Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
Vom Netzwerk:
bepflanzt wurde. Die Villa Formosa stand in der Mitte - ein Meisterstück ostwestlicher Architektur, außergewöhnlich selbst für die Verhältnisse jener wenigen vermögenden Kaufleute und Taipans, die sich eine Residenz in den Hügeln mit Blick auf die berühmte Bucht leisten konnten.
    Hochaufragende gusseiserne Tore, in hohen Mauern verankert und von zwei bewaffneten Sikhs in prächtigen Uniformen bewacht, öffneten sich zu einer breiten Zufahrt, die zum imposanten Eingang der Villa führte, an dem sich der himmlische Drache und der legendäre Drache St. Georgs über breite Marmorstufen hinweg einander gegenüberstanden.
    Seit Ben das Land vor acht Jahren erstanden hatte, hatten nur die besten Handwerker und Kunsthandwerker am Bau der Villa mitgewirkt. In den Laderäumen der Double-Dragon-Schiffe waren erlesene Antiquitäten, Möbelstücke und Kunstwerke herantransportiert worden.
    Ah-Kin hatte seine Zauberkraft zwischen Sky House und der Villa Formosa aufgeteilt und den schönsten Gartengobelin der ganzen Kolonie geschaffen. Es war, wie er immer wieder zufrieden feststellte, auch sein letzter Garten. Ben hatte ihm ein Eckgrundstück zugeteilt, wo er und seine Familie einst begraben werden konnten.
    Ah-Ho und die Bediensteten von Sky House hatte Ben noch nicht hergeholt, da er wollte, dass Li sich ohne Beeinträchtigung an die neue Umgebung und deren Überfluss gewöhnen konnte.
Li war ihm dafür dankbar, teilte seine Freude, sie in den großen, luftigen Räumen herumzuführen, deren hohe Decken mit Kronleuchtern aus belgischem Kristall beleuchtet wurden und an deren Wänden Gobelins aus Tibet und der Mongolei und Gemälde der größten Marinekünstler Europas hingen. Das Esszimmer bot an einem riesigen Tisch aus Vogelaugenahorn auf mit grünem Leder bezogenen Stühlen Platz für zwanzig Personen. Vertäfelte Wände öffneten sich auf den atemberaubenden Bogen der Meeresterrasse.
    Bens Arbeitszimmer war identisch mit dem im Sky House eingerichtet worden, der riesige Schreibtisch an der richtigen Stelle, jedes Bild, jeder Gegenstand und jede Erinnerung an seinem richtigen Platz. Selbst der prächtige Kamin war bis ins kleinste Detail nachgebaut worden.
    »Dieser Raum und sein Inhalt sind ein Denkmal meines Lebens. Alles, was mir wichtig ist, beginnt und endet an diesem Schreibtisch und bei diesen Gegenständen.« Er lachte unbeschwert und streckte die Hand nach ihr aus. »Manchmal dachte ich, ich würde das perfekte Leben führen, glaubte, mein Glas sei randvoll.« Er drückte ihr die Lippen auf die Handfläche und zog sie an sich. »Jetzt weiß ich, dass es immer halb leer war.« So sorglos wie jetzt, als er sie auf die Terrasse hinausführte, über deren leuchtende weite Fläche von der Bucht Salzluft hinwegstrich, hatte Li ihn noch nie erlebt.
    Li war ohnehin schon überwältigt von der Pracht um sich herum, als Ben mit gespielt reuevoller Miene zu ihr sagte: »Deine Ahnen schienen mir nicht genügend Platz zu haben. Und es kam mir vor, als würden nur Bauern und Minderbemittelte ihr irdisches Reich mit jenen aus dem Jenseits teilen.« Er konnte ein Grinsen nicht länger zurückhalten. »Deshalb stelle ich ihnen ein eigenes Haus zur Verfügung, das hoffentlich deinen Beifall und Fischs Segen findet.« Er führte sie über die Terrasse zu einer Mauer aus altem Gestein, die von einer lebenden Wand aus heiligem schwarzem Bambus fast verborgen wurde. Ging man durch einen Torbogen darin, stand man vor einem Buddhaschrein, dessen Türen
mit glänzendem Blattgold bedeckt waren. Die hellgrünen Kacheln seines runden Daches passten zu jenen der Villa selbst und schwangen sich aufwärts wie die Wellen eines aufgewühlten Meers. Auf der Dachspitze befand sich eine große Kristallkugel, die von Zwillingsdrachen in den Klauen gehalten wurde.
    »Der Schrein wurde von einem Feng-Shui-Meister so entworfen, dass sich hier die Energien der Erde bündeln«, erklärte Ben mit großem Respekt. »Er sagte, er sei ein Höhepunkt des Lichts in der spirituellen Welt und erwarte die Besitznahme durch deine ehrenwerten Ahnen.«
    Li brauchte eine Weile, um zu verstehen, was da vor ihr stand. »Ich werde ihn Pai-Lings Tempel nennen«, hauchte sie. »Möge sie hier ihre ewige Ruhe finden und auf immer über uns wachen.«
    Er gab ihr einen silbernen Schlüssel und schloss ihre Finger darum. »Verstecke den Schlüssel an einem Ort, wo nur du ihn finden kannst. Nicht einmal ich muss sein Versteck kennen. Wenn du dich mit denen, die du liebst,

Weitere Kostenlose Bücher