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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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vorderen Wagen vorbei auf die schäbige Holzhütte. Einer der Zöllner kletterte in Sonntags Wagen, um das Innere zu inspizieren, der zweite schlenderte ohne Eile zu ihnen herüber.
    Diesmal scheint Maruschs Lächeln nichts genutzt zu haben, dachte Marthe-Marie, als der Mann, ohne zu grüßen, an ihren Kutschbock trat.
    «Führt Ihr Waren mit Euch?»
    Diego antwortete nicht, sondern starrte auf das Stadtwappen, einen schwarzen Adler auf gelbem Grund, das an die Hütte genagelt war.
    «Nein, wir gehören zu Leonhard Sonntags Compagnie», beeilte sich Marthe-Marie zu versichern.
    «Name und Herkunft?»
    «Agatha Müllerin aus Konstanz.»
    «Auf welcher Gemarkung befinden wir uns? Ist das da vorne nicht Biberach?», fragte Diego ohne den spanischen Zungenschlag, den er sonst Fremden gegenüber einsetzte.
    «Ihr betretet die freie Reichstadt Zell. Biberach gehört dazu», gab der Zöllner unwillig Auskunft. «Und jetzt Euren Namen.»
    «Alfons Jenne aus Schwaben. Komödiant und Künstler.»
    Marthe-Marie sah ihn verblüfft an. Ohne ein weiteres Wort kletterte der Zöllner in den Wagen. Sie hörten ihn über die Enge und Unordnung fluchen, die im Inneren herrschte.
    «Und das hier wolltet Ihr nicht zufällig auf dem Markt verscherbeln?» Der Zöllner erschien mit einem Käfig in der Hand, in dem zwei von Diegos struppigen Zwerghühnern kauerten.
    «Herr im Himmel, nein. Das sind Marthe-Marie und Diego. Sie können sprechen. Gern würde ich Euch ihre Kunst unter Beweis stellen, doch leider hat ein hartnäckiger Katarrh sie befallen.»
    Angewidert ließ der Mann den Käfig auf den Kutschbock plumpsen und machte sich auf den Weg zum nächsten Wagen.
    «Alfons Jenne! Du warst doch dein Lebtag nie in Andalusien, gib es zu.» Marthe-Marie hatte Diegos ewige Schwindeleien nun endgültig satt.
    «Und ob, bei meiner schwäbischen Mutter.»
    «Ach hör doch auf, du bist weder Spanier, noch heißt du Diego.»
    Diego zuckte die Achseln. «Warte ab, wenn du noch zehn Jahre mit uns herumkutschierst, glaubst du am Ende selbst, dass du Agathe Müllerin heißt, so einfach geht das.»
    In diesem Moment rief der Prinzipal ihn zu sich. Marthe-Marie beobachtete, wie die beiden gestikulierten, dann stampfte Sonntagmit dem Fuß auf und ging zu seinem Wagen zurück. Diego kam mit finsterem Blick zurück.
    «Gab es wieder Streit?»
    «Er wollte mit mir nach Zell reiten, um nach einer Konzession für den nächsten Jahrmarkt zu fragen, aber ich konnte ihn überzeugen, dass hier kein Geschäft zu machen ist. Wir fahren wie ausgemacht weiter nach Haslach.»
    «Warum war er dann so aufgebracht?»
    «Du kennst ihn doch. Sakrament, warum geht das hier denn nicht weiter?»
    Wagen für Wagen, Karren für Karren wurden von den Zöllnern eingehend examiniert, und Diego wirkte zunehmend unruhig. Endlich, nach einer guten Stunde, erhielten sie die Erlaubnis zur Weiterfahrt. Als sie kurz darauf einer Gruppe alter Männer begegneten, von denen einer eine Mönchskutte trug, drückte Diego ihr hastig die Zügel in die Hand und zog sich trotz der Mittagswärme seinen Umhang bis über den Nacken.
    «Nicht grüßen», zischte er ihr zu, doch es war zu spät.
    «Gott zum Gruße.» Der weißbärtige Mönch, der die kleine Gruppe anführte, hob freundlich die Hand und trat näher. Dann erstarrte er.
    «Ja aber – das ist doch – der Spanier aus Burgos.» Er griff nach Diegos Bein. «Sofort anhalten.»
    «Lasst mich los.»
    Marthe-Marie brachte das Pferd zum Stehen und zwängte sich zwischen Diego und den aufgebrachten Alten. «Was wollt Ihr von meinem Gatten?»
    «Er hat uns vor Jahren fast umgebracht.»
    «Genau, das ist der Halunke», rief ein anderer. «Bringen wir ihn nach Gengenbach ins Kloster und holen den Prior.» – «Ja, nach Gengenbach mit ihm.»
    «Was soll das?» Leonhard Sonntag kam im Laufschritt heranund drängte die Männer zur Seite. «Erklärt mir jetzt einer, was dieser Krawall zu bedeuten hat?»
    Der alte Mönch trat vor.
    «Dieser Mann da», er zeigte mit zitterndem Finger auf Diego, «hat uns vor fünf Jahren auf unserer Pilgerreise nach Sankt Jakob zu Compostel in einen Hinterhalt gelockt und von seinen Spießgesellen ausrauben lassen. An den Galgen gehört er.»
    «Und Ihr seid ganz sicher, dass es dieser Mann war?», fragte Sonntag streng. «Seht ihn Euch genau an. Ihr wisst, was es vor Gott bedeutet, wider einen Unschuldigen falsches Zeugnis abzulegen.»
    Diego sog die Lippen ein und schob den rechten Mundwinkel nach unten, sodass sein

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