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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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herkommst!«
    »Aber was ist denn so schlimm daran?«, verteidigte sich Katharina. »Sie ist nett. Schau, was sie mir geschenkt hat!«
    Sie hielt die Honigstange in die Höhe, und Ansgar starrte die Leckerei so wütend an, dass sie sich kaum noch gewundert hätte, hätte er sie ihr einfach aus der Hand geschlagen. Aber dann beherrschte er sich und zwang sogar ein – unechtes – Lächeln auf seine Lippen.
    »Entschuldige«, sagte er. »Ich wollte dich nicht anschreien. Es war meine Schuld. Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen. Aber du darfst hier niemandem vertrauen, weißt du. Schon gar nicht solchen.«
    »Was meinst du damit?« Katharina sah über ihre Schulter zurück. Vera stand noch immer da und sah stirnrunzelnd in ihre Richtung.
    »Fahrendes Volk«, antwortete er. »Gaukler und Spielleute. Du kannst ihnen nicht trauen. Wahrscheinlich hat sie dieses seltsame Tier abgerichtet, uns zu bestehlen. Was hast du ihr erzählt?«
    »Nur das, was du gehört hast«, antwortete Katharina wahrheitsgemäß. Sie hätte gerne etwas anderes empfunden, aber sie musste plötzlich wieder daran denken, wie zielsicher das Äffchen die Münzen in ihrer geschlossenen Faust aufgespürt hatte und wie erstaunlich geschickt seine winzigen Fingerchen gewesen waren.
    Wortlos gab sie Ansgar die Münzen zurück, brach dann die Honigstange in der Mitte entzwei und reichte ihm die Hälfte, an der sie noch nicht herumgeknabbert hatte. Ansgar betrachtete abwechselnd die Geldstücke und die halbierte Schleckerei und sah plötzlich aus wie das Gestalt gewordene schlechte Gewissen. Dann leckte er so vorsichtig an der Honigstange, als hätte er Angst, dass sie vergiftet war – oder ihm im nächsten Augenblick in die Zunge beißen könnte –, und seine Miene hellte sich auf.
    »Hm«, machte er. »Gar nicht so schlecht. Vielleicht ist deine neue Freundin ja doch nicht so übel.«
    »Obwohl sie so eine ist?«, fragte Katharina spitz.
    Ansgar sagte gar nichts mehr dazu, sondern ergriff sie erneut (aber diesmal sehr viel sanfter) am Arm und ging weiter. Als Katharina das nächste Mal über ihre Schulter zurücksah, waren Vera und ihr sonderbares Tier in der Menge verschwunden.
    *

Sie hatte fast erwartet, dass Ansgar sie zum Rathaus bringen würde (obwohl sie immer noch nicht genau wusste, was man darunter verstand, außer dass es irgendwie wichtig zu sein schien), aber er steuerte das danebenliegende Gebäude an, das zwar wesentlich kleiner war, für sich genommen aber noch immer von beeindruckender Größe.
    Ein intensiver Geruch nach frischem Brot und Mehl schlug ihnen entgegen, als sie sein schattiges Inneres betraten, und ein winziger Hund kam ihnen kläffend – aber schwanzwedelnd – entgegen. Erst danach sah sie das grauhaarige Paar, das im hinteren Teil des weitläufigen, aber sehr niedrigen Raumes stand und Ansgar und ihr entgegenblickte.
    »Das sind Hendrik und Elsa«, sagte Ansgar. »Gute Freunde. Wir können erst einmal bei ihnen bleiben. Wenigstens heute.«
    »Ihr hättet erst gar nicht herkommen sollen«, sagte der Mann. »Wenigstens nicht heute, und noch dazu am hellen Tage. Man möchte meinen, dass du es darauf anlegst, erkannt zu werden.«
    Aber er klang nicht zornig, sondern allenfalls ein bisschen tadelnd. Ansgar grinste nur, beugte sich kurz vor, um den kleinen Hund zu tätscheln, der daraufhin endlich aufhörte zu kläffen, und erwiderte: »Wohl kaum. Ich würde mich im Moment ja wahrscheinlich nicht einmal selbst erkennen.«
    »Weil du zum ersten Mal wie ein Junge aussiehst?«, erkundigte sich Katharina.
    Ansgar schnitt ihr eine Grimasse, aber Hendrik lachte leise, und seine Frau kam nun näher und sagte: »Du bist also Ansgars verschollene Schwester. Aber was frage ich überhaupt?«
    »Woher … wisst Ihr das?«, fragte Katharina überrascht.
    »Weil ich nicht blind bin, mein Kind«, antwortete Elsa, die sie dabei unverhohlen neugierig wie gutmütig von Kopf bis Fuß maß. Katharina ihrerseits betrachtete die Frau ebenso neugierig und war nicht wenig verwirrt. Elsa hatte graues Haar, und sowohl ihre Hände als auch ihre gebeugten Schultern kündeten von einem langen Leben voll schwerer Arbeit, aber ihr Gesicht und vor allem ihre Augen kamen ihr noch erstaunlich jung vor.
    »Das meine ich nicht«, sagte Katharina. »Woher wisst Ihr überhaupt von mir?«
    »Du musst seine Schwester sein«, betonte Elsa lächelnd. »Mindestens bist du genau so klug wie er. Und was deine Frage angeht: Neuigkeiten sprechen sich schnell

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