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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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du mich denn nicht besuchen kommen?« Er kniete sich neben sie hin, und ihr kamen seine Augen schwärzer und tiefer vor als die dunkelste Ecke, in die sie je geblickt hatte. Der Klang seiner Stimme schien die Zikaden zum Verstummen zu bringen. Er roch nach etwas, von dem sie nicht wusste, dass es Ziegengeruch war.
    Sie versuchte noch einmal, sich wegzudrehen, aber er streckte ihr eine geschlossene Hand entgegen. »Ich habe ein Geschenk für dich, hier in meiner Hand. Was meinst du wohl, was es ist?« Sie schüttelte den Kopf. Seine Stimme klang so freundlich, dass sie zögerte.
    »Nimm es … es gehört dir, du kannst damit spielen.« Lächelnd hielt er ihr seine Hand noch näher hin.
    Seine Zähne sind nicht sauber, dachte sie, und seine Hand ist schmutzig . Dennoch öffnete sie langsam und unsicher ihre Hand.
    Die fette, haarige Spinne, die er hineinfallen ließ, war so groß wie ihre Handfläche. Ihre langen Beine kitzelten Siu-Sing, als sie ihren Arm hinaufhastete und dann in ihr Haar krabbelte. Siu-Sing spürte,
wie sie mit ihren klebrigen Beinen panikartig auf der Kopfhaut herumhastete und sich dann immer tiefer in ihr Haar hineinwühlte. Sin-Sings Schreie hallten aus den dunklen Schuppenecken wider.
    Er packte sie am Arm, damit sie zu schreien aufhörte, und zog die Spinne aus ihrem Haar. »Hör auf zu heulen!« Er kicherte. »Sie beißt dich schon nicht - sieh doch, ich habe sie getötet.« Er öffnete seine Faust und zeigte ihr die zerquetschten Überreste der Spinne.
    Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen, und schon war Fisch an ihrer Seite, hob sie hoch und drückte sie fest an sich. »Wenn du dem Kind etwas angetan hast, wird dein Meister davon erfahren!«, sagte sie mit vor Zorn schriller Stimme.
    Ah-Keung hob abwehrend die Hände. »Vergeben Sie mir, Ah-Paw, ich wollte ihr keine Angst einjagen. Als sie in den Schuppen kam, habe ich noch geschlafen. Das Licht war schwach; ich dachte, sie sei einer von den Jungen aus dem Schilfschneiderlager, der zum Gingsengklauen geschickt worden war. Als ich sah, dass es Kleiner Stern war, habe ich sie zu warnen versucht. Hier im Kräuterschuppen gibt es Viecher, die beißen und stechen; mehr als einmal habe ich hier drinnen schon Skorpione und Schlangen zur Strecke gebracht. Ohne Aufsicht ist solch ein Ort nichts für ein kleines Mädchen!«
    Er griff nach seinem Stab und deutete damit auf ein Gewirr aus Spinnennetzen, auf das ein Lichtstrahl fiel. »Das hier ist eine Brutstätte für Spinnen und kein Spielplatz für kleine Kinder.« Er sammelte mit dem Stab Spinnennetze ein, bis sie in einer dichten Masse von dessen Spitze hingen und kleine schwarze Spinnen umherhuschten, um sich zu verstecken. Dann tippte er mit dem Stab die Kräuter an, die über ihnen hingen. »Hier gibt es sowohl schreckliche Gifte als auch wunderbare Arzneien. Nur mein Meister und ich wissen, welche Tod und welche Leben bringen.«
    Ah-Keung schüttelte den klebrigen Fadenklumpen vom Stock und zertrat eine weitere fette Spinne, ehe sie entkommen konnte. »Ich bitte Sie, Ah-Paw, das war ein Missverständnis. Erzählen Sie es nicht meinem si-fu. «

    Seine Stimme nahm einen anderen Ton an. »Er würde sich auch kaum darüber freuen zu erfahren, dass Kleiner Stern unbewacht in diesen Kräuterschuppen gehen durfte. Er wird uns beiden Vorwürfe machen … ich aber bin es, der die Spinne getötet hat, und Sie sind diejenige, die sie der Gefahr ausgesetzt hat.«
    Fisch sah ein, dass er recht hatte; sie hätte Siu-Sing nicht erlauben dürfen, allein auf Entdeckungsreise zu gehen. »Gut, in diesem Fall sage ich nichts. Aber wenn du dem Kind noch einmal zu nahe kommst, kannst du dein Bündel packen.«
    Ah-Keung verbeugte sich und schwang seinen Hut. »Genauso machen wir es, Ah-Paw, und Sie passen in Zukunft ein bisschen besser auf sie auf.« Er setzte den Hut auf seinen Kopf. »Kleinem Stern darf nichts zustoßen.« Der Sarkasmus in seinen Worten war eindeutig beabsichtigt. Er hatte die Schuld auf sie abgewälzt. Leise vor sich hin grummelnd, wandte Fisch sich ab.
    Von ihrem sicheren Platz auf Fischs Schultern aus beobachtete Siu-Sing, wie Ah-Keung sich anschickte, den dahinzockelnden Ziegen auf dem Pfad zu folgen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sein Schritt zwar energisch und seine Haltung aufrecht war, aber ein Bein langsamer zu sein schien als das andere und dass irgendetwas an seinem schaukelnden Gang merkwürdig war.

    In dem Obstgarten neben der Hütte hatte der alte To zwischen reich tragenden

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