Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
Vom Netzwerk:
Darf ich fragen, wie Sie heißen?«
    Er sah sie mit derart freundlichem Interesse an, dass es aus ihr herausplatzte: »Der Name meines Vaters lautet Devereaux, Captain Benjamin Devereaux. Meine chinesische Mutter wurde Li-Xia genannt, ein Name aus dem Süden, und ich heiße Siu-Sing.«
    Wieder lächelte er. »Kleiner Stern«, grübelte er. »Klein sind Sie ja nun nicht mehr, deshalb werde ich Sie, wenn ich darf, Sing nennen … Stern. Sie sind eindeutig auf die Welt gekommen, um wie einer zu leuchten.«
    Seine starke Hand loszulassen war, als würde man bei einem drohenden Unwetter die Rettungsleine loslassen. Sie war sich der vielen Augen um sie herum bewusst, als sie die Stimme senkte und sich näher zu ihm beugte. »Ich brauche Hilfe, aber hier können wir nicht darüber sprechen. Mein Zimmer ist ein Stockwerk höher, Zimmer Nummer Zwölf. Kommen Sie in ein paar Minuten hoch.«
    Die Musik schien zu verklingen und das Geplauder zu verstummen, als sie sich erhob und ihren Stuhl mit einer leichten Verbeugung zurückschob. Eine winzige Geste, doch half sie ihr, erhobenen Hauptes die Treppe hinaufzugehen, obwohl alle Blicke auf sie gerichtet waren.
    Augenblicke wirkten wie Stunden, ehe sie sein leises Klopfen vernahm. Sie öffnete ihm sofort die Tür. Er schlüpfte ins Zimmer, und sie schloss die Kette. »Ich glaube, man hat mich nicht gesehen.«
    Sie zuckte die Achseln und lächelte zu ihm empor. »Das spielt keine große Rolle - wir haben das Unverzeihliche begangen.« Sie wollte seine Nähe nicht verlieren, fühlte sich auf eine Art zu ihm hingezogen, die über die Freuden hinausging, die man in den Armen der Silberschwestern finden konnte.
    In diesem Moment war sein Bedürfnis, sie zu halten, stärker als
das Bedürfnis nach Worten. Toby schien ihr Verlangen zu spüren, hielt sich aber zurück.
    »Ich bin hier, um Ihnen zu helfen, wenn ich kann. Ich bin keiner von denen, die Sie ausnützen würden.«
    Jeder Mann außer Meister To hatte versucht, sie auszunützen. Aber ihm vertraute sie auf Anhieb. »Ich glaube Ihnen«, sagte sie.
    In der Privatheit ihres Zimmers erzählte Sing von ihrer Vergangenheit und der noch nicht begonnenen Suche. Sie zeigte ihm die Fotografie des Mannes in einer Seemannsuniform neben seiner chinesischen Frau.
    »Ich glaube, es ist Schicksal, dass wir uns nicht nur einmal, sondern in so kurzer Zeit gleich zweimal begegnet sind. Zufällig gehört es mit zu meinem Job, Ermittlungen über die Schwierigkeiten britischer Staatsbürger in China anzustellen.« Er betrachtete die Fotografie genau. »Nach dem, was Sie mir erzählen, ist Ihr Vater ein bedeutender Mann. Männer wie er verschwinden nicht so einfach. Ein solch prominenter Name sollte sich leicht ausfindig machen lassen.«
    Toby steckte das Foto in seine Brieftasche, nahm zwei Visitenkarten heraus und reichte sie ihr. In die erste war das offizielle Wappen des Government House geprägt. Darunter standen sein Name, Rang und eine Telefonnummer in Kowloon. Auf der zweiten befanden sich das Wappen des Government House und seine Privatnummer.
    »Heben Sie die gut auf. Unter einer der beiden Nummern sollte ich immer erreichbar sein. Falls nicht, bin ich schnell zu finden. Von der Fotografie lasse ich einen Abzug machen und gebe sie Ihnen dann zurück.« Er strahlte Zuversicht aus. »Aber zuerst sollten wir etwas frische Luft schnappen. Wie wär’s, wenn wir uns an diesem Ort, den Sie den Goldenen Hügel nennen, ein wenig umschauen würden?«
    Rubin erschien mit besorgter Miene in der Tür zum angrenzenden Raum. Sing lächelte sie beruhigend an. »Sie erinnern sich an Rubin, meine Gefährtin …?«

    »Wie könnte ich solch einen Tanz je vergessen?« Er streckte Rubin die Hand entgegen. »Keine Bange. Ich bringe sie wohlbehalten wieder zurück.«
    Fast war Sing überrascht, als der Aufzug sie ins Erdgeschoss brachte und niemand sie daran hinderte, Neun Drachen zu verlassen. Toby hielt ein Taxi an, und dann ließen sie unter dem mit Leuchtreklame bestückten Vordach die belebten Straßen von Wang-Chai hinter sich.
    Toby brachte sie zum Army and Navy Club, dessen gediegener Speisesaal voller leise sprechender Gäste aus dem Westen war. Wenn sie in ihre Richtung blickten, während er ihr die Speisekarte erklärte, so nur mit flüchtigem Interesse. Zum ersten Mal probierte Sing Speisen wie Mulligatawny-Suppe und ein Gericht, das er mit sichtlichem Stolz als Steak and Kidney Pie vorstellte.
    Danach brachte er sie ins Herz des Central District, wo in

Weitere Kostenlose Bücher