Die Tochter der Konkubine
Augenblicke harmloser Freude gedacht. Komm, lass mich dich ansehen. Ich habe eingelegten Ingwer und leckere Datteln.«
Der süßliche Rauch bereitete Siu-Sing Übelkeit. Außer dem steten Zischen der Gaslampe und Fans angestrengtem, pfeifendem Atem war nichts zu hören.
Als sich ihre Augen an das trübe Licht gewöhnt hatten, sah sie in der Mitte des Raumes einen überaus komfortablen Diwan stehen. Über Fans nackte Körpermasse bewegten sich zitternde Farbflecken hinweg. Er lehnte an einem Kissenhaufen und hatte die unnützen Beine unter sich gezogen, sein Gesicht lag im Schatten. Seine Speckfalten bildeten einen grotesken Umriss. Aus einer langstieligen Pfeife quoll öliger Rauch.
»Zieh das Gewand aus und lass mich sehen, was für Schätze ich gekauft habe«, säuselte er und stellte die Pfeife auf einem reich verzierten Ständer ab. Siu-Sing wählte ihre Worte mit Bedacht.
»Darf ich sprechen, Lo-Jeh? Ich habe viel über diese große Ehre nachgedacht und wünsche mir, dass sie Ihnen zum größten Vorteil gereicht … ich habe eine Warnung auszusprechen. Ihre tai-tai , mein Herr, was würde sie tun, wenn sie sich der Aufmerksamkeit bewusst wäre, die Sie jemandem so Unwerten wie mir schenken?«
Er schien sie nicht zu hören und nahm sich von einer Schale an seiner Seite einen klebrigen Leckerbissen. »Schwierige mooi-jai verführen ihre Meister bekanntlich oft, um sich gegenüber erschöpften Ehefrauen und langweiligen Konkubinen einen Vorteil zu verschaffen. Deshalb schlage ich vor, du lässt die Fragerei, ehe sie mich ermüdet, und ziehst dich jetzt aus!« Er bot ihr eine Dattel an und steckte sie sich in den Mund, als sie keine Anstalten machte, sie zu nehmen. Der Stein glitt wie eine Made aus seinen geschürzten Lippen.
»Meine ehrenwerten Ehefrauen würden es überhaupt nicht mögen, wenn man mir nicht gehorchte.« Er kicherte frostig. »Ihnen ist es ziemlich egal, wer meinen Diwan besucht, so lange sie es nicht sind, die ich herrufe.« Er kaute schmatzend und leckte sich die Finger. »Wir müssen also zusehen, dass sie nichts davon erfahren, sonst wirst du von Ah-Kwok ausgepeitscht. Genug geplappert. Komm näher!« Er umfasste ihr Handgelenk und zog ihre Hand in Richtung seiner teigigen Schenkel.
»Warten Sie, Lo-Yeh! Ich bitte Sie, mich anzuhören. Ich bin anders als die, die Sie in der Vergangenheit mit Ihrem Interesse geehrt haben. Ich sage die Wahrheit. Wie Sie sehen können, bin ich gemischten Blutes … ich bin jarp-jung , wertlos in den Augen vieler, aber unbezahlbar in den Augen mancher, so lange ich unberührt bin. Wenn Sie mir meine Unschuld nehmen, bringt es Ihnen außer einem kurzen Augenblick der Lust nichts ein.« Einen Augenblick herrschte angespannte Stille. »Aber Sie könnten mein sung-tip für den zehnfachen Preis weiterverkaufen, den Sie bezahlt haben.«
Der Griff um ihr Handgelenk wurde fester, zwang sie näher. »Und wer wird solch einen hohen Preis für eine jarp-jung zahlen, die behauptet, die Tochter eines fremden Teufels zu sein?«, fragte er ungeduldig. Er hievte seine Masse auf ihre Hand.
»Die Goldene … die wird ihn zahlen. Verkaufen Sie mich, Lo-Yeh, an die Taverne der herabstürzenden Juwelen.«
Er hatte offensichtlich so viel Opium geraucht, dass er nicht mehr klar denken konnte und sein Verlangen stärker war als die Vernunft. Doch sie gab nicht nach. »Meine Dienste als mooi-jai sind bedeutungslos und leicht ersetzbar. Lassen Sie die Goldene über meinen Preis entscheiden. Wenn es nicht genug ist oder sie mich für wertlos hält, werde ich Ihnen gut zu Diensten sein und keine Schwierigkeiten mehr machen. Ich warne Sie, Lo-Yeh, diese Augen, die auf Sie gerichtet sind, sind die Augen des Todes und der Zerstörung. Der Mann, der mich nimmt, ist für immer mit Unglück verflucht.« Doch er hörte sie gar nicht und begrabschte sie unbeholfen, während sein Atem ihm wie Dampf entwich.
Siu-Sing reagierte rasch, packte die zotteligen Haare, die ihm am Kinn sprossen, und riss sie ihm ab. Der fette Fan rollte vom Diwan und krachte mit einem markerschütternden Aufschrei auf den Boden.
Siu-Sing saß aufrecht auf der Kante eines Schwarzholzstuhls, die Hände im Schoß gefaltet. Sie war nach allen Regeln der Kunst zurechtgemacht worden, so, als erwarte sie eine Audienz mit einer Kaiserin. Die Jade-Amahs hatten ihr das Haar zu zwei runden Haargeflechten gewunden, wie sie von den vermögenden Konkubinen Macaos augenblicklich favorisiert wurden. Zwei Anhängerohrringe
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