Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
nach einer schieren Ewigkeit war es Wulfgar, der das immer bedrückender werdende Schweigen brach, indem er sich mit einer sonderbar mühsam wirkenden Bewegung in seinen geschnitzten Thronsessel zurücklehnte und zuerst Katharina lange und dann Jorun noch sehr viel länger und durchdringender anstarrte.
    »Jorun«, begann er. »Wie lange ist es her? Zehn Jahre?«
    »Beinahe elf«, antwortete sie.
    »Du hättest nicht hierherkommen sollen«, sagte Wulfgar. »Du weißt, dass ich dich töten werde. Der einzige Grund, aus dem ich es noch nicht getan habe, ist der, dass du mir meine Enkeltochter zurückgebracht hast. Und dass mein Bruder sich für dich eingesetzt hat. Was nicht bedeutet, das ich dich wirklich verschonen werde. Ich bin kein sehr gnädiger Mann, wie du dich vielleicht erinnerst.«
    »Aber was hat sie denn getan?«, empörte sich Katharina.
    »Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Kara«, sagte Wulfgar. »Und Kinder haben zu schweigen, wenn die Erwachsenen reden. Hat man dir das bei deiner christlichen Erziehung nicht beigebracht?«
    »Vater Cedric hat mir vor allem beigebracht, immer die Wahrheit zu sagen«, antwortete Katharina scharf. »Edith hat ihr Leben riskiert, um dich und deine Männer zu warnen! Zählt das denn gar nichts?«
    »Jorun«, antwortete Wulfgar betont, »hat vor allem dein Leben riskiert, indem sie dich mit hierhergebracht hat. Das Leben meiner Enkeltochter.«
    »Wahrscheinlich hätte er noch mehr gesagt, doch Erik unterbrach ihn, indem er rasch die Hand hob. »Kara hat Recht«, sagte er. »Sie hat ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um uns zu warnen, das sollten wir nicht vergessen. Sie hätte nicht herkommen müssen. Und was Kara angeht …« Er lächelte flüchtig. »Ich glaube, ich kenne sie inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es ihr wahrscheinlich nicht möglich war, sie zurückzulassen.« Er seufzte. »Das wäre vermutlich nicht einmal dir gelungen.«
    »Jetzt ist nicht der Moment für Scherze«, sagte Wulfgar.
    »Wir sind auch nicht hier, um Scherze zu machen«, antwortete Jorun, Eriks immer warnender und beschwörender werdende Blicke ignorierend. »Ihr seid in Gefahr, versteht doch! Ihr müsst –«
    »Schweig, Weib!«, unterbrach sie Wulfgar. Er hob nicht einmal die Stimme, brachte es aber dennoch irgendwie fertig, beinahe zu schreien. Er machte eine befehlende Geste zu ihr, sich zu setzen. Als sie nicht sofort reagierte, gab er einem der Männer hinter ihr einen Wink, und er stieß sie so grob auf einen Stuhl, dass das Möbelstück bedrohlich zu knirschen begann.
    Wulfgar setzte dazu an, noch mehr zu sagen, doch in diesem Moment flog die Tür auf, und einer seiner Männer stürmte herein, noch nicht rennend, aber nur einen Deut davon entfernt. Rasch eilte er zu Wulfgars Thron, beugte sich zu ihm hinab und flüsterte ihm ein paar Worte zu, bevor er sich genauso schnell wieder entfernte.
    »Deine Freunde sind da«, fuhr Wulfgar fort, wieder an Jorun gewandt und noch immer mit vollkommen unbewegtem Gesicht.
    »Guthenfels?« Jorun sah erschrocken zum Fenster hin, machte eine Bewegung, wie um aufzustehen, und ließ sich wieder zurücksinken, als der Mann hinter ihrem Stuhl ein warnendes Räuspern von sich gab.
    »Nein.« Wulfgar schüttelte mit einem rauen Lachen denKopf. »Dieses Söldnerpack. Sie formieren sich im Wald hinter der Burg zum Angriff.« Die Vorstellung schien ihn zu amüsieren. Etliche Momente lang schien er darauf zu warten, dass Jorun antwortete, dann schnaubte er verächtlich und wandte sich an Erik, der neben ihm saß. »Es wird Zeit.«
    Zeit?, dachte Katharina beunruhigt. Wofür?
    Erik stand auf, trat einen halben Schritt zurück und streckte seinem Bruder die Hand entgegen, um ihm beim Aufstehen zu helfen, und nicht nur zu Katharinas Erstaunen nahm Wulfgar die angebotene Hilfe an. Auch Jorun runzelte überrascht die Stirn, als sie sah, wie mühsam Wulfgar sich erhob. Hatte er sich immer noch nicht von der schweren Verletzung erholt, die Ellsbusch ihm zugefügt hatte?
    »Du weißt, was zu tun ist«, wandte sich Wulfgar an Erik. »Wir treffen uns auf dem Schiff. Ich habe dein Wort. Das Wort eines Skalden.«
    »Nein«, antwortete Erik ernst. »Das Wort deines Bruders, Wulfgar.«
    Wulfgar verzog die Lippen, aber Katharina hätte nicht sagen können, ob zu einem verächtlichen Lächeln oder schlichtweg vor Schmerz. Erst jetzt fiel ihr auf, wie blass der grauhaarige Riese war. Und das Netz feiner Schweißperlen, das auf seiner Stirn glänzte, hatte seine Ursache

Weitere Kostenlose Bücher