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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte, sich zu ihrem ärgsten Feind zu mausern, ergriff die Gelegenheit beim Schopf, ihr die bizarrsten Schreckensbilder vorzugaukeln – zumal sich das Knacken wiederholte und eindeutig näher kam.
    All das hinderte sie indes nicht daran, mit einer ebenso raschen wie vollkommen lautlosen Bewegung in die Deckung eines niedrigen Busches zu huschen, der in der Dunkelheit wie ein Felsen vor dem Waldrand lag – und kaum hatte sie es getan, da musste sie sich eingestehen, dass ihre Fantasie der Wahrheit in diesem Fall ziemlich nahegekommen war.
    Aus dem Wald trat tatsächlich ein Ungeheuer heraus, so groß wie ein Bär und ebenso struppig – und mit zwei gewaltigen Hörnern, die noch ein gutes Stück weit über seinen Kopf hinausragten und es noch größer erscheinen ließen.
    Es war nicht nur der bizarre Helm, an dem sie Wulfgar erkannte. Er war zu weit entfernt und die Nacht viel zu dunkel, um sein Gesicht zu erkennen, aber sie wusste trotzdem mit absoluter Sicherheit, dass es Wulfgar selbst war, der nur wenige Schritte neben ihr aus dem Wald trat. Und es war pures Glück, dass er sie nicht gesehen hatte. Ihr Herz hämmerte noch schneller, und so verzweifelt sie auch dagegen anzukämpfen versuchte, zitterten ihre Hände und Knie doch immer stärker. Im Augenblick befand sie sich in (zweifelhafter) Sicherheit, aber wenn der riesige Wikinger nur einige wenige Schritte in ihre Richtung machte, dann musste er sie einfach sehen!
    Als wäre dieser Gedanke das Stichwort, auf das ein besonders niederträchtiges Schicksal nur gewartet hatte, wandte sich Wulfgar genau in diesem Moment um und kam gemächlichen Schrittes auf sie zu. Katharinas Herz setzte tatsächlich für einen Schlag aus und hämmerte dann mit doppelter Schnelligkeit weiter. Sie war verloren. Wulfgar musste sie sehen, und sie hatte in seinen Augen gelesen, dass er sie sofort und ohne die geringste Gnade töten würde.
    Irgendwo in ihrem Augenwinkel bewegte sich ein Schatten, dann polterte etwas ein gutes Stück hinter dem gehörnten Riesen, und Wulfgar fuhr mit einer blitzartigen Bewegung herum und stürmte in die entsprechende Richtung, und noch bevor Katharina wirklich begriff, was überhaupt geschah, fühlte sie sich an der Schulter gepackt und zurück- und zu Boden gerissen. Eine schmale, aber erstaunlich starke Hand legte sich über ihren Mund und erstickte ihren erschrockenen Schrei: Dornige Ranken schrammten über ihr Gesicht und ihre bloßen Unterarme und Hände, während sie tiefer in den Wald und seine alles verschlingende Schwärze hineingezogen wurde. Nun war es endgültig um sie geschehen, dachte sie, eher benommen als entsetzt. Wie hatte sie nur so naiv sein können, ernsthaft zu glauben, der Wikinger wäre allein gekommen, um nach ihr zu suchen?
    All diese Überlegungen hinderten sie jedoch nicht daran, sich weiter nach Kräften zu wehren. Zwar wurde sie immer tiefer in den Wald hineingezerrt und sah kaum noch die sprichwörtliche Hand vor Augen, aber sie spürte, dass ihr Entführer hinter ihr war, glaubte einen hellen Schemen wie von einem Gesicht über sich zu erkennen und stieß ihren Ellbogen mit voller Wucht zurück.
    Sie traf und wurde mit einem schmerzerfüllten Zischen belohnt, und damit, dass sich der erbarmungslose Griff um eine Winzigkeit lockerte. Enthusiasthisch rammte sie den Ellbogen noch einmal und mit noch größerer Kraft auf dieselbe Stelle und hörte dieses Mal so etwas wie ein gebrülltes Keuchen. Der Griff lockerte sich weiter, und es gelang ihr, sich loszureißen und auf Hände und Knie hochzustemmen.
    »Bei Odin, rühr dich nicht, oder wir sind beide tot!«, keuchte eine gepresste Stimme.
    Dieselbe, die gerade das schmerzhafte Keuchen ausgestoßen hatte.
    Ansgars Stimme.
    Es war wohl eher Überraschung als das, was er gesagt hatte, die Katharina tatsächlich mitten in der Bewegung erstarren und für einen Moment sogar den Atem anhalten ließ.
    »Keinen Laut!«, fuhr er fort, jetzt nur noch in einem gehetzten Flüsterton. »Und rühr dich nicht! Er kommt!«
    Wenigstens den zweiten Teil seines geflüsterten Befehls ignorierte Katharina, indem sie sich – wenn auch unendlich vorsichtig – halb herumdrehte und zum Waldrand zurücksah. Ansgar hatte sie nur ein paar Schritte weit ins Dickicht hineingezogen, aber sie hatte ja gerade selbst erlebt, wie undurchdringlich diese Schwärze von außen betrachtet war.
    Katharina schickte ein lautloses Stoßgebet zu Gott (egal, zu welchem), dass Wulfgar nicht über schärfere

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