannte er zum Roggenfeld und dann zur Mauer, die das Anwesen des Druiden von der Wildnis trennte. Mühelos kletterte er über sie und nahm den Weg über die Klippen. Er wusste, wo der Jäger seine Fallgruben auszuheben pflegte.
Er lief zum Strand hinunter. Die Brandung rauschte, Möwen schrien, Kies knirschte unter seinen Fußsohlen. Mit großen Schritten sprang er zu einer Spalte in der Steilwand. Ein Kamin. Er hängte Kö-cher und Armbrust um den Hals, stemmte die nackten Füße rechts und links gegen die Wände, arbeitete sich hinauf.
Dieser Weg zur Hirschweide war beschwerlicher als der am Bachufer entlang, dafür kürzer. Oben angekommen, hetzte er über steinigen Boden, dann durch hohes Gras, schließlich durch Gestrüpp in den Wald. Bald hörte er hinter sich Gebell und Geschrei. Er hatte die Männer überholt. Sehr gut! Nur die Caniden machten ihm Sorgen.
Den schmalen Wildpfad hätte Jacub auch im Schlaf gefunden. Durch dichtes Gestrüpp folgte er ihm zum Bach, an einer seichten Stelle ans andere Ufer und dann durch ein Buchenwäldchen zu den Kiefern und alten Eichen am Rande der Hirschweide. Die Lichtung war leer. Er sprang durchs hohe Gras. Rote und weiße Orchideen blühten hier, aufgescheuchte Vögel flatterten hoch. Im Laufen sah er niedergetretenes Gras und Blutstropfen an Halmen glänzen. Das Gebell der Jagdcaniden klang bereits bedrohlich nahe. Einen Schritt nach dem anderen tat er jetzt. Und dann gähnte vor ihm die Fallgrube.
Zwei Meter unter ihm hockte Yiou auf einem toten Reh. Dessen Kehle war zerbissen, sein Blut bedeckte die Erde am Grubengrund. Den Spießen, die dort unten aus dem Boden ragten, war Yiou nur entgangen, weil das gerissene Reh noch vor ihr auf sie gestürzt war. Ein Schrei der Erleichterung entfuhr
Weitere Kostenlose Bücher