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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Männer kommen«, sinnierte Vera. »Allzu lange wird es bestimmt nicht dauern. Ein paar Tage vielleicht; wir fangen uns Fische, lassen Gott einen guten Mann sein und warten einfach ab, bis ein Dutzend gut gebauter Soldaten kommen und uns in Sicherheit bringen.«
    »Wulfgars Männer, denen doch noch eingefallen ist, dass sie etwas vergessen haben?«
    Vera schnitt eine Grimasse, als hätte sie in einen saftigen Apfel gebissen und zu spät gemerkt, dass es in Wahrheit eine rot angemalte Zwiebel war. Aber als sie weitersprach, ging sie mit keinem Wort auf Katharinas Bemerkung ein, und aller Spott war aus ihren Augen verschwunden.
    »Du hast das wirklich ernst gemeint, wie? Dass du dich für diesen Jungen opfern willst.«
    »Er ist mein Bruder.«
    »Von dem du vor ein paar Wochen noch nicht einmal gewusst hast, dass es ihn gibt.«
    »Deshalb bleibt er doch trotzdem mein Bruder!«, sagte Katharina heftig.
    Vera schüttelte traurig den Kopf. »Du bist wirklich tapfer, Kleines«, seufzte sie. »Aber Tapferkeit allein reicht manchmal nicht.« Katharina sah ihr an, dass das längst nicht alles war, was sie zu diesem Thema zu sagen hatte, aber sie sprach nichts davon aus, sondern stemmte sich mit einem leisen Ächzen in die Höhe, streckte die Hand aus, um Katharina ebenfalls aufzuhelfen, und sie setzten ihren Weg fort.
    Der Anblick blieb so sonderbar, wie er war, und er wurde noch unheimlicher, als sie näher kamen. Nichts rührte sich in dem kleinen Dorf. Niemand kam heraus, um sie zu begrüßen oder nach ihrem Begehr zu fragen, da waren keine spielenden Kinder, nicht einmal ein Hund kam ihnen entgegen, um die unangemeldeten Besucher zu verbellen.
    Ein Gefühl von bangem Wiedererkennen begann sich in Katharina breitzumachen. Genau so war es in Ellsbusch gewesen, als sie das allerletzte Mal dort gewesen war. Dort hatte nichts mehr gelebt, und irgendwie spürte sie, dass es hier genauso war.
    Schließlich blieb sie ganz stehen. Ihre Angst vor dem, was sie vielleicht sehen würde, wenn sie diese Häuser betrat, war einfach zu groß.
    Auch Vera hielt an, warf ihr einen sonderbaren Blick zu, sagte aber nichts, sondern setzte nur ihre Last ab, nahm eines der erbeuteten Messer zur Hand und ging dann allein weiter. Katharinas Herz begann zu pochen, als sie das erste Gebäude betrat, und es schien endlos zu dauern, bis sie wieder herauskam. Das Messer hielt sie noch immer in der Hand, und ihr Gesichtwar wie versteinert. Sie wich Katharinas Blick aus, während sie mit raschen Schritten an ihr vorbei und zum nächsten Haus ging. Rasch – und zugleich quälend langsam, wie es Katharina vorkam – durchsuchte sie den gesamten Weiler.
    Vera wirkte sehr erschrocken, als sie endlich zu Katharina zurückkam. »Es ist überall dasselbe«, sagte sie.
    »Sind sie …« Katharina brauchte all ihre Kraft, um die wenigen Worte auszusprechen. »… alle tot?«
    »Tot?« Vera blinzelte, als wäre ihr dieser Gedanke noch gar nicht gekommen, Dann schüttelte sie heftig den Kopf. »Nein. Es ist niemand mehr da.«
    »Niemand mehr da?«, wiederholte Katharina verständnislos.
    »Das Dorf ist verlassen«, bestätigte Vera. »Und zwar ziemlich überstürzt, wie es aussieht. Sie sind vor irgendetwas geflohen. Ach ja: Und das Dorf wurde gründlich geplündert.« Sie lächelte freudlos. »Nicht dass es hier jemals viel gegeben hätte, was des Stehlens wert war, wenn du mich fragst, aber hier hat jemand gründliche Arbeit geleistet und selbst dieses Wenige mitgenommen. Und was sie nicht mitnehmen konnten, haben sie kurz und klein geschlagen. Die guten Leute hier werden nicht mehr viel Freude an ihrem Zuhause haben, wenn sie zurückkommen.«
    Katharina war zwar verwirrt, spürte aber trotzdem vor allem eine unendliche Erleichterung. Sie hätte es nicht ertragen, schon wieder ein ganzes Dorf voller Toter zu finden.
    Erst jetzt fiel ihr auf, dass Vera das Messer nicht mehr in der Hand hielt. Stattdessen umklammerten ihre Finger einen abgebrochenen Pfeil mit schwarzen Federn. »Damit haben sie einen Hund erschossen, der wohl den Fehler gemacht hat, sein Heim verteidigen zu wollen«, sagte sie, als sie Katharinas fragenden Blick bemerkte. »Und das ist noch nicht alles.«
    Sie hielt Katharina den Pfeil hin und machte eine zusätzliche, auffordernde Kopfbewegung, als sie zögerte, danach zu greifen.
    Der Pfeil war ungewöhnlich schwer, wie sie fand, und fühlte sich in ihrer Hand … nicht richtig an; vielleicht weil sie sich noch zu gut an die vergangene Nacht

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