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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Fallens und Steigens. Der stürmische Wind riss an ihren Kleidern und vermengte Katanjas schwarze Locken manchmal mit Grittanas weißem Seidenhaar. Rötliches Licht zeichnete noch einmal deutliche Umrisse ihrer langen Schatten auf die Wogen, bevor sie nach und nach verblassten. Irgendwann hörten die Ruderer auf zu singen. Wind und Wellen forderten ihre ganze Kraft.
    »Ich weiß von einer jungen Frau, die sandte der Rat über das Hochgebirge ins Südland, weil Dutzende in der Sozietät fieberkrank lagen.« Die Meisterin hakte sich bei Katanja unter. »Etliche waren bereits an der Krankheit gestorben. Man kannte den Erreger nicht und schickte Kolks zu den anderen Sozietäten. Die Antwort kam schnell: In Tikanum hatte man den Erreger erforscht und eine Medizin gegen ihn gefunden. Die Frau, von der ich spreche, machte sich auf den Weg nach Süden, um sie zu holen. Sie war noch keine zwanzig Winter alt. Drei Jäger und drei Waldläufer begleiteten sie. Sie ritten auf Mammutböcken.«
    »Warum schickte man ausgerechnet eine solch junge Frau?«
    »Weil sie klug war. Weil sie Gaben besaß, die sonst keiner besaß. Weil der Rat sie berief und weil sie damals die Einzige war, der die Anderen erschienen und beistanden.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Mehr als sechzig Winter.« Grittana ließ das Mädchen los, verschränkte die Arme vor der Brust und zog die Schultern hoch. Sie schien zu frösteln. »Die Frau, von der ich spreche, und ihr Geleitschutz überquerten das Hochgebirge, ritten durch die weite Flussebene im Süden und erreichten die Bergketten, die Apenya durchziehen wie ein Wall. Dort gerieten sie in einen Hinterhalt. Wilde Waldzwerge töteten vier der Männer, die anderen beiden flohen verletzt. Die Frau aber geriet in die Gewalt der Waldzwerge. Sie hat nie darüber gesprochen, was ihr in den Wochen der Gefangenschaft widerfuhr.«
    »Sie entkam, sonst wüsstest du nichts davon.«
    Grittana nickte. »Die beiden Verwundeten gelangten zu einer befestigten Stadt. Der sie beherrschte, nannte sich König. Mit sechzig seiner Krieger ritt er in den Wald, fand den Zwergstamm, vernichtete ihn und befreite die Frau, von der ich spreche. Dieser Stadtkönig war groß und stark. Er hatte braune Haut und langes schwarzes Haar. Seine schwarzen Augen glühten, und so hart und entschlos-sen, wie er gegen seine Feinde sein konnte, so sanft konnte er gegen die sein, die er liebte. Und er liebte die Frau, von der ich spreche. Er sah sie und liebte sie.«
    »Das alles hat sie dir erzählt?«, staunte Katanja.
    »Er begleitete sie bis ins Hügelland nicht weit vor der Küste des Kleinen Südmeeres. In der Gegend von Tikanum wartete er, bis sie mit der Medizin zurückkehrte. Er stellte keine Fragen, nur manchmal, in vertrauten Stunden, nannte er sie eine >Tochter der Goldzeit<.«
    »Er wusste ...?«
    Grittana hob die Rechte und bedeutete ihrer Schülerin zu schweigen. »Er wollte sie zurück über das Eisgebirge begleiten, zurück nach Norden. Er wollte, dass sie die Medizin sicher zu den Ihren brachte, nach denen er niemals fragte und nach denen er auch später nie gefragt hätte. Er wollte, dass sie danach mit ihm in seine Stadt zurückkehrte, um seine Königin zu werden.«
    Katanja lauschte atemlos. Sie konnte Grittanas Augen nicht erkennen, denn der Sturm peitschte ihr den weißen Haarschleier ins Gesicht. »Und dann?«, flüsterte sie.
    »Auf einem Pass, mitten im Hochgebirge, verließ sie ihn eines Nachts. Gar nicht weit von hier. Er und seine Männer schliefen. Sie schrieb einen letzten Brief und wickelte den Ring darin ein, den ihr Vater ihr zu ihrem Frauenfest geschenkt hatte.«
    Katanja legte die Hände an die Wangen. Schrecken und Trauer spiegelten sich in ihren Zügen. »Was stand in dem Abschiedsbrief?«
    »Das weiß nur er.«
    Katanja schüttelte unwillig den Kopf. »Aber sie hätte doch mit ihm gehen können! Liebte sie ihn denn nicht?«
    »O doch .«
    »Sie hätte ihren Auftrag erfüllen und mit ihm zurückkehren können! Was hinderte sie denn? Kein Gesetz verbietet einem Angehörigen der Sozietät, der Bergstadt den Rücken zu kehren! Niemand konnte sie doch daran ...!«
    »Sie hatte die Gabe, Katanja«, unterbrach Grittana. »Verstehst du nicht? Und nur sie konnte Umgang mit den Anderen pflegen. Die alte Meisterin hat die Frau, von der ich spreche, zu ihrer Nachfolgerin geweiht, bevor sie selbst an dem Fieber starb.«
    Katanja erbleichte und wich zurück. »Du bist die Frau .«
    »Ich bin die Frau, sicher.« Grittana sah

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