Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
Vom Netzwerk:
Li-Xia begriff nicht, wie töricht ihre Worte klingen mussten. Die Schwestern brachen in Gelächter aus und versicherten ihr dann umgehend, dem sei so. »Sie sind haarig wie eine Ziege und riechen genauso schlecht«, sagte Knoblauch angewidert. »Und waschen tun sie sich auch nicht«, setzte Beifuß schaudernd hinzu. Schildkröte sagte mit einem Anflug von Zorn, den man bei ihr sonst selten hörte: »Sie machen sich über unsere Götter lustig und betrachten uns als Untermenschen, die für sie arbeiten sollen und wie Hunde genommen werden.« Erdnuss verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. »Schwarze, braune, rote, rosige oder weiße, diese fremden Teufel sind alle gleich.«
    Nachdem sich das Schiff ein gutes Stück entfernt hatte, setzten sie ihren Weg fort und gelangten zu einem aus Kalkstein erbauten
Haus nahe am Fluss. Seine Holzmole war verrottet, und sein Sampan lag halb versunken im Schilf, dennoch schien dieses Haus einen zeitlosen Stolz zu besitzen. Unzählige Jahreszeiten hatten seine einst frische Farbe wie abgestorbene Haut abblättern lassen. Einige Dachziegel waren zerbrochen und mussten ersetzt werden, der reparaturbedürftige Zaun neigte sich, das Tor hing schief in seinen verrosteten Angeln. Eine schmale Reuse war zu einem Teich neben dem Haus gelegt worden, wo sich einst ein jetzt kaputtes Wasserrad zwischen den Wasserlilien kräftig gedreht hatte. In dem ummauerten Garten standen ein Dutzend Maulbeerbäume und ein karges, von Unkraut überwuchertes Gemüsebeet. Ein paar dürre Hühner pickten in dem vernachlässigten Obstgarten an Fallobst herum. Schweine - und Ziegenstall waren beschädigt und standen leer, die Reisterrasse war ausgetrocknet und steinig.
    Vor der verblichenen, einst roten Tür saß ein alter Mann, nippte an einem Tee und rauchte eine langstielige Pfeife. Kiesel blieb stehen, um ihn zu grüßen und ihm ihre Ankunft anzukündigen. »Guten Morgen, Väterchen, wie geht es Ihnen heute?« Beim Klang ihrer Stimme verzog sich sein faltiges Gesicht freudig. »Guten Morgen, kleine Schwestern. Ich habe euch schon erwartet. Wie schön, wieder eure Stimmen zu hören!«
    »Wir besuchen den alten Herrn oft und helfen ihm beim Einsammeln seiner Kokons und Jäten seines Gemüsebeets«, erklärte Kiesel Li-Xia. »Seine Frau liegt neben seiner Tochter und zwei Söhnen unter dem Feigenbaum begraben. Am Tag von Ching-Ming kommen wir her und helfen ihm, seine Lieben zu ehren. Er hat niemanden mehr auf dieser Erde und den Überblick über die Jahre verloren. Deshalb hat er uns als seine Enkelinnen adoptiert, und für uns ist er Ah-Bart, unser hochgeschätzter Großvater. Er sagt, seine Ahnen seien unsere Ahnen, und sein Haus habe viel Glück erlebt.« Liebevoll betrachtete Kiesel den friedlichen kleinen Bauernhof. »Findest du nicht, dass es das wahre Himmlische Haus ist? Es hat dicke Wände und ein gutes Dach, das man leicht wieder richten kann, mit Maulbeerbäumen, um viele Körbe zu füllen, die
man an die Spinnerei verkaufen kann. Der Garten liefert alles für den Tisch, und wenn sich das Mühlenrad dreht, ist das Wasser so rein und kalt wie Bergschnee. Unser Großvater ist wirklich reich. Er ist mit sich im Reinen … hier herrscht wirklich Harmonie, der Ort ist erfüllt von goldenem Feng-shui. Er wird das Haus am Fluss erst verlassen, wenn seine Ahnen es verlangen.«
    Kiesel öffnete das quietschende Tor, und ihre Stimme war voller Fröhlichkeit. »Wir bringen dir die Weidenkätzchen, guter Herr, und Blumen, wilde Erdbeeren und ein paar Pilze von unterwegs. Einen neuen Weidenbesen haben wir auch mitgebracht. Mit dem kann man die Spinnennetze wegfegen.«
    Der alte Mann winkte, lud sie ein, einzutreten und sich an seinem Tee zu bedienen. Er hatte sie bereits erwartet und Lychees und rote Äpfel gepflückt und aus der Küche einen Topf mit leckeren Nudeln geholt. All das lag unter dem Feigenbaum bei den vier Gräbern. Die mung-cha-cha machten sich daran, den kleinen Platz von Laub und Unkraut zu befreien, während Kiesel alles mit dem Weidenbesen wegkehrte. Die Gräber wurden gereinigt und gefegt, die Grabsteine gewaschen und geschrubbt, so dass die Namen wieder gut zu lesen waren, und die Wildblumen und die Weidenkätzchensträuße daraufgestellt. Unterdessen briet Kiesel den Fisch und schmorte die Aale, die sie ebenfalls mitgebracht hatten. Dann lud man die Ahnen ein, am Ching-Ming-Fest teilzunehmen, indem man Räucherstäbchen anzündete und wild auf eine alte Pflugschar einhämmerte.

    Die

Weitere Kostenlose Bücher