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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auch … meinen Vater?«, fragte Katharina stockend.
    »Wulfgars Sohn, Wulfigar.« Etwas wie ein Schatten huschte über Ediths Gesicht und erlosch wieder, bevor Katharina ganz sicher sein konnte. »Er war kein guter Mann, mein Kind, auch wenn er dein Vater war – er war ungewöhnlich aufbrausend und brutal. Erik war gegen diese Ehe, so wie fast alle anderen, aber deine Mutter hat ihn geliebt, und wo das Herz regiert, da gilt die Stimme der Vernunft nicht mehr viel. Und vielleicht ist das richtig so.« Sie lächelte flüchtig und wurde dann mit einem Seufzen wieder ernst.
    »Schließlich hat Erik der Verbindung dann doch zugestimmt, weil er seine Tochter liebte, und vielleicht auch, weil er wollte, dass diese Ehe das Verhältnis zwischen den beiden zerstrittenen Familien verbessern könnte. Und eine Weile sah es ganz danach aus, vor allem, als dein Bruder und du auf die Welt kamt.«
    »Aber es hat nicht funktioniert«, sagte Katharina.
    »Nein.« Edith schüttelte den Kopf. »Die Ansichten waren zu unterschiedlich. Wulfgar war auf brutale Raubzüge aus, Erik hat auf friedlichen Handel gesetzt. Darüber kam es zum Streit, dann zum offenen Krieg. Als deine Mutter dem entfloh, habe ich sie begleitet.«
    So weit kannte Katharina die Geschichte bereits, und Ediths Worte deckten sich mit dem, was sie schon von Arla und Erik gehört hatte. Dennoch hing sie weiter wie gebannt an EdithsLippen, selbst wenn sie eine ganze Weile nichts wirklich Neues hörte.
    »Wir waren länger als ein Jahr unterwegs«, erzählte Edith schließlich. »Immer auf der Flucht vor Wulfgars und Eriks Männern. Und schließlich geschah ein Unglück.« Ihre Stimme wurde leiser und drohte zu brechen, und Katharina konnte ihr den Schmerz ansehen, den ihr die Erinnerung bereitete. Sie gab ihr hinlänglich Zeit, bevor sie sie mit einem leisen Räuspern daran erinnerte, dass ihre Geschichte noch nicht zu Ende war.
    »Es geschah ein Unglück. Wir waren wieder einmal auf der Flucht … ich weiß nicht einmal, vor welcher der beiden Familien. Ein Sturm zog auf. Ich weiß noch, dass deine Mutter Angst hatte, an Bord zu gehen, aber dein Vater hat sie letzten Endes überredet, denn er hoffte, dass der Sturm auch unsere Verfolger dann hindern würde, uns weiter zu folgen, und er war ein ausgezeichneter Seemann, vielleicht der beste, den es jemals gab.«
    Sie ließ Katharinas Finger los, um eine deutende Geste mit beiden Händen zu machen. »Dies hier war sein Schiff, die Heimdall . Es war ein prachtvolles Schiff. Das schnellste, das je gebaut wurde.«
    »Das hier?« Katharina sah sich aus großen Augen um. Dass dieses Schiff anders war als die Sturmvogel oder das namenlose Schiffchen, mit dem Guthenfels sie in Bjarnisund abgeholt hatte, war ihr sofort aufgefallen, aber erst jetzt sah sie, dass es sich tatsächlich um eine Drakkar handelte; eines der schlanken Drachenboote der Wikinger. Die eingezogenen Ruder, die Tatsache, dass die großen Rundschilde an der Reling fehlten und vor allem die aufwändige Tarnung und die fast vollkommene Dunkelheit gaben sich alle Mühe, es zu einem formlosen Schatten zu machen, aber nun, einmal darauf aufmerksam geworden, erkannte sie den hochgezogenen Bug mit dem geschnitzten Drachenkopf und die schlanke Bauweise umso deutlicher.
    »Das ist …«, murmelte sie fassungslos.
    »Die Heimdall , ja«, führte Edith den Satz mit einem Nicken zu Ende. »Wir sind hier gestrandet, in diesem Seitenarm. Die Mannschaft war tot, und dein Vater …« Sie unterbrach sich für einen Moment, und wieder schien ein unsichtbarer Schatten über ihr Gesicht zu gleiten, als die Erinnerung an jene schrecklichen Augenblicke vor zehn Jahren sie zu überwältigen drohten. Katharina geduldete sich, bis sie von sich aus weitersprach. »Auch deine Mutter wurde verletzt, und du wärst um ein Haar ertrunken. Erinnerst du dich nicht daran?«
    Katharina schüttelte zwar automatisch den Kopf, aber noch bevor sie die Bewegung beendet hatte, war sie schon nicht mehr ganz sicher. Auch die Worte der alten Frau ließen keine Erinnerungen oder gar Bilder in ihr aufsteigen, aber sie begann zu ahnen, warum sie zeit ihres Lebens so große Angst vor dem Wasser gehabt hatte. Selbst jetzt, wo das Schiff sicher vertäut und das Ufer nur einen halben Schritt entfernt war, fühlte sie sich nicht besonders wohl.
    »Deine Mutter und du waren die einzigen Überlebenden«, fuhr Edith fort. »Und auch sie war mehr tot als lebendig.«
    »Und warum hier?«, mischte sich Vera ein.

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