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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Belagerungszustand befand, in dem es nicht von menschlichen Feinden bestürmt wurde, sondern von der Natur und dem Land selbst.
    Nicht nur drei, sondern gleich vier Schiffe lagen unten am Steg, die drei schlanken Drachenboote sowie ein weiteres, weit größeres und bauchigeres Schiff, das schon fast zur Gänze beladen war und entsprechend tief im Wasser lag. Und vielleicht war es dieser Anblick, der Katharina wirklich begreifen ließ, was Arla und Erik ihr gerade gesagt hatten; nämlich dass dies der letzte Tag dieser Stadt war. Nahezu alles, was die Menschen hier besaßen, war bereits auf dieses Schiff geladen worden, und noch bevor die Sonne das nächste Mal unterging, würden die Menschen an Bord der drei anderen Schiffe gehen und für immer von hier fortgehen. Und es nutzte überhaupt nichts, dass ihr Verstand plötzlich alle möglichen Argumente dafür fand, dass all das nicht ihre Schuld war. Nichts von alledem wäre passiert, wenn es sie nicht gegeben hätte, so einfach war das.
    Niedergeschlagen ging sie zum Fluss, überwand ihre instinktive Abscheu dem Wasser gegenüber und trat auf den Steg hinaus. Verrückterweise hatte sie das Gefühl, dass er deutlich schmaler geworden war, seit sie ihn das letzte Mal betreten hatte, und während sie ihm tapfer bis zum Ende folgte, hatte sie das noch viel verrücktere Gefühl, den massiven Steg unter sich schwanken zu spüren.
    Wenn sie wirklich die Tochter eines Wikinger-Fürsten war, wieso hatte sie dann eigentlich so große Angst vor Wasser?
    Sie fand keine Antwort, aber am Ende des Steges angelangt, fragte sie sich, warum sie überhaupt hergekommen war. Das Wasser machte ihr nach wie vor Angst, und der Anblick des fast fertig beladenen Schiffes, das die Habseligkeiten so vieler Leben trug, stimmte sie noch trauriger.
    Und da war immer noch Ansgar.
    Ihr schlechtes Gewissen meldete sich schon wieder – und jetzt umso heftiger, da sie bisher kaum an ihren Bruder gedacht hatte. Dabei war auch sein Schicksal nichts anderes als ihre Schuld, und plötzlich kostete es sie fast ihre ganze Kraft, die Tränen zurückzuhalten.
    Da sie nicht wollte, dass jemand sie so sah, machte sie kehrt, um ins Haus zurückzugehen und dort still vor sich hinzuleiden, gewahrte dann aber eine Bewegung auf der anderen Seite des Flusses und hielt noch einmal inne, um genauer hinzusehen.
    Wie nahezu überall am Ufer gab es auch dort einen Treidelpfad, auf dem Männer mit Mauleseln und Pferden (manchmal sogar mit der bloßen Kraft ihrer Hände) Schiffe und Lastkähne gegen die Strömung flussaufwärts zogen, wenn der Wind falsch stand oder sie gar keine Segel hatten. Auch jetzt war gerade eine ganze Anzahl Männer und Ochsen damit beschäftigt, einen hoch mit geschälten Baumstämmen beladenen Kahn den Rhein hinaufzuschleppen, und diese Bewegung war es wohl, die ihre Aufmerksamkeit erregt hatte – aber ihr Blick blieb an etwas anderem hängen, das sie ohne das Schiff und das halbe Dutzend mühsam dahintrottender Ochsen wahrscheinlich gar nicht bemerkt hätte.
    Am Waldrand, nur ein kleines Stück oberhalb des Treidelpfades, blitzte Metall zwischen den Schatten des dichten Unterholzes. Viel mehr war nicht zu erkennen, denn der Rhein war an dieser Stelle besonders breit, und das Durcheinander dunkler Grün- und Brauntöne verwischte jegliche Form, aber dann und wann brach sich ein verirrter Lichtstrahl auf Metall;einem Dolch vielleicht, den Ringen eines Kettenhemdes oder einem Helm.
    »Sie sind seit zwei Tagen da«, sagte eine Stimme hinter ihr. Katharina wandte den Kopf und sah in das bärtige Gesicht eines der beiden Krieger, die hier unten am Ufer Wache hielten. Er musste fast doppelt so groß sein wie sie und wog vermutlich viermal so viel; dennoch hatte er sich ihr vollkommen lautlos genähert.
    »Es sind mindestens ein Dutzend, wahrscheinlich sogar mehr.« Er lachte humorlos. »Wahrscheinlich glauben sie, besonders vorsichtig gewesen zu sein, dabei stellen sie sich tölpelhafter an als Kinder.«
    Katharina wusste nicht so recht, was sie darauf antworten sollte, hob nur mit einem angedeuteten Lächeln die Schultern und hatte es nun sehr eilig, den Steg zu verlassen und wieder auf sicheren Grund zu gelangen. Der Mann wirkte enttäuscht, als hätte er eine ganz bestimmte Reaktion von ihr erwartet, aber Katharina wusste nicht welche und beschleunigte ihre Schritte noch einmal, um die Böschung hinauf und ins Dorf zu gelangen; und so schnell wie möglich zurück ins Haus, das ihr plötzlich der

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