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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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trottete hinter seinem Ziehvater her.
    Zwei Stunden später standen sie vor dem Südtor Casteyrunias.
    Der Fürstensitz von Eyrun war eine Festungsstadt hinter hohen Wehrmauern aus schwärzlichem Gestein und mit zahlreichen Türmen. Die Stadt lag unmittelbar an den Steilklippen der Ostküste und war von ein paar Weilern umgeben, in denen Fischer hausten.
    Der Fürst empfing sie freundlich, und Jacub merkte schnell, dass sein Ziehvater bei ihm und seinen Leuten als hochgeachteter Mann galt. Alle am Fürstenhof begegneten ihm mit Respekt, ja Ehrfurcht. Auch Fürst Runynger selbst.
    Am Abend gab der Fürst ein Gastmahl zu Ehren Roscars. Es ging seltsam verhalten zu, gerade so, als fürchtete sich jeder, irgendwelche ungeschriebenen Regeln zu übertreten. Selbst als Musikanten aufspielten und einige Männer und Frauen sich zu ein paar hölzernen Tanzschritten zusammentaten, blieben die Atmosphäre angespannt und die Umgangsformen steif. Yiou hockte die ganze Zeit neben Jacub auf den Hinterläufen und drehte ihre buschigen Ohren nach allen Seiten. Die neugierigen Blicke der Ritter, Edelfrauen und Diener machten sie unruhig.
    Nach dem Essen ließ der Fürst ein schäumendes, bitter schmeckendes Gebräu ausschenken. Jacub nippte nur daran und schob dann den Krug von sich. Alle anderen aber tranken reichlich, und die Stimmung wurde ausgelassener. Roscar von Eyrun trank am meisten, lachte am lautesten und tanzte am wildesten. Offenbar hatte das Gebräu sogar den Schmerz in seinen Knien betäubt.
    Am nächsten Tag begleitete der Druide Jacub zur ersten Reitstunde und am dritten Tag zur ersten Fechtstunde. Der Ritter, der ihm und zwei anderen Halbwüchsigen das Reiten und den Schwertkampf beibringen sollte, hieß Ulban. Er war ein grobschlächtiger, wortkarger Mann mittleren Alters. Die anderen Jungen hießen Sideryan und Runynger. Der blonde Runynger war der Sohn des Fürsten und zwei oder drei Winter älter als Jacub. Misstrauisch beäugte er den Neuen und seine Wildkatze, und während Jacub Sideryan sofort ins Herz schloss, hasste er den Fürstensohn von Anfang an.
    Am Morgen des vierten Tages verabschiedete Jacub seinen Ziehvater am Südtor der Festung.
    »Und?«, fragte Roscar. »Gefällt es dir hier?«
    »Nein.«
    »Du wirst dich dran gewöhnen. Ich weiß, du liebst die Freiheit und den Wald, doch wir alle müssen irgendwie leben. Darum halte dich an ihre Regeln, lerne, was man dir beibringt, und tu, was man dir sagt, dann bist du in ein paar Jahren ein freier Ritter von Eyrun.«
    Jacub konnte nicht antworten, er kämpfte mit den Tränen. Roscar schloss ihn in die Arme und hielt ihn fest. Das tat er selten, fast nie.
    »Wann sehe ich dich wieder?«, flüsterte Jacub an seinem Ohr.
    »Bald, mein Sohn, bald.« Der Druide ließ ihn los, drehte sich um und verließ die Festungsstadt.
    Jacub blickte ihm lange nach. Erst als die große, massige Gestalt im Hohlweg bei den Klippen verschwunden war, ging er zurück zum Fürstenhof. Die Sohlen seiner Stiefel schienen aus Eisen zu sein. Krachend schlossen sich hinter ihm die schweren Torflügel.
    Elf Winter sollten vergehen, bis er Roscar von Eyrun wiedersehen würde.

Kapitel 20
    Am letzten Tag des Frauenfestes fuhren sie auf dem Großen See zurück nach Altbergen. Die Abendluft war mild, hohe Wellen klatschten gegen die Bordwände. Wegen des starken Ostwindes hatten Tondobar und Weronius die Segel raffen lassen. Die kräftigsten Männer und Frauen hatten sich hinter die Ruder gezwängt. In immer gleichem Rhythmus quietschten die Dollen und schlugen die Ruderblätter ins Wasser, seit zwei Stunden nun schon. Der Gegenwind wurde heftiger. Vor Einbruch der Dunkelheit würden sie die Flussmündung am Ostufer wohl nicht mehr erreichen.
    Beide Schiffe pflügten dicht nebeneinander durch die Wogen, sodass man von einem zum anderen hinüberrufen konnte. Auf beiden Schiffen sangen die Ruderer und versuchten einander zu übertönen. Weronius griff zu seiner Violine, um seine Ruderer zu lauterem Gesang anzuspornen, Tondobar, auf seinem Schiff, schlug die Pauke. Die Mädchen lachten und klatschen den Rhythmus mit.
    Katanja stand am Bug des Schiffes, das ihr Vater steuerte. Sie hielt ihr Gesicht und ihre schwarzen Locken in den Wind und spielte mit geschlossenen Augen auf ihrer neuen Flöte. Ein prächtiges Instrument war das, mit einem vollen, weichen Klang. Ihre Mutter hatte sie ihr zum Frauenfest geschenkt. Niemand schnitzte bessere Flöten als Mai. Katanja stimmte in die Melodie der Sänger

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