Die Tochter der Suendenheilerin
war es ihm erst zwei Tage später mithilfe eines Köhlers gelungen, den Weg zurück nach Birkenfeld zu finden.
Ob Stephan den Regensteinern doch noch in die Hände gefallen war? Niemand wusste es. Aber je mehr Zeit verstrich, umso größer wurden Antonias Ängste. Am nächsten Tag sollte das Turnier beginnen. Sie hatte dafür gesorgt, dass sein Name auf der Teilnehmerliste stand. Was würde geschehen, wenn er nicht rechtzeitig eintraf? Noch zwei Tage bis zum Tjost. Bei dem Gedanken daran wurde ihr das Herz noch schwerer.
»Sieh an, ist das nicht Fräulein Antonia in Begleitung der berüchtigten ägyptischen Prinzessin? Erweist Ihr uns die Ehre, uns für den morgigen Tag Glück zu wünschen?«
Antonia fuhr herum. Ohne es zu bemerken, waren sie in die Nähe der Zelte der Cattenstedter gekommen. Sie sah das Banner mit dem Fuchs über dem größten der drei Zelte wehen.
»Herr Richard?«, fragte sie unsicher. Sie erkannte die Ähnlichkeit zu Stephan, auch wenn Richards Züge markanter waren.
»Zu Euren Diensten, Fräulein Antonia und Fräulein … Sachmet, wenn ich recht unterrichtet bin?«
Sachmet lächelte. »Ihr seid recht unterrichtet. Und Ihr seid Richard von Cattenstedt?«
»So ist es. Soll ich Euch auch den Rest der Familie vorstellen?« Ohne Sachmets Antwort abzuwarten, stieß er einen lauten Pfiff aus.
Eine Frau trat aus dem Zelt, die Arme in die Hüften gestemmt. »Richard, wie oft habe ich dir gesagt, du sollst mit diesem Gepfeife aufhören!«
»Mein Weib Fronika«, stellte er sie lächelnd vor. »Fronika, erinnerst du dich noch an Fräulein Antonia? Und das ist Fräulein Sachmet aus Ägypten.«
Sofort glätteten sich Fronikas Züge.
»Fräulein Antonia, ich hätte Euch kaum wiedererkannt! Beim letzten Mal wart Ihr noch ein Kind.«
»Ja.« Antonia nickte. Sie konnte sich kaum an jene Begegnung erinnern. Mittlerweile waren noch drei kleine Mädchen, von denen das jüngste kaum laufen konnte, und zwei Männer aus den Zelten gekommen.
»Meine Brüder Michael und Paul«, stellte Richard die beiden Männer vor. »Irgendwo treibt sich auch Lukas herum. Aber ich fürchte, der ist wieder unterwegs und prüft, ob die Schankwirte auch gottesfürchtiges Bier ausschenken.« Die Männer lachten. »Und dies sind meine Töchter. Ännelin ist sechs, Marie vier und Susi zwei. Ich hoffe, nächstes Jahr um diese Zeit haben sie endlich ein Brüderchen.« Er warf Fronika einen auffordernden Blick zu.
»Was kann ich dafür, wenn du nur Töchter zeugst?«, hielt sie ihm entgegen. »Gib dir mehr Mühe!«
»Ich gelobe Besserung«, erwiderte Richard mit blitzenden Augen.
»An unseren Vater kommst du eben noch nicht heran«, meinte Michael. »Aber bei ihm war es zu viel des Guten. Eigentlich sollte Stephan ja eine Stephanie werden.«
»Nur gut, dass er deine Worte nicht gehört hat!«, bemerkte Paul. »Als du zu Thomas sagtest, er hätte eine Melusine werden sollen, bekamst du seine Faust zu spüren.«
»Habt Ihr etwas von Stephan gehört?«, fragte Fronika Antonia. »Er hat sich lange nicht mehr bei uns blicken lassen.«
»Er ist in wichtiger Mission für meinen Vater unterwegs. Ich hoffe, er kommt noch rechtzeitig zum Turnier.«
»Und wenn nicht, dann stoßen wir die Regensteiner allein aus dem Sattel.« Richard lachte. »Das wird ein Spaß!«
»Mit Eberhard habe ich ohnehin noch eine Rechnung offen«, fügte Michael hinzu. »Der stach mir bei meinem ersten Turnier ein Pferd unter dem Sattel weg und versuchte, den Eindruck eines bedauerlichen Unfalls zu erwecken. Für solche Schurkenstücke sind die Regensteiner bekannt.«
»Dafür holst du dir dieses Mal sein Pferd und seine Rüstung.« Paul schlug seinem älteren Bruder auf die Schulter.
Während des Gesprächs war die kleine Susi unbemerkt zu Nebet getrippelt und streichelte das große Tier. Als Fronika ihre Tochter und die Gepardin entdeckte, keuchte sie entsetzt auf, doch Sachmet beruhigte sie sofort. »Nebet ist zahm wie ein Hund und sanft wie ein Kätzchen.« Wie zur Bestätigung legte die Gepardin sich hin und schnurrte, während das Mädchen ihr jauchzend über das Fell strich.
»In Susi fließt das echte Cattenstedter Blut«, sagte Richard stolz. »Zu schade, dass sie kein Knabe ist, der unseren Namen mit Ehre belegen könnte.«
»Den Knaben wirst du noch auf den Armen wiegen können.« Fronika strich ihrem Gatten liebevoll über die Hand.
»Ich mag diese Familie«, sagte Sachmet, nachdem sie sich von den Cattenstedtern verabschiedet hatten und zum
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