Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
Vom Netzwerk:
Blicke.«
    »Nun, das ist doch zumindest ein Anfang. Komm, fragen wir Karim! Der erzählt uns bestimmt alles, was wir wissen wollen.«
    Sachmet griff nach Antonias Hand und zog sie mit sich.
    Sie brauchten eine Weile, bis sie Karim fanden. Er hatte sich in den kleinen Garten bei der Kapelle zurückgezogen und war in ein Buch vertieft. Nebet ruhte zu seinen Füßen.
    »Hier vergeudest du also deine Zeit.« Sachmet nahm ihm das Buch aus der Hand. »Lesen kannst du auch im Garten deines Vaters.«
    »Was gibt’s?«
    »Wir wollen mit dir reden.« Sachmet setzte sich neben Karim auf die Bank und rückte ein Stück zur Seite, damit auch Antonia Platz fand.
    »Worüber?«
    »Antonia hat eine Frage an dich.«
    »So?« Er sah Antonia aufmunternd an, dennoch zögerte sie. Es kam ihr plötzlich ungehörig vor, das Geheimnis um Stephans Vergangenheit lüften zu wollen. Er wollte nicht darüber sprechen – vielleicht sollte sie diesen Wunsch einfach beherzigen. Andererseits konnte sie ihm vielleicht helfen, wenn sie die Ursache seiner geheimen Qual erfuhr.
    »Ich hatte gestern den Eindruck, als würdest du Stephan kennen.«
    »Stephan? Du meinst den Mann mit der langen Narbe im Gesicht?«
    Antonia nickte.
    »Kennen wäre zu viel gesagt.«
    »Aber du bist ihm schon einmal begegnet.«
    »Ja.« Karims Gesichtszüge wurden hart.
    »Es war keine erfreuliche Begegnung?«
    »Es ist noch keine anderthalb Jahre her«, hob Karim an. »Wir waren auf dem Weg von Kairo nach Alexandria, um junge Pferde von unserem Gestüt in Kairo zur Zucht nach Alexandria zu holen. Mein Vater hatte mich gewarnt, die Zeiten seien unsicher, überall würden versprengte Kreuzritter herumstreunen. Nun, mich begleiteten acht Knechte, die allesamt den Säbel zu führen wussten. Wir fühlten uns sicher. Und zunächst begegnete uns auch nichts Auffälliges. Aber einige Reitstunden vor Alexandria bemerkte einer meiner Männer Geier, die vor uns am Himmel kreisten. In friedlichen Zeiten deuten sie meist auf ein verendetes Kamel hin, selten auf tote Menschen. Aber die Zeiten waren nicht friedlich, und so waren wir vorsichtig. Ich beschloss, mit einem meiner Begleiter vorauszureiten, um mir ein Bild von der Lage zu verschaffen.« Karim hielt einen Augenblick lang inne. »Es waren drei Tote, zwei Araber und ein ziemlich heruntergekommener Franke, der seine zerschlissene abendländische Tracht durch arabische Kleidungsstücke ergänzt hatte. Pferde oder Kamele waren nirgends zu sehen, aber wir entdeckten Spuren. Jemand musste mit den Pferden geflohen sein. Und ich bemerkte noch etwas. Eine frische Blutspur, die sich von den Toten in Richtung einer Düne entfernte. Jemand war noch am Leben und hatte sich versteckt, als er uns herannahen sah. Dem Blut nach war er ernsthaft verwundet. Ich stieg vom Pferd und nahm meinen Wasserschlauch. Mein Begleiter war nicht sonderlich begeistert, dass ich der Blutspur allein folgen wollte, aber sein Widerspruch hielt sich in Grenzen.«
    »Kein Wunder«, bemerkte Sachmet. »Wenn du dir etwas vorgenommen hast, kann dich niemand zurückhalten.«
    »Meinst du?« Er zwinkerte ihr zu. Antonia wurde ungeduldig.
    »Erzähl bitte weiter!«
    Karim nickte. »Ich hätte über die Düne steigen können, den Blutspuren hinterher, aber das erschien mir nicht ratsam. Auch ein verwundeter Feind kann gefährlich werden. Vor allem dann, wenn er nichts mehr zu verlieren hat. Also nahm ich einen kleinen Umweg, und das erwies sich als richtig.« Karim legte abermals eine kurze Pause ein.
    »Eine Stimme fuhr mich in schlechtem Arabisch an: ›Keinen Schritt weiter, oder du stirbst!‹ Vor mir stand ein Franke, das Gesicht über und über mit Blut besudelt. Anfangs glaubte ich sogar, er habe durch den fürchterlichen Hieb ein Auge eingebüßt. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten, aber das Schwert in seiner Hand war drohend erhoben. Wäre ich nicht stehen geblieben, hätte er mich ganz sicher wie ein waidwundes Tier angegriffen.
    ›Ich will dir helfen‹, sagte ich und hob den Wasserschlauch. Er wiederholte seine Drohung und klammerte sich an seiner Waffe fest, als wäre sie sein letzter und einziger Halt auf Erden. Und ich wusste, er würde nichts verstehen, was immer ich ihm zu erklären versuchte. Also warf ich ihm den Wasserschlauch zu und entfernte mich in der Hoffnung, dass er zu Verstand käme, wenn er merkte, dass ich ihn nicht angegriffen, sondern ihm Wasser gegeben hatte.«
    »Das war Stephan?«, flüsterte Antonia.
    »Ja. Ich habe ihn an der

Weitere Kostenlose Bücher