Die Tochter der Suendenheilerin
nachzubohren gilt.«
»Und du glaubst, ich wüsste das nicht?«
»Du hast mein Temperament geerbt. Mir ging es in deinem Alter genauso. Ich wollte alles selbst in die Hand nehmen und die Welt verändern.« Er lächelte ihr gutmütig zu und tätschelte ihr die Hand.
»Dann können wir also nichts für Stephan tun?«
Philip lachte. »Siehst du – du weißt nicht, wann du besser nicht nachbohren solltest. Du solltest dich ein bisschen mehr zurücknehmen. Auf der Burg wird bereits geklatscht.«
Antonia spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
»Es wird geklatscht?«
»Darüber, dass du eine Schwäche für Stephan hast. Das ist mehr als offensichtlich. Bislang hat dein Ruf darunter nicht gelitten, aber du solltest vorsichtig sein.«
Antonia schluckte. »Und was rätst du mir?«
»Die meisten Schwärmereien halten der Wirklichkeit nicht stand. Er mag dich in Bann ziehen, weil ihn ein tragisches Geheimnis umgibt. Aber du weißt nicht, welche Dämonen ihn jagen. Du blickst nicht hinter die Maske.«
Antonia seufzte, und auch ihr Vater atmete tief durch.
»Deine Mutter ist übrigens sehr erfreut, dass Christian zu Gast ist. Ich nehme an, du kennst den Grund.«
Abermals stieg Antonia das Blut in die Wangen. »Sie wünscht sich, dass ich mich mit ihm verlobe?«
Philip nickte.
»Und du, Vater?«
»Ich hätte nichts dagegen. Er ist ein aufrechter junger Mann, der dir eine gesicherte Zukunft bietet. Er hat einen guten Leumund, so wie alle Mitglieder seiner Familie. An seiner Seite würde es dir an nichts fehlen, und er wäre dir gewiss ein guter Ehemann.«
Antonia senkte den Blick.
»Aber ich werde dich niemals drängen«, fuhr ihr Vater fort.
»Und was wäre, wenn ich mich für einen anderen entscheide?«
»Zum Beispiel für einen Mann wie Stephan?«
»Vater!«, rief sie entrüstet.
»Ist das so abwegig?« Er lachte. »Nun, vom Stand her wäre er eine angemessene Partie. Aber er ist ein Ritter ohne Landbesitz. Er könnte keine Familie unterhalten. Wobei sich das sicher noch am leichtesten regeln ließe. Die Schwierigkeit liegt anderswo, Antonia.«
»Du meinst bei den Dämonen, die ihn jagen?«
Ihr Vater nickte. »Ein Mann, der seit Jahren nicht gelacht hat, ist tief in seiner Seele verwundet. So schwer, dass niemand weiß, ob er überhaupt noch lieben kann. Glaub mir, Antonia, was du für ihn zu empfinden glaubst, ist nichts als ein Traum. Du kennst den wirklichen Menschen dahinter nicht.«
»Ich … ich habe doch nie behauptet, dass … dass ich ihn …« Sie räusperte sich erneut. Warum durchschaute ihr Vater sie nur immer?
Die Tür öffnete sich, und Donatus betrat die Küche.
»Guten Morgen!«, rief er fröhlich und nahm neben Antonia Platz. »Ich schätze, auf Karim und Sachmet müssen wir noch eine Weile warten. Die konnte ich schon während der Reise nur mit Mühe rechtzeitig aufscheuchen. Karim ziehe ich einfach die Decke weg. Aber bei Sachmet wird es gefährlich, denn Nebet schläft an ihrer Seite und nimmt es ausgesprochen übel, wenn man ihrer Herrin zu nahe kommt.« Er grinste breit über das ganze Gesicht. Antonia war erstaunt über seine Lebendigkeit. Sie hatte ihn ganz anders eingeschätzt, denn in den ersten Tagen hatte er sich meist zurückgehalten und Karim das Wort überlassen.
»Wie geht es nun mit dieser Fehde voran?« Donatus blickte Philip erwartungsvoll an. »Wird es zu Kämpfen kommen?«
»Eine Fehde ist kein blutiges Gemetzel«, entgegnete Antonias Vater. »Sie verläuft nach festen Regeln. Ich habe Barthel ausgeschickt, um herauszufinden, wann die Regensteiner die nächsten Lieferungen auf ihre Burg erwarten. Wir werden die Wagenzüge überfallen und als Beute nehmen. Auf diese Weise schädigen wir die Regensteiner am meisten, ohne dass es viel Blut kostet.«
»Also wird bei einer Fehde nicht getötet?«
»Wenn sich gleichrangige Gegner im Kampf begegnen und einer stirbt, fällt dies unter das Fehderecht. Es ist kein Mord. Verboten ist es jedoch, Unbeteiligte, Bauern oder Geistliche zu töten. So sagt es zumindest das Recht. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Deshalb habe ich lange mit mir gerungen, ob ich den Regensteinern tatsächlich die Fehde erkläre. Allerdings blieb mir keine andere Möglichkeit. Ein derartiges Unrecht darf nicht ungesühnt bleiben. Es wäre das Ende unseres friedlichen Zusammenlebens. Wenn ich nachgegeben und das Lösegeld gezahlt hätte, würden die Regensteiner es immer toller treiben.«
Donatus nickte. »Ich stehe ganz auf
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