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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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Ich erzählte ihm Geschichten vom großen Tung-Ting-See und den Träumen, die ich in der Vergangenheit verloren hatte.« Sie lachte lautlos und tippte sich an die Schläfe.
    »Sie hielten uns beide für mung-cha-cha . Wenn er nicht zahlen konnte, dann habe ich es ihm gestundet, und er hat jede Kupfermünze mit Zinsen zurückgezahlt. Dann, als er reich wurde, hat er mich gesucht und mich in sein schönes Haus mitgenommen.« Das Gesicht der alten Frau wurde ruhig.
    »Devereaux ist ein ehrenwerter Mann. Er ist nicht wie andere gwai-los . Er hat mir erzählt, dass er dich vor einem grausamen Schicksal bewahrt hat, und glaubt, seine eigenen Götter hätten die Hände dabei im Spiel gehabt. Du hast von ihm nichts zu befürchten - darauf hast du mein Wort. Er entdeckt in dir viel, das andere nicht sehen, und sagt, du hättest großen Mut.«
    Fisch war stolz auf ihre Tanka-Herkunft und war trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch kräftig genug, ihre Arbeit zu verrichten. Als Angehörige eines Schiffervolkes, das auf dem Wasser lebte und starb, war sie inzwischen zu alt, um noch einen Sampan zu rudern, hatte jedoch immer noch einen messerscharfen Verstand, behielt den Glauben an ihre gewählten Götter und war fröhlich, ehrlich und eine ausgezeichnete Hebamme.

    Es dauerte fast zwei Monate, ehe Li wieder einigermaßen normal laufen konnte. Außer Sandalen mit Pflanzenfasersohlen und Rindenschonern hatten ihre Füße nie etwas anderes gekannt. Die von einer mooi-ja, einem Dienstmädchen niederen Ranges, getragenen Leinenschuhe waren ihr selbst in der größten Größe zu klein. Ledersandalen und alle möglichen Schuharten passten auch überhaupt nicht, bis Fisch sie zu einem Schuster mitnahm, der eigens für sie aus weichem Leder drei Paar normale Schuhe und ein besonderes, mit Silberblumen dekoriertes Paar anfertigte, das sie bei Tempelbesuchen zur Festzeit tragen würde.

    »Der Herr hat persönlich befohlen, dass du Schuhe bekommst, die dir passen, und Kleider, die bequem zu tragen sind«, vertraute ihr der Fisch vergnügt an. »Ah-Ho sähe dich am liebsten in den Lumpen einer Küchenmagd, mit Holzpantinen an den Füßen, wie du den Boden schrubbst, damit sie darauf spucken kann. Aber ich bin hier und kümmere mich um dich, deshalb wird so etwas niemals geschehen!«

    Eines Tages erschien Fisch früh mit dem Tablett mit Congee. Sie sah so prachtvoll aus, wie Li sie noch nie gesehen hatte, denn sie trug das Festgewand ihrer Tanka-Sippe: einen sam-foo, der über und über mit winzigen Glasperlen in leuchtenden Farben bestickt war, dazu auf ihrem weißen Haar den passenden Hut mit ebensolchen Glasperlen. Stolz verkündete sie, sie habe »mit den Augen eines Seeadlers, die mich nicht im Stich lassen« jede Perle selbst darauf gestickt. »Ich bin gekommen, um mit dir Tee auf diesen Tag zu trinken, den Geburtstag von Tien-Hau, der Göttin des Meeres, der Schutzheiligen meiner Leute«, fuhr sie fort. Sie füllte den Reis-Congee in ihre Schüsseln. »Die Fischereiflotte der Tankas wird die Wimpel ihrer Sippen flattern lassen, ihre Dschunken reich mit Blumen schmücken, die Flaggen und Fahnen ihrer Ahnen hissen und zum Tempel in Tai Miu Wan segeln, um zu ihren Füßen Opfergaben abzulegen.« Fischs Augen blickten stolz. »Einst haben meinem Clan sieben Flussdschunken gehört, die den Großen Kanal vom Yangtze-Tal nach Chungking gefahren sind … doch gingen sie alle an die Drachen verloren.«
    Seufzend goss sie in ihre Tassen starken schwarzen Tee. »Du bist jung. Deine Vergangenheit bedeckt noch nicht allzu viele Berge. Ich glaube, über eine Reise, die gerade erst begonnen hat, magst du nicht reden. Deshalb werde ich dir von meiner erzählen, die bald schon endet.« Sie blickte verträumt aus dem Fenster, auf Schiffe jeder Größe, die den Hafen füllten und von denen jedes mit dem nächsten um ein extravaganteres Erscheinungsbild wetteiferte.
    »Meine Familie fing viele Generationen Fische im Yangtze-Fluss.
Ich wuchs neben den reißenden Gewässern auf, die manchmal pfirsichgelb, manchmal yamswurzelbraun und manchmal grün wie ein frischer Apfel waren. Die Stimme des Flusses sang mich in den Schlaf, und ich erwachte zum Gesang der Männer, die die Dschunken durch die Stromschnellen zogen, bärenstarke Männer, die mit solcher Kraft am Seil zogen und sich so tief darüberbeugten, dass ihre Nasen den Boden berührten.«
    Sie hob den Kopf und straffte die mageren Schultern. »Ich hatte einen Cousin, in meinem Alter, aber

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