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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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sie das nicht tun?«
    »Es kommt, wie es kommen muss«, sagte die Meisterin leise.
    Entmutigt ließ Bosco die Schultern hängen. »Du verlässt dich auf die Hilfe der Anderen, nicht wahr?«
    »Nein«, erwiderte sie mit hohler Stimme. »Die Zeitfuge ist verschlossen. Vielleicht hätte ich sie früher anrufen müssen .«
    »Sind die Anderen denn auf eine Zeitfuge angewiesen? Können sie nicht aus ihrer Welt in unsere kommen, wann und wo es ihnen gefällt?«
    »Die Mächtigsten unter ihnen schon. Wenn sie wollen. Doch sie wollen nicht.« Sie seufzte. »Nicht zu uns.«
    Bosco runzelte die Stirn. »Aber warum?«
    Tarsina starrte ins Halbdunkel der Vorhalle hinunter. Dort rauschte der Wasserfall. Sie schien plötzlich weit weg zu sein.
    »Warum, Tarsina? Rede doch, ich bitte dich!« Bosco griff nach ihrer Hand, doch die Meisterin schwieg. Sein inneres Augenohr versuchte ihre Empfindungen zu erlauschen. Erst spürte er nichts als Leere, dann die bohrende Gewissheit eines nahenden Verhängnisses.
    Bosco ertrug es kaum, er sprang auf.
    Einen halben Mond später, gleich nach der Schneeschmelze, schlich er mit Tiban und Honnis am Belagerungsgürtel entlang. Sie konnten es kaum fassen: In keinem Stützpunkt des Eisernen entdeckten sie noch Krieger! Die Jusarikaner und Barbaren waren verschwunden! Und sie kehrten auch mit dem Beginn des Sommers nicht zurück.
    In der Sozietät schöpfte man Hoffnung. Späher schwärmten aus. Die Waldläufer und Jäger nahmen ihre gewohnten Wege wieder auf. Es gab wieder frisches Fleisch und frische Früchte. Mit dem Hochsommer kehrten die letzten Späher zurück, und die Hoffnung wurde zur Gewissheit: Die Krieger des Eisernen hatten die Wildnis der Waldhügel verlassen und waren an die Westküste gezogen. Das Heer aus Jusarikanern und Barbaren hatte sich aufgelöst.
    Beschämt warf Bosco seine Angriffspläne weg.
    An einem sonnigen Morgen im Spätsommer des Jahres 487 machte er sich auf den Weg zur Westküste. Der Ältestenrat hatte ihn gebeten, sich unter die Küstenbewohner zu mischen. Er sollte die neuen Pläne des Eisernen auskundschaften und möglichst auch die Ursache für den plötzlichen Rückzug der Krieger herausfinden. Nur knapp zwei Wegstunden vom Haupttor Tikanums entfernt erledigte Bosco seinen Auftrag; schneller als irgendjemandem lieb sein konnte, und ganz anders, als er sich das vorgestellt hatte.
    Neben einem Farnfeld entdeckte er unter einem Ahornbaum einen abgeknickten Zweig und den deutlichen Abdruck eines Stiefels. Jemand hatte an dieser Stelle vor kurzem einen großen Schritt gemacht, um den Pfad zu überqueren.
    Er versteckte seinen Rucksack und sein Kurzschwert im Unterholz am Fuß des Ahorns. Nur die Armbrust, sein Messer und sein Binocular nahm er mit. Lautlos folgte er der Fährte durch das Farnfeld. Sie führte einen Waldhang hinab, über einen Bach, in eine Hügelschneise und dann wieder einen Waldhang hinauf auf den nächsten Hügel. Er nahm die Armbrust von der Schulter, kletterte auf eine Eiche und suchte die Hügelkuppe mit dem Binocular ab. Auf einem Felsen zwischen Ginsterbüschen entdeckte er den schwarz verhüllten Kopf eines Mannes. Durch etwas, das seinem eigenen Binocular ähnelte, beobachtete der Fremde den Waldhang, über den Bosco gekommen war.
    Bosco stieg vom Baum, nahm seine Armbrust, schlich um den Hügel herum und auf der anderen Seite zum Felsen hinauf. Er nahm sich viel Zeit dafür, ging äußerst behutsam vor. So gelang es ihm, sich bis auf sieben Schritte an den Fremden heranzupirschen.
    Der war klein und zierlich. Enges Lederzeug hüllte ihn ein: ein Jusarikaner. Mit gespannter Armbrust richtete sich Bosco hinter ihm auf.
    »Nimm die Hände hoch und steh langsam auf«, rief er im Dialekt der Westküstenbewohner. »Ich töte dich, wenn du nicht gehorchst, das schwör ich dir!«
    Der Lederne warf sich zur Seite und griff nach einem schwarzen Rohr. Bosco schoss. Der Fremde schrie auf. Er ließ das Rohr fallen und riss sich den Pfeil aus der rechten Schulter. Über die Felskante wälzte er sich in den Abgrund. Bosco spannte den nächsten Pfeil ein und stürzte zur Felskante. Der andere rollte den Steilhang hinunter, kam schließlich wieder auf die Beine und hinkte den Bäumen entgegen. Bosco schoss den nächsten Pfeil. Er traf den Ledernen zwischen den Schulterblättern. Der begann zu taumeln, griff vergeblich nach dem Pfeil in seinem Rücken und brach zusammen.
    Als Bosco sich wenig später über ihn beugte, war er schon tot. Bosco streifte ihm

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