Die Tochter Der Goldzeit
Badehaus und sorgten dafür, dass sie sich wusch. Die Kleider, die sie ihr neben den Zuber legten, hatte Torya ausgewählt, auch die Duftessenz, mit der sie sich nach dem Bad einölte. Eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit brachten sie die Frau hinauf zur Zimmerflucht des Königs. Dort wartete Torya.
Die junge Frau bedankte sich wortreich für die Ehre, den König beglücken zu dürfen. Erst als Torya den Zeigefinger auf die Lippen legte, schwieg sie. Das halbdurchsichtige Kleidchen, das sie unter dem Schleier trug, enthüllte ihre üppigen Körperformen mehr, als dass es sie verbarg.
Torya war zufrieden. »Folge mir.« An der Frau vorbei ging sie zum Schlafzimmer ihres Bruders. Den Musiker und den Vorleser hatte sie zum Gastmahl geschickt. Dort warteten der Hofmarschall und einige Thronritter auf den König.
»Ich bin direkt ein wenig aufgeregt«, sagte die junge Frau hinter ihr. »Ich habe es noch nie für einen König getan ...«
»Still!«, zischte Torya. Der Boden unter ihren Fußsohlen schien zu schwingen, ihr Mund war trocken, das Herz schlug ihr in den Schläfen. Hatte sie alles bedacht? Was, wenn der Hofmarschall Verdacht schöpfte? Wie würden die Thronritter reagieren? Und wie, wenn erst alles vorbei war, das Volk von Albodon?
Der Hofmarschall hatte das Gastmahl auszurichten; er konnte nicht fliehen. Die Gäste - Olfarkan, Walliser und sechs Thronritter -waren unzufrieden mit der Regierung des jungen Albus, wie Gulwyon erfahren haben wollte. Der wilde Walliser wollte der Erste sein, der gegen den Hofmarschall die Stimme erheben würde. Dafür hatte der Magier ihm die Aufnahme in den Kreis der Thronritter versprochen.
Torya fasste nach der Klinke und drehte sich ein letztes Mal nach der Frau um. »Warte hier.« Sie trat ein, ihre Miene glättete sich. Albus sah ihr voller Erwartung entgegen. Sie hatte ihm eine Überraschung versprochen. »Und?« Sie strahlte ihn an. »Bist du gespannt?« Ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk hatte sie ihm angekündigt.
»O ja!« Er sah frischer aus als sonst. Seine Augen glänzten. Drei Tage ohne Gift zeigten Wirkung. Er trug schon das edle Gewand, mit dem er sich beim Gastmahl zeigen wollte. Die Aussicht auf die große Festgesellschaft beunruhigte ihn, Torya sah es an seinem fahrigen Blick. Die Schwermut hatte ihn menschenscheu gemacht.
»Komm!«, rief sie. »Komm herein, süßes Geschenk!«
Lächelnd stolzierte die Frau in das königliche Schlafgemach. Vor Albus blieb sie stehen und verneigte sich tief. »Ich schätze mich glücklich, Euch dienen zu dürfen, mein König.« Sie öffnete den Umhang und ließ ihn von ihren nackten Schultern in ihre Ellenbeugen gleiten. Albus starrte sie an und schluckte.
Torya huschte an der Frau vorbei und beugte sich zum Ohr ihres Bruders. »Keine Sorge, niemand weiß es.«
»Und das Gastmahl mit den Thronrittern?«, fragte er unsicher.
»Du bist der König. Du kommst, wann du willst.«
Sie richtete sich auf und musterte ihn. An ihr vorbei schielte er zu der jungen Frau. »Wie heißt du?«, fragte er.
Torya verließ das Schlafzimmer und zog die Tür hinter sich zu.
Mit der Schulter lehnte sie sich dagegen und schloss die Augen. Sie lauschte atemlos.
Hinter der Tür hörte sie die Stimmen der beiden. Die Frau kicherte. Irgendwann lachte auch ihr Bruder. Ein gutes Zeichen. Danach wurden die Stimmen leiser, und bald hörte man niemanden mehr reden. Torya lauschte mit wachsender Erregung. Die Frau begann zu stöhnen und zu seufzen, es klang theatralisch. Torya wandte sich ab und griff zum Gurt unter ihrem schwarzen Samtmantel. Ihre Rechte umschloss den Griff eines Dolches. Die Ausrufe der Lust im Schlafraum ihres Bruders verebbten nach und nach. Ein Kichern, ein Seufzen, dann Stille. Unter dem Mantel zog Torya den Dolch.
Warte, bis es ganz ruhig wird, hatte Gulwyon ihr eingeschärft. Im Stillen zählte sie bis siebzehn. So viele Winter hatte Albus gelebt. Und dann noch einmal bis achtzehn - so alt würde sie sein, wenn sie in wenigen Tagen als Königin von Albridan den Thron bestieg.
Geräuschlos drückte sie die Klinke hinunter - hundert Mal hatte sie es geübt - und huschte auf leisen Sohlen ins Schlafzimmer ihres Bruders. Er lag nackt auf dem Bett. Die Frau hockte mit gespreizten Schenkeln auf ihm und beugte sich über seinen Kopf. Ihr schwarzes Haar bedeckte seine Schultern, sein Gesicht.
Erst als Torya nur noch drei Schritte vom Bett ihres Bruders trennten, richtete sich die Frau auf. Fragend zog sie die Brauen hoch.
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