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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Zeichen.
    »Und nun will Mutter diesem Ulf Daumenschrauben anlegen.« Rudolf lachte vergnügt. »Indem sie ihn bittet, mich sehen zu dürfen. Vermutlich will er meine Flucht vor ihr geheim halten.«
    »Dann sollten wir auch geheim halten, dass du wieder hier bist, mein Sohn.«
    »Von mir aus.« Rudolf schluckte das letzte Stück Schinken hinunter, während die Magd ihm zwei neue Scheiben vorlegte. »Haben wir auch noch Pastete, Rike?«
    »Ja, Herr Rudolf.« Sie verschwand in der Speisekammer und stellte kurz darauf eine riesige Pastete auf den Tisch.
    »Ah, die dürfte gerade so eben reichen.«
    »Hast du auf Burg Regenstein überhaupt nichts zu essen bekommen?«, fragte Antonia.
    »Doch, aber keine leckeren Pasteten, wie Rike sie zaubert.« Er zwinkerte der Magd zu, die verlegen kicherte.
    Während Rudolf aß, wandte Philip sich Stephan zu. »Ich habe gehört, du hast gestern Myras Fohlen gerettet.«
    »Ja.«
    »Gute Arbeit. So etwas braucht viel Erfahrung.«
    »Die habe ich.«
    Antonia sah, wie ihr Vater Stephan forschend musterte.
    »Hast du das auf dem Gut deines Vaters gelernt?«
    »Nein.«
    »Du musst ihn anders fragen, Vater«, mischte Rudolf sich kauend ein. »Nicht so, dass er nur mit Ja oder Nein antworten kann. Sonst dauert es ewig, bis er mehr als zwei zusammenhängende Worte herausbekommt.«
    »Während du nicht einmal beim Essen den Mund halten kannst«, bemerkte Antonia spitz.
    »Wenn Gott nicht gewollt hätte« – Rudolf schluckte den Bissen hinunter –, »dass der Mensch spricht, hätte er ihm keine Stimme verliehen, Schwesterchen.«
    »Wo hast du die Geburtshilfe bei Tieren gelernt, Stephan?«, fragte Philip, ohne auf das Geplänkel seiner Kinder zu achten.
    »In Ägypten.«
    »Das lernt man auf keinem Kriegszug. Ein solches Geschick setzt den ständigen Umgang mit Pferden voraus.«
    Stephan schwieg.
    »Nun sag schon! Wir sind alle neugierig.« Rudolf stieß seinem Tischnachbarn den Ellbogen spielerisch in die Seite.
    Einen Augenblick lang befürchtete Antonia, Stephan könnte aufstehen und die Küche verlassen. Aber dann antwortete er doch.
    »Nach der Niederlage bei Kairo geriet fast das gesamte Kreuzfahrerheer in Gefangenschaft. Die meisten Gefangenen wurden getötet. Nur die Wohlhabenden aus vornehmen Familien ließ man gegen Lösegeld frei. Einigen wenigen gelang die Flucht. Thomas und ich hingegen wurden in die Sklaverei verkauft. Ich habe anderthalb Jahre lang die Pferde eines reichen Kaufmanns in Kairo gepflegt. Da lernt man so einiges.«
    Nur das Prasseln des Herdfeuers unterbrach die Stille, die sich nach Stephans Eröffnung über die Menschen in der Küche gesenkt hatte. Antonia dachte an den Preis, den er für die Rettung des Kindes hatte zahlen müssen. War dies der Preis gewesen? Der Verzicht auf die eigene Flucht? Sie musterte ihn fragend. Er schien ihre Gedanken zu erahnen und nickte kaum merklich.
    »Das tut mir leid«, sagte ihr Vater.
    »Ein solches Leben mag nicht besonders ehrenhaft sein, aber ich habe es dem Tod vorgezogen.« Stephan atmete tief durch.
    »Das hätte ich auch getan«, bestätigte Philip. »Das Leben ist immer besser als der Tod, denn erst mit dem Tod erstirbt jede Hoffnung.«
    Stephan nickte, dann erhob er sich und verließ die Küche.
    »Wusstest du das?«, fragte Rudolf seinen Vater, nachdem Stephan gegangen war.
    »Nein.«
    Eine Weile sagte niemand etwas.
    »Da wir gerade von Ägypten sprechen«, brach Rudolf schließlich das bleierne Schweigen. »Mutter erzählte mir, dass wir Gäste aus Ägypten haben. Wann stellt ihr sie mir vor?«
    »Wenn du gegessen, ein Bad genommen und frische Kleider angelegt hast«, erwiderte Philip. »Zumindest Donatus wirst du kennenlernen. Sachmet und Karim sind mit Alexander in Halberstadt. Wir erwarten sie in ein paar Tagen zurück.«
    »Was hat sie denn nach Halberstadt geführt?«
    Antonia sah, wie ihr Vater ansetzte, Rudolf in die bisherigen Ereignisse einzuweihen.
    »Entschuldigt mich bitte«, sagte sie und erhob sich. »Ich kenne die Geschichte bereits.«
    »Du hast noch gar nichts gegessen!«, rief Rudolf ihr hinterher.
    »Ich hatte nicht so großen Hunger wie du.«
    »So? Ich glaube eher, du bist wieder hinter dem armen Stephan her. Lass ihm doch den Frieden seiner Seele!«
    »Hör du lieber auf, mit vollem Mund zu reden, sonst verschluckst du dich noch.«
    Sie fand Stephan vor dem Stall, wo er seinen Hengst striegelte. Als er sie sah, hielt er kurz inne.
    »Das war der Preis, nicht wahr?«, fragte sie, damit ihre

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