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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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schickte? Was auch immer sie erlebt haben mochte in der Gewalt der Waldzwerge damals - Grittana hatte nicht aufgegeben. Treu und gewissenhaft hatte sie ihren Auftrag erfüllt.
    Die Atemgeräusche der Schlafenden erfüllten den Gewölbekeller. Draußen fluchte ein Wächter. Jemand seufzte im Schlaf. Jemand flüsterte im Traum einen Namen, und zwischen den Pritschen schmatzte der Gnom. Seltsam beruhigt schlief sie ein.

Kapitel 12
    Wenige Bewohner Tikanums waren zusammen mit der Meisterin den Schwarztrollschlingern an der verschlossenen Zeitfuge begegnet. Doch die Erfahrung dieser Wenigen drückte die Stimmung in der Erdstadt so spürbar nieder, als wären alle dabei gewesen. Als böses Omen betrachteten viele das nächtliche Ereignis - ohne es freilich auszusprechen -, und lähmende Angst lastete wochenlang auf der Sozietät. Sogar die stärksten und besten Köpfe von Tikanum konnten sich kaum davon befreien.
    Tarsina zum Beispiel gab sich meist wortkarg und mürrisch. Ganze Tage verkroch sie sich in ihrer Wohnkuppel. Nachts sah man sie oft in der Vorhalle der oberen Stadtebene auf der breiten Treppe sitzen. Stundenlang betrachtete sie dort die Fische in der beleuchteten Aquariumswand oder den Wasserfall zwischen den Belüftungsröhren. Manchmal stand sie auch einfach nur oben auf der Treppe und starrte auf das Tor. Eine Heilerin behauptete, die Schwarze Galle habe ihren Geist vergiftet.
    In einer der ersten Nächte des neuen Jahres traf Bosco sie am Tor. »Ich war mit den Spähern draußen«, berichtete er. »Es ist kalt, eiskalt, und es schneit wieder. Alte Bäume brechen unter der Schneelast zusammen. Trotzdem haben sich die Krieger des Eisernen nicht an die Küste und auf die Inseln zurückgezogen. Wir sollten sie angreifen.«
    »Warum?« Tarsina runzelte die Stirn. »Sie kennen die Lage unserer Tore nicht. Wenn wir sie aber angreifen, könnten sie womöglich unsere Spuren im Schnee bis zu einem Tor zurückverfolgen.«
    Dieselbe Erwiderung hatte Bosco bereits vom Ersten Wächter des Tores gehört und von den meisten anderen Räten. »Unser Angriff müsste so vernichtend sein, dass keiner übrig bleibt, der unsere Spuren zurückverfolgen kann«, sagte er mit grimmiger Miene.
    »Habe ich dich das gelehrt, Ginolu?« Sie musterte ihn aus schma-len Augen. »Als du jünger warst und oben in der Wildnis lebtest, hast du noch an den unschätzbaren Wert des Lebens geglaubt und an seine Unantastbarkeit. Hat die bittere Zeit im Steinbruch dein Herz in ein Barbarenherz verwandelt?«
    Im folgenden Sommer wagte Bosco sich mit Honnis und Tiban bis zu den Stützpunkten des Eisernen im Norden und Westen des Hügellandes. Die lagen jetzt kaum zwei Wegstunden vom Haupttor entfernt - die Krieger des eisernen Riesen waren noch weiter vorgerückt. »Es ist nicht unsere Art, ohne zwingenden Grund Gewalt anzuwenden«, bekam er von Tarsina und dem Ersten Wächter des Tores zu hören, als er zu einem Angriff drängte, um dem Eisernen zuvorzukommen.
    Im Winter dann brütete er mit den anderen in Honnis' Wohnkuppel über Landkarten, und sie zeichneten Lagepläne der feindlichen Stützpunkte auf. Nach diesen Treffen besuchte er häufig die Meisterin. Er versuchte sie von seinen Angriffsplänen zu überzeugen. Doch sie wollte nichts davon wissen. Auch die Fluchtpläne, die er mit Honnis und Valena für den äußersten Notfall ausgearbeitet hatte, bedachte sie nur mit verständnislosen Blicken. Stur beharrte sie auf ihrem Standpunkt: Solange die Krieger des Eisernen keines der Tore entdeckten, gab es auch keinen Grund für einen Angriff. Und für einen Fluchtplan zehnmal nicht.
    Tarsina und der Erste Wächter des Tores hatten die militärische Führung, solange der Ausnahmezustand herrschte. Der Erste Wächter des Tores hörte auf die Meisterin, der Rat hörte auf den Ersten Wächter des Tores. Auf Bosco hörte nur seine Schwester Valena, und die hatte keinen Einfluss im Rat.
    Einmal fand er die Meisterin wieder auf der großen Tortreppe sitzend und ins Halbdunkel der Vorhalle starrend. Bosco stieg zu ihr hinauf und setzte sich neben sie. »Sie kommen näher und näher«, beschwor er sie. »Wenn sie uns erst entdeckt haben, könnte es zu spät für einen Angriff sein .«
    »Wie oft musst du es noch hören, bis du es glaubst?«, fragte Tarsina zornig. »Wenn wir sie angreifen, erhöhen wir die Gefahr, entdeckt zu werden. Warten wir aber ab, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie uns nicht finden und irgendwann wieder abziehen.«
    »Und wenn

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