Die Tochter der Konkubine
wert.«
Er trug sie aufs Achterdeck, wo ein kleines Boot unter einer Segeltuchplane
am Bootskran hing. Er setzte sie ab, verbeugte sich wie ein Zauberer, der gleich seinen größten Trick vorführen wird, und bat sie, die Augen zu schließen, während er mit einer theatralischen Bewegung die Abdeckung herunterzog.
»Das ist ein Hochzeitsgeschenk«, sagte er. »Speziell für dich entworfen und gebaut.« Er stellte sich neben sie, um das wahrhaft schöne kleine Boot zu bewundern. Sein zweieinhalb Meter langer Korpus war dunkelblau gestrichen mit weißen Verzierungen und Messingbeschlägen, und auf seinem Bug und Heck stand in goldenen Lettern der Name LI-SCHIA.
»Das ist dein Name, so wie ich ihn aussprechen würde. Niemand außer dir und mir braucht seine Bedeutung zu kennen.« Er drückte sie fester an sich. »Ich sage dir, meine Liebste, zwischen Meer und Himmel ist keine größere irdische Freude zu finden. Ich werde dir beibringen, sie zu finden und sie zu deinem Freund zu machen.«
Nachdem sie gefrühstückt hatten und Ben im Radio die Nachrichten gehört hatte, kletterte sie hinein, und er und Wang ließen das kleine Dingi zu Wasser. Entzückt sah sie, dass sich die Segel in einem leuchtenden Kanariengelb entrollten. Er segelte mit dem kleinen Boot so geschickt über ruhige Gewässer, dass Li der Atem stockte, so frei fühlte sie sich - sie glitten über vom Wind gekräuselte Flächen, widerstanden lebhaften kleinen Wellen in glitzernder Gischt, nutzten den Wind als Instrument, um darauf jeden reinen Ton der Naturmusik zu spielen.
Sie drehten landeinwärts, fuhren an kristallklaren Sandbänken entlang und umrundeten Riffe - kamen so nahe an Meeresvögeln vorbei, dass diese mit lautem Protest ihre Nester verließen -, gingen an verlassenen Stränden an Land und machten sich über die Esskörbe her, die Wang ihnen mitgegeben hatte. Sie suchten zwischen den Felsen nach Austern und feilschten um Fisch, der direkt aus Hokklo-Netzen stammte, kämmten Strand für Strand nach Muscheln und Treibholz ab.
Drei Tage verbrachten sie auf diese Weise, und jede Stunde unter seiner ruhigen Hand lernte sie mehr - wie man das Meer, den
Wind und die Wolken las und ihre wechselnden Launen in den Griff bekam. Am Ende des vierten Tages konnte sie ohne Hilfe mit dem Dingi fahren. Das Schwimmen und Segeln, jede Sekunde jeden Augenblicks zu teilen hatten Lis Herz mehr und mehr befreit, und doch wusste sie, dass dieses Paradies noch unvollständig war.
Mit traumhafter Vollkommenheit war ein Abend dem anderen gefolgt - glühende Sonnenuntergänge, die mit samtigen Abenden verschmolzen, ein köstliches Abendessen, das von einem lächelnden, barfüßigen Wang wortlos und auf leisen Sohlen serviert wurde. An den kühlen und fruchtigen portugiesischen Wein gewöhnte sie sich allmählich. Sie sprachen über viele Dinge, hauptsächlich auf Englisch, um ihre Fertigkeiten zu verbessern, manchmal auf Kantonesisch, um sein Verständnis für viele chinesische Dinge, die ihn immer noch verwirrten, zu vergrößern. Mit verzücktem Interesse lauschte er ihren Geschichten vom Mond, zeigte keinerlei Anzeichen von Zweifel, als sie sagte, manchmal residiere ihre Mutter neben Heng-O. Seine Augen wichen nicht von ihrem Gesicht, als sie ihm vom Vierten Mond erzählte - einem Tag, an dem das Abbild Buddhas, egal wie groß und prächtig oder klein und bescheiden, mit Ölen und Gewürzen, Sandelholz und Moschus gewaschen wurde, auf dass sein Bild auf ewig erneuert, seine Gesundheit und sein Wohlbefinden aufleben würden.
Sie erzählte ihm vom sechsten Mond, einem Tag, an dem Lung-Wang, der Drachenprinz, nach draußen gebracht und der Sonne ausgesetzt wurde, um für reichlichen Regen zu sorgen. Während sie von diesen magischen Dingen sprach, tauchten Sterne in ein Meer wie Silberlimonade.
Am fünften Abend brachte Wang einen silbernen Kübel mit Eis darin, in dem eine Flasche steckte. Ben ließ den Korken knallen, wartete, bis sich in der Flasche die Blasen setzten, goss dann zwei lange, schmale Gläser halb voll und reichte Li eines.
»Auf den Stapellauf von Li-Schia , deinen Erfolg auf dem Wasser und den Beginn deines neuen Lebens als tai-tai eines Seemanns.«
Als sie ihren ersten Champagner kostete, so überlegte Li später,
war das, als würde sie von einem Regenbogen Sonnenschein nippen. Er legte den Finger unter ihr Kinn, drückte es nach oben, so dass sie ihm in die Augen blicken musste. »Wir haben von dieser Sache namens ›Liebe‹ gesprochen
Weitere Kostenlose Bücher