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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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darauf mit seinem Münzbeutel zurück. «Warum soll ich allein eure Wagen aus dem Dreck ziehen?»
    Caspar, der selten das Wort von sich aus ergriff, stand auf. «Du hast jahrelang von uns profitiert: Die meisten deiner Patienten kamen aus den Reihen unserer Zuschauer und nicht umgekehrt. Du bist in unserem Schutz gereist, und wenn wir gutes Geld gemacht hatten, hast auch du vom Prinzipal einen Anteil erhalten. So ist es nur recht, wenn du uns jetzt hilfst.»
    «Ich habe auch noch etwas. Viel ist es nicht.» Marthe-Marie zog unter ihrem Rock die Geldbörse hervor und leerte die Münzen aus. Dabei fiel ihr das kleine zusammengefaltete Papier in die Hände. Jonas! Sie spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Da traten Mettel und Anna vor den Prinzipal und reichten ihm ebenfalls eine Hand voll Münzen, ihre letzten Ersparnisse, die sie wohlweislich vor ihren Männern geheim gehalten hatten.
    «Ich danke euch allen.» Sonntag schien aufrichtig gerührt. «Damit werden wir wohl fürs Erste weiterkommen. Was war das?»
    Aus der Ferne hörten sie Hundegebell. «Romulus!», rief Tilmanund sprang auf. Dann sahen sie Romulus den Hügel herunterrennen. Der kleine Mischlingshund überschlug sich vor Freude, seinen jungen Herrn wieder zu sehen.
    «Du bleibst hier», befahl Sonntag seinem Stiefsohn. «Ich suche nach dem anderen Hund. Er muss in der Nähe sein.»
    Wieder hörten sie heiseres Bellen. Wenige Minuten später sahen sie den Prinzipal zurückkommen, mit einem aufgeregten Remus zur Seite und einem Maulesel im Schlepptau, der alle paar Schritte die Vorderhufe in den aufgeweichten Boden rammte und sich weigerte weiterzugehen.
    «Komm endlich her, Quirin, und hilf», brüllte Sonntag. Sein Kopf war rot vor Anstrengung. «Es ist dein bockiger Esel.»
    Zu zweit brachten sie das verstörte Tier zurück und banden es an Quirins Karren. Von seinem Halfter hing ein kurzer, abgerissener Strick.
    «Er hat sich wohl losgerissen.» Beruhigend klopfte ihm Quirin den Hals – zum Erstaunen aller, denn der Messer- und Feuerkünstler zeigte sich sonst nie anders als grob oder jähzornig gegenüber Tieren.
    «Jetzt stellt sich die Lage natürlich anders dar», sagte Sonntag. «Wir haben ein Kamel und einen Maulesel. Damit könnten wir zumindest die leichteren Wagen zum nächsten Dorf oder Gehöft schaffen. Tragt Maximus in den Wohnwagen und spannt das Kamel davor. Beeilt euch, es fängt wieder an zu regnen.»
    Marusch stieß Marthe-Marie in die Seite. «Das geht nie und nimmer gut», flüsterte sie. «Auf solch einen Stuss kann nur mein kleiner Löwe kommen.»
    Gutmütig ließ sich das Kamel von Pantaleon vor den Wagen spannen, es kannte diese Prozedur von seinem eigenen Karren. Dann schien es zu bemerken, dass irgendetwas anders war als sonst. Es bog den langen Hals nach hinten, schürzte die gespaltene Oberlippe und bleckte die Zähne. Pantaleon lockte, zerrte amStrick, schimpfte und lockte wieder. Doch Schirokko rührte sich nicht. Hochmütig blickte er auf seinen Herrn herunter.
    «Was ist los?», fragte Sonntag.
    «Er will nicht, er ist nur unseren leichten Karren gewohnt. Kamele sind halt keine Zugtiere.»
    Diego grinste schief. «Dein Biest ist also nicht nur hässlich, sondern auch faul.»
    Pantaleon warf ihm mit seinem unversehrten Auge einen vernichtenden Blick zu und machte einen weiteren Versuch, doch vergebens. In diesem Moment trat Quirin hinzu, hob einen Ast vom Boden und schlug dem Tier damit auf das empfindliche Maul.
    «Bist du irre?», fuhr Pantaleon ihn an.
    Statt einer Antwort versetzte Quirin dem Tier einen zweiten Hieb. Schirokko schrie auf vor Wut und Schmerz und begann rückwärts gegen den Wagen zu trampeln, der bedenklich ins Schwanken geriet. Von innen hörte man ein lautes Rumpeln.
    «Hör auf», brüllte Pantaleon und fiel Quirin in den Arm. Doch der schüttelte ihn ab wie eine lästige Fliege und holte ein drittes Mal aus. Da streckte ihn Diego mit einem einzigen Faustschlag zu Boden.
    «Das wirst du mir büßen, du schwäbischer Hurensohn.» Quirin rappelte sich auf und stapfte wütend zu seinem Karren.
    Pantaleon hatte einige Mühe, das Kamel zu beruhigen, dann spannte er es aus und führte es an den Waldrand. Sonntag kletterte in den Wagen, um nach dem Verletzten zu sehen. Als er wieder herauskam, schien er ratlos.
    «Wir müssen Maximus wegbringen, wie auch immer. Er hat plötzlich hohes Fieber.»
    «Die Kinder sollten auch nicht länger hier bleiben. Wer weiß, was noch alles geschieht. Nehmen wir doch

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