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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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ob diese Leute nicht mit dem Eisernen zu schaffen hatten? »Vor der Küste von Apenya ist unser Boot gekentert.«
    »Kannst du mit Waffen umgehen?«, fragte der andere. »Fremde sind in Dalusia eingefallen, der Fürst braucht jeden Mann.«
    »Ich tauge nicht zum Krieg.«
    »Taugst du denn zum Sklaven?« Maragostes musterte ihn verächtlich. »Wir werden ja sehen!« Er drehte sich um und ging.
    Erst Tage später verstand Bosco seine Worte - als sie ihn in einen Steinbruch schleppten, kahl schoren und seine Glatze mit ätzendem Harz bestrichen. Sie legten ihm Fußketten an, wie alle Sklaven dort sie trugen, und wie sie musste auch er fortan Steine klopfen.

Kapitel 17
    Eines Tages hörte Katanja ihre Eltern streiten, als sie nach dem Unterricht in die Wohnkuppel trat. Beide hatten feuchte Augen, und das Mädchen erschrak. Es lief zu ihnen. »Was ist denn mit euch?«
    »Gar nichts, Kleines!« Tondobar streichelte sie zärtlich. »Wir streiten ein bisschen, nicht schlimm.« Und ihre Mutter Mai küsste sie und sah sie aus großen, nassen Augen an.
    Katanja glaubte zu versinken im Blick dieser Mutteraugen, und plötzlich schien sie eine Welle von Schmerz und Angst zu überfluten, ein Schmerz wie vor einem Abschied, eine Angst wie vor einem Ende. Katanja spürte wohl, dass es der Schmerz und die Angst ihrer Mutter waren, doch sie empfand beides so heftig, als wären es ihre eigenen Gefühle. Sie rang nach Luft, fing an zu zittern und zu weinen.
    Später, als sie sich im Bett ihrer Eltern in den Schlaf geweint hatte, ritt sie im Traum auf einem schwarzen Mammutbock über eine endlose Eisfläche. Polder trottete neben ihr. Er blutete aus vielen Wunden und zog eine rote Spur im Schnee hinter sich her.
    Katanja drehte sich um. Hinter ihr stapfte der blonde Janner über das Eis. Er war größer, als ein ausgewachsener Mann werden konnte- und er steckte im silbernen Panzer eines Katafrakts. Auf seinem Rücken hing eine Armbrust, auf seiner Schulter trug er eine gewaltige Schwertklinge. Fünfzig Schritte hinter ihm schlichen sieben schwarzbärtige Südländer. Sie wollten Katanja fangen, doch sie trauten sich nicht näher heran, weil sie Janner fürchteten. Janner lächelte Katanja an, und sie fühlte sich geborgen.
    Mit dem Bild des lächelnden Janners wachte sie auf. Sie betrachtete ihren schlafenden Vater. Seine Tränen am Abend zuvor, sein Streit mit Mai - es hatte mit der Reise hinaus auf den vereisten See zu tun, Katanja spürte es. Etwas hatte sich verändert, seit er mit der Meisterin und dem Ratsältesten im vergangenen Winter vom Großen See zurückgekehrt war; die Menschen hatten sich verändert, sie benahmen sich anders ihr gegenüber.
    Ihr Vater gab sich strenger und wortkarger seitdem, brachte ihr Sachen bei, die sie nicht mochte: mit einem Holzschwert auf ihn einzudreschen zum Beispiel; oder mit einem Bogen einen Pfeil in die schwarze Mitte einer Scheibe zu schießen; oder einen Fisch mit bloßen Händen zu fangen und zu schlachten.
    Die Stimme der Meisterin klang weicher als zuvor, ihre Augen blickten noch liebevoller auf sie, wenn Katanja bei ihr im Unterricht saß; als müsste man sich um sie sorgen, als wäre sie krank.
    Der Ratsälteste beobachtete sie manchmal von der Seite, und wenn sie dann zu ihm sah, wich er schnell ihrem Blick aus. Und Weronius brachte ihr Dinge bei, die andere erst ab ihrem zwölften Lebenswinter lernen durften: Namen gewisser Pflanzen zum Beispiel und welche Krankheiten man mit ihren Blüten oder Blättern oder Wurzeln heilen konnte; Namen von Sternen, Namen von Flüssen und Ländern jenseits des Großen Sees; wer die Tiefländer waren, was in der Goldzeit geschehen war, was die Rede von der Götternacht bedeutete und vieles mehr.
    Etwas war geschehen auf dem Eis im vergangenen Winter, etwas Wichtiges; etwas, das mit ihr zu tun hatte.
    Am Morgen packte Katanja eine Wasserflasche, ihr Holzschwert, eine Rübe, ein Messer, eine Lupe, ein paar Feuersteine und Getreidefladen in ihre Tasche. Ihre Mutter merkte es nicht. Am frühen Nachmittag dann, auf der Lichtung während des Spiels, hielt sie sich dicht am westlichen Waldrand. Ihre Tasche hatte sie bei sich. Friedjan wollte und wollte nicht von ihrer Seite weichen. Irgendwann tauchte Janner neben ihr auf. Sie hielt ihn am Arm fest und flüsterte: »Geh mit mir.« Er grinste nur, machte sich los und lief weg. Katanja kämpfte mit Tränen der Enttäuschung. Hielt er denn ihre Aufforderung für einen Teil des Spiels?
    Endlich verlor Friedjan

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