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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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kleiner Raum, in dem gerade einmal ein Schreibtisch, Aktenschränke, zwei Besucherstühle und Regale voller Hauptbücher Platz hatten. Sie entdeckte Ausklarierungsbescheinigungen, die das Siegel von Li-Xia, Comprador, trugen.
    Eines Nachmittags klopfte es an der Bürotür. Ehe sie aufsehen konnte, öffnete ein Mann sie und sagte: »Verzeihung, wenn ich unangemeldet erscheine, aber ich glaube, wenn ich um Erlaubnis gebeten hätte, hättest du mich nicht empfangen wollen. So bedeutend, wie du jetzt bist.« Es war Ah-Keungs Stimme.
    Er schloss die Tür, nahm ihr gegenüber Platz und knöpfte eine schwarze Lederjacke auf. »Die Pfeifenmacherin der japanischen Zuhälterin hat es vom Herrscher über die Würste und dem Ballsaal des alten Geldsacks Poon ja inzwischen weit gebracht.«
    »Was möchstest du von mir?«, fragte Sing ruhig.
    Auf Ah-Keungs Gesicht breitete sich ein verschlagenes Lächeln aus. »Keine Angst, Kleiner Stern, ich bin nicht gekommen, um Anspruch auf meinen Anteil an deinem Erfolg zu erheben. Ich möchte dir nur etwas zurückgeben, das dir gehört.« Er nahm sich die wertvolle Kette mit dem Jadeamulett des Kranichs und des Tigers vom Hals.
    »Ich wusste, dass du gelogen hattest und sie nicht von den Schilfschneidern gestohlen worden war. Sie fürchteten sich ja davor, ihm zu nahe zu kommen; da hätten sie es im Tod erst recht nicht getan.«
    Er hob die Hände beschwichtigend. »Damals warst du zu jung, um sie zu tragen. Es war meine Pflicht, sie für dich aufzuheben.« Er hielt ihr das Amulett hin. »Rechtmäßig gehört das Amulett dir. Als Letztes hat er dich gelehrt, nicht mich.«
    »Ich glaube dir nicht«, meinte sie kühl. »Wieso hast du es mir nicht im Neun Drachen zurückgegeben?«
    »Hättest du dich unter vier Augen mit mir unterhalten, wie ich es gewünscht habe, dann hättest du es schon damals zurückbekommen.« Er zuckte die Achseln. »Aber ich möchte nicht mit dir streiten. Komm, lass uns über unsere Kindheit reden und uns an den Ort des klaren Wassers erinnern, wo die Alten ihren Frieden haben.«
    Er blickte sie mit einem Grinsen an, das sie plötzlich über das Amulett an andere Lügen denken ließ. »Fisch war eine Tanka«, sagte sie langsam. »Sie kam auf dem Wasser auf die Welt. Wie alle vom Schiffsvolk kannte sie das Meer, den Fluss und den See so, wie man seine eigene Familie kennt. Sie war keine, die in einem Gewässer ertrinkt, das ihr gerade einmal bis zum Bauch reichte.«
    An der Genugtuung in Ah-Keungs Gesicht änderte sich nichts, als Sing mit schrecklicher Gewissheit fortfuhr. »Meister To war stark und kannte die Geheimnisse der Langlebigkeit. Das, was ihn so schnell tötete, war der Inhalt der Kürbisflasche. Streitest du das ab?«
    Seine sorgfältig gewählte Antwort war spöttisch. »Wenn ich nach Kräutern suchte und sie zubereitete, bewahrte ich meine Mixturen in vielen Kürbisflaschen auf. Jahrelang habe ich den Ginseng gefunden, aus dem er seinen Tee machte. Manchmal mischte ich das Gift der yan-jing-shi mit der Mitternachtsbeere und habe das dann an den Dorfarzt verkauft. Ist es möglich, dass ich die Kürbisflaschen verwechselt habe?«
    Hilflos breitete er die Hände aus. »Könnte ich solch einen
schrecklichen Fehler begangen haben? Das werden wir wohl nie klären können. Was die Alte angeht, so war ihr Herz zu müde, um Krabben zu jagen. Sie starb, wie sie geboren wurde, auf dem Wasser. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.«
    Wieder zuckte er mit den Schultern und hielt das Jadeamulett dann ans Licht des Fensters. In dem lichtdurchlässigen milchigen Stein verliefen moosgrüne Adern. »Schau, hält es nicht immer noch die Macht des Kranichs und die Weisheit der Weisen?«
    Ah-Keung beugte sich über den Tisch. »Gestatte mir die Ehre, sie dort anzubringen, wohin sie gehört. Ist das zu viel verlangt? Habe ich das, was der Meister dir hinterlassen hat, nicht zurückgebracht?«
    Der spontane Impuls, sofort aufzuspringen, verging so schnell, wie er gekommen war. Dies war weder die richtige Zeit noch der richtige Ort. Lass ihn sie dir umlegen, dann wird er gehen , flüsterte eine Stimme in ihr.
    Sie spürte, wie er ihr Haar hob, sanft, mit einer langen, streichelnden Bewegung, und dann die Kette befestigte. Seine Hände fielen auf ihre Schultern und hielten diese sekundenlang fest. Sing spürte, wie seine Kraft wie ein Strom durch sie hindurchfloss, als sie den Kopf hob und sich zwang, ihm in die Augen zu sehen und jenseits von ihnen in die von yan-jing-shi

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