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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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noch was von unserem Weinoder Branntwein dagelassen. Marusch kümmert sich so lange um den Verletzten, Decken müssten ja genug im Wohnwagen sein. Ihr anderen kommt mit mir. Wir werden Wagen für Wagen überprüfen, was fehlt, was zerstört und was noch zu gebrauchen ist. Und zwar gemeinsam, verstanden?»
    Marthe-Marie bläute den Kindern ein, dicht zusammenzubleiben, dann durchstöberten sie das unwegsame Gelände. Dabei fanden sie Salomes Kristallkugel und eine Sackpfeife, beides unversehrt. Es war Antonia, die Schirokko entdeckte. Mitten in einem Holunderbusch, unter einem Felsvorsprung, stand das Kamel und zitterte am ganzen Leib. Antonia versuchte es hervorzulocken, mit schnalzenden Geräuschen, wie sie es von Pantaleon kannte, doch vergeblich. Schließlich holte sie den Tierbändiger, dem Schirokko wie ein Hund hinterhertrottete. Als kurz vor dem Hohlweg noch die beiden Äffchen aus den Bäumen sprangen und sich Pantaleon mit aufgeregtem Schnattern auf die Schultern setzten, liefen ihm Freudentränen über das Gesicht.
    Die anderen Tiere blieben verschwunden. Diegos Zwerghühner schmorten wahrscheinlich längst irgendwo über dem Lagerfeuer der Räuber, und Tilman weinte immer noch bitterlich über den Verlust seiner Hunde, als sie sich gegen Mittag um das knisternde Feuer setzten und der Prinzipal eine Zusammenfassung der Verluste gab.
    Das Leben hatten die Räuber ihnen gelassen, doch ansonsten war der Schaden unermesslich. Nicht nur dass der Prinzipal die Geldkiste mit den Einnahmen der Truppe hatte herausgeben müssen. Die Schutzplanen der Wagen waren aufgeschlitzt, aus den Verkleidungen Bretter herausgeschlagen, so gut wie alle Kisten und Koffer lagen geöffnet oder ausgeleert im Dreck. Was irgendwie von Wert schien, hatten die Lumpen mitgenommen, anderes mutwillig zerstört. So war ein Großteil der Kostüme zerschnitten und zerfetzt, die Flöten und Fiedeln der Musikanten fast alle zerbrochen.
    Auf Wochen hin würden sie nicht mehr auftreten können, dachte Marthe-Marie. Dann musste sie beinahe auflachen: Sie saßen hier ohnehin fest wie die Karnickel in der Falle. Den gefällten Baum hatten die Männer zwar inzwischen beiseite geschafft, doch alle Pferde und Maultiere waren weg. Das Vorderrad an Sonntags Fuhrwerk hatte Maximus mit seinen Bärenkräften in Stücke gerissen. Am geringsten betroffen war Pantaleon, denn er besaß nichts außer seinen Tieren und seinem schäbigen zweirädrigen Karren, den kaputtzuschlagen die Räuber sich gar nicht erst die Mühe gemacht hatten.
    «Wir sind am Leben, und wir haben unsere Wagen, auch wenn sie ramponiert sind», versuchte Sonntag seine Leute aufzumuntern. «Es hätte viel schlimmer kommen können. Stellt euch nur vor, sie hätten den Frauen Gewalt angetan. Oder Quirins Zauberkiste geöffnet. Damit hätten sie unseren ganzen Tross in Brand stecken können.»
    Marthe-Marie wusste, dass Quirin in einer schweren Metallkiste seine Vorräte an Salpeter, Schwefel und Lindenholzkohle aufbewahrte, ein Teil davon war meist schon fertig gemischt und gekörnt. Auf den Deckel hatte er mit weißer Farbe einen Totenkopf gemalt – das allein hatte die Wegelagerer wohl davon abgehalten, die Kiste auch nur zu berühren. Dafür hatten sie seinen zweitgrößten Schatz mitgehen lassen: den zwölfteiligen Satz beidseitig geschliffener Messer.
    «Wir müssen Hilfe holen. Ich schlage vor, Caspar, Valentin und Severin gehen mit mir die Straße in Richtung Horb, die anderen bewachen den Tross. Irgendwo müssen in dieser verflixten Gegend ja Menschen leben. Dort leihen wir uns Ochsen oder Maultiere, um die Wagen an einen sicheren Ort zu bringen.»
    «Und womit willst du diese Dienste bezahlen?», fragte Marusch spöttisch.
    «Hat irgendwer seine Ersparnisse retten können?»
    Alle Blicke wandten sich Ambrosius zu.
    «Was glotzt ihr mich an? Ich bin ebenso beraubt worden wie ihr auch. Dazu sind fast all meine Gläser mit den Arzneien und Tinkturen zerbrochen. Ich bin ruiniert.»
    «Jeder hier weiß, dass du dein Geld in den Latten deines Karrens versteckt hältst», murmelte Diego. Das Sprechen fiel ihm schwer mit der geschwollenen Lippe, doch er hatte sich geweigert, sie von Ambrosius behandeln zu lassen. «Und soweit ich sehe, haben sie deinen Karren zwar umgerissen, aber ansonsten unversehrt gelassen. Wahrscheinlich bist du der Einzige, dem noch was geblieben ist.»
    «Also, was ist?» Sonntags Stimme nahm einen bedrohlichen Klang an.
    Fluchend erhob sich der Wundarzt und kam kurz

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