Die Tochter Der Goldzeit
seinen Schritt nicht, er sah Jacub nicht an. »Dort wird man dich den Umgang mit dem Schwert und die Kriegskunst lehren. Wenn du weiterhin so gut lernst wie bei mir, wirst du bald ein Ritter des Fürsten von Eyrun sein.«
Wie ein Fausthieb trafen Jacub die Worte seines Ziehvaters. »Ich will kein Krieger werden.« Erschrocken stolperte er hinter Roscar her.
»Du wirst tun, was ich dir sage!« Der Druide drehte sich um und machte eine strenge Miene. »Außerdem hat keiner eine Wahl, den sein Fürst ruft.«
Jacub blieb stehen. Er glaubte, nicht recht zu hören. »Der Fürst selbst will, dass ich sein Ritter werde?«
»Er hat sich oft nach dir erkundigt.« Roscar ließ sich auf einem Stein nieder, sein Gesicht war mürrisch. »Es hat ihm wohl gefallen, wie du dein verdammtes Katzenvieh verteidigt hast.« Er spuckte ins Dünengras und wich Jacubs Blick aus. »Und nicht nur das .«
Sie schwiegen eine Zeitlang. Jacub spielte mit dem Gedanken, zurück zum Hof zu laufen.
»Wie auch immer«, räusperte der Druide sich irgendwann. »Der Fürst braucht jeden guten Mann. Die Tiefländer machen die Küsten unsicher, und wer weiß, wie lange das Bündnis mit Albridan noch hält.«
Jacub betrachtete den Ring mit Roscars Insignien. Jetzt erst erfasste er die ganze Bedeutung dieses Geschenkes: Nur Söhne von Eidmännern des Fürsten konnten Ritter von Eyrun werden. Der Druide war ein Eidmann des Fürsten. Indem er ihm seinen Siegelring schenkte, hatte Roscar von Eyrun ihn als Sohn adoptiert.
»Deine Nachbarn sind meine Feinde«, sagte Jacub, als er seine aufgescheuchten Gedanken wieder im Griff hatte. »Sie wollen mich und Yiou töten. Die Leute von Albridan oder die Tiefländer haben mir nichts getan. Warum also sollte ich gegen sie kämpfen?«
Der Druide zog die buschigen Brauen hoch und musterte ihn grimmig. »Das will ich dir sagen, mein Junge.« Er rieb sich die schmerzenden Knie. »Du magst aus dem Wald stammen, du magst ein Katzensohn sein, du magst der Ziehsohn des mächtigsten Druiden von Eyrun sein - vor allem aber bist du ein Sohn dieser Insel. Eyrun ist deine Mutter, geht das in deinen Dickschädel hinein? Und es ist deine verdammte Pflicht, deine Mutter gegen die räuberischen Tiefländer und die habgierigen Albriden zu verteidigen!«
Die Bewohner von Eyrun verehrten die Große Mutter Eyrun, die Göttin ihrer Insel. Roscar hatte Jacub zwar in dieser Religion unterrichtet, ihn aber niemals angehalten, zu dieser Göttin zu beten. Auch er selbst betete nicht zu ihr. Nicht im Traum wäre es dem Druiden eingefallen, eine weibliche Gottheit zu verehren. Äußerlich allerdings, für die Fischer und Jäger, vollzog er die Riten der Muttergöttin. Schließlich bezahlten sie ihn dafür. Der Druide verehrte Dashirin und hatte Jacub auch in dessen Lehre unterrichtet. Dennoch pflegte er Umgang mit Geistern und allerhand unbegreiflichen Wesen, obwohl Dashirin genau das verbot. Doch Roscar von Eyrun war nicht der Mann, der die Gesetze eines Gottes bis auf jeden i-Punkt befolgen musste. Aus der Abschrift des heiligen Buches, die er besaß, suchte er sich das aus, was ihm gefiel. Was ihm nicht passte, überging er großzügig. Zum Beispiel gebot die Lehre Dashirins, dass eine Frau nur einen Mann und ein Mann nur eine Frau haben sollte. Roscar aber hatte mindestens drei Frauen, manchmal gar vier oder fünf; so genau durchschaute Jacub die Verhältnisse auf dem Hof des Druiden nicht. Auch verbot die Lehre Dashirins Gewalt und Krieg, wenn Jacub alles richtig verstanden hatte. Roscar von Eyrun aber schlug seine Knechte und Mägde, wann immer er glaubte, dass sie es nötig hatten, und er beriet den Fürsten von Eyrun im Krieg gegen seine Feinde, wann immer der einen Ritter schickte, um seinen Rat einzuholen.
»Und noch etwas will ich dir sagen, mein Junge«, fuhr Roscar fort, und seine Miene verdüsterte sich. »Die Tiefländer plündern unsere Siedlungen nicht erst seit gestern. Schon früher wagte sich hin und wieder eines ihrer Schiffe an unsere Küste. Was glaubst du denn, wer euer Dorf überfallen und deine gesamte Sippe getötet hat?«
Er schwieg eine Weile und sah Jacub ins Gesicht. Der war bleich auf einmal, und der Mund stand ihm offen. Roscar legte den Arm um ihn. »Es waren Tiefländer, mein Junge.« Seine Stimme klang plötzlich heiser. »Tiefländer vom Stamm der Poruzzen. Ihr Capotan hieß Rosch. Diesen Namen solltest du erst wieder vergessen, wenn du auch seinen letzten Träger vom Erdboden getilgt hast.«
»Woher
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