Die Tochter Der Goldzeit
kennst du den Namen?«, flüsterte Jacub.
»Jede ihrer Sippen hat ihre eigene Farbe. Roschs Mörderpack beschmiert sich gern mit gelber und schwarzer Farbe. Ein Holzsammler hat Tiefländer mit diesen Farben in der Nähe eures Dorfes gesehen. Als sie zu ihrem Schiff zurückkehrten, plünderten die Gelbschwarzen eine Fischersiedlung an der Nordküste aus. Sie raubten ein paar junge Frauen. Eine konnte fliehen und zurück zur Küste schwimmen. Sie schnappte den Namen des Mannes auf, der sie als Erster geschändet hatte: Cahn Rosch.«
Sie schwiegen lange. Noch nie hatte der Druide mit Jacub über diese Dinge gesprochen - über seine ermordete Familie, über sein zerstörtes Heimatdorf, über die Mörder. Er ließ dem Jungen Zeit, seine Worte und die aufsteigenden Erinnerungen zu bewältigen. Jacubs Gesichtszüge waren jetzt hart und finster.
»Wo kommen die vielen Schiffe der Tiefländer auf einmal her?«, fragte er schließlich. »Früher, als ich kleiner war, hörte ich nur selten von ihnen.«
»Sie ließen sich nur selten in Eyruns Gewässer blicken, das stimmt. Doch seit einigen Wintern wird das Mordgesindel zu einer wahren Plage. Es ist, als wären die südlichen Meere nicht mehr sicher für sie, als hätte dort einer sein Herz in die Hand genommen und sie verjagt.«
»Wer sollte das wilde Pack denn vertreiben können?«
»Das fragen sich viele, mein Junge.« Roscar blickte aufs Meer hinaus. »Vielleicht die Krieger des Eisernen.« Er sagte das leise und in einem Tonfall, der Jacub fast feierlich vorkam. Dann spuckte er aus, räusperte sich und erklärte mit wieder lauterer Stimme: »Das jedenfalls halte ich für die wahrscheinlichste Erklärung.«
»Die Krieger des Eisernen?« Jacub erinnerte sich an eine der vielen Legenden, die der Druide ihm erzählt hatte. »Sagen die alten Geschichten nicht, der Eiserne sei über das Meer gefahren und am Ende der Welt vernichtet worden?«
»Sicher, mein Junge, sicher.« Roscar von Eyrun erhob sich. »Eine Sturmflut soll den Eisernen und sein Schiff gegen die Felsküste geschmettert und beide in tausend Stücke zerschlagen haben. Alle seine Gefährten ertranken damals.« Er seufzte. »Mehr als dreihundert Winter soll das her sein. Die Legende sagt aber auch, der Eiserne sei ein mächtiger Bote des Gottes Dashirin, und einen Gottesboten vernichtet man nicht einfach so. Kannst du das begreifen?«
»Der Eiserne soll ein Diener Dashirins sein?« Jacub runzelte die Stirn. »Wieso hat ein Diener des Gottes Krieger, wenn der Gott doch Krieg und Gewalt verbietet?«
»Manche Kriege müssen nun einmal geführt werden.« Der Druide runzelte grimmig die buschigen Brauen. »Kriege, die Dashirin selbst gebietet, kapierst du? Kriege um der Gerechtigkeit und des Friedens willen. Kriege, um eine bessere Zeit heraufzuführen, eine neue Goldzeit. Das wirst du irgendwann schon noch begreifen.«
Jacub begriff gar nichts, hakte aber nicht nach, weil er wusste, dass sein Ziehvater in diesen Dingen nicht mit sich reden ließ. »Aber warum ist der Eiserne zurückgekehrt?« Das wenigstens wollte er wissen. »Was will er?«
»Was schon?« Roscar spähte über das Meer, als könnte er in einer Ferne, die nur ihm erschien, den sehen, von dem er sprach. »Er sucht die Lichterburg, die Wohnstatt des Gottes Dashirin. Er sucht den Schatz der Goldzeit. Und wenn ich ein wenig jünger wäre .«
»Die Lichterburg?« Zum ersten Mal hörte Jacub davon. »Dashirin wohnt in einer Burg im Südland?«
»Er wohnt in der Lichterburg, soviel ist klar.« Der Druide riss sich vom Anblick des Meeres los und ging weiter. »Doch niemand weiß, wo die Lichterburg liegt.«
»Der Eiserne soll ein mächtiger Bote des Gottes sein und weiß trotzdem nicht, wo dessen Lichterburg liegt?« Jacub lief hinter sei-nem Ziehvater her. »Wie kann das sein?«
Roscar von Eyrun antwortete nicht.
»Die Legende sagt doch, der Gott habe ihn als Boten ausgesandt! Seit wann vergisst ein Bote, woher er kommt?«, beharrte Jacub. »Und was für ein Schatz soll in dieser Burg liegen?«
»Wer ihn besitzt, der besitzt den Schlüssel zur Herrschaft über die ganze Erde«, verkündete der Druide.
»Dann will ich ihn haben!«, entfuhr es Jacub.
Roscar von Eyrun fuhr herum und schlug ihm ins Gesicht.
»Dreister Bursche! Weißt du, was du da redest? Kein Wort mehr davon!«
Yiou senkte den Schädel und fauchte den Druiden böse an. Jacub selbst war viel zu überrascht, um reagieren zu können. Schweigend rieb er sich die brennende Wange und
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