Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
Vom Netzwerk:
nicht?«, widersprach Meinolf.
    »Weil sich das für einen Grafen nicht schickt«, kam Eberhard seinem Vater zuvor. »Aber Vater hätte gewiss nichts dagegen, wenn du sie hinausekeln würdest. Bastarde haben in diesem Fall mehr Freiheiten als Edelleute, weißt du?«
    »Hört auf damit!«, fuhr Ulf dazwischen. »Alheidis bereitet mir das geringste Kopfzerbrechen. Viel mehr liegt mir daran, es den Birkenfeldern heimzuzahlen.«
    »Keine Sorge, Vater! Alexander von Birkenfeld wird seine Taten noch bitter bereuen.«
    Eberhard hob die Brauen. »Du willst hoffentlich keine Blutrache auf unser Haupt beschwören!«
    »Soll ich diesen Ehrabschneider etwa ungestraft davonkommen lassen?«, stieß Meinolf zwischen den Zähnen hervor.
    »Er hätte dich für den Bruch des Fehderechts töten können.«
    »Auf wessen Seite stehst du eigentlich?« Meinolf war aufgesprungen. »Warum nimmst du dieses Pack in Schutz?«
    Eberhard lachte. »Weil mir diese Geschichte den Tag versüßt hat.« Er erhob sich ebenfalls. »Leck deine Wunden ohne mich, Bruderherz!« Mit diesen Worten verließ auch er den Saal.

 24. Kapitel  
    D ie zweite Nacht in Folge, in der Stephan keine Ruhe fand. Die alten Bilder vermischten sich mit den Erlebnissen des vergangenen Tages. Nachdem sie Meinolf und die Seinen nackt in die Wälder gejagt hatten, war das gesamte Ausmaß des Schadens in A lvelingeroth deutlich geworden. Ein Drittel der zu erwartenden Ernte war vernichtet worden. Stephan wusste, dass Alexander und sein Vater darüber nachsannen, wie sie die Verluste ersetzen konnten. Die erbeuteten Waren der Regensteiner würden nicht ausreichen. Deshalb hatte er Alexander vorgeschlagen, eine große Jagd zu veranstalten, um Wild und Felle auf dem Markt zu Halberstadt zu verkaufen und dafür andernorts Getreide zu erwerben. In seiner Jugend auf Gut Cattenstedt war das Jagdrecht seiner Familie oft die einzige Quelle des Gelderwerbs gewesen. Alexander hatte ihm aufmerksam zugehört, doch nach der Rückkehr auf Burg Birkenfeld verschwanden er und die anderen Mitglieder der gräflichen Familie sofort in der Hauptburg. Der neue Kaplan müsse bei Laune gehalten werden, hatte Alexander kurz zuvor augenzwinkernd angemerkt.
    Stephan war froh, dass ihn Hugo vom Waldsee nichts anging. Für frömmlerisches Getue hatte er nichts übrig. Zu deutlich erinnerte er sich noch an die Lügen der Pfaffen vor Damiette.
    Als der Abend dämmerte, war er nicht in seine Kammer zurückgekehrt, sondern hatte sich auf den Wehrgang der Hauptburg zurückgezogen. Er wusste, dass er die Enge des Hauses in dieser Nacht nicht ertragen würde. So blickte er über das Bodetal und die Wälder, ließ seine Gedanken ziellos treiben, in der Hoffnung, dass es ihm gelänge, die Bilder von Feuer, Tod und Gefangenschaft zu verdrängen. Hierher kamen die Nachtwächter nur selten, denn sie besetzten vor allem die beiden kleinen Wehrtürme bei der Zugbrücke. Umso erstaunter war er, als er irgendwann Schritte hörte. Er wandte sich um. Im fahlen Licht des Mondes erkannte er Karim. Der Ägypter trug einen schweren Krug und zwei tönerne Becher.
    »Hier treibst du dich also herum.« Karim stellte Krug und Becher auf die Mauerbrüstung. »Ich wollte dich fragen, ob du mit mir zusammen einen Krug Wein trinkst.«
    »Wein? Mit dir?«
    »Warum nicht?« Karim füllte einen der Becher und hielt ihn Stephan entgegen. Nach den Ereignissen dieses Tages wäre Stephan eine Ablehnung der Einladung ungehörig vorgekommen. Also griff er zu.
    »Ich dachte immer, der Prophet verbietet berauschende Getränke.«
    »Mag sein.«
    »Du bist kein Muslim?«
    »Ich bin ein Mischling.« Karim grinste.
    »Das heißt?«
    »Du weißt doch, dass meine Mutter Christin ist und mein Vater Muslim. In Ägypten achte ich die Regeln des Propheten, hier halte ich mich an die Gebräuche meiner Mutter.«
    »Aha.«
    Karim hatte sich selbst eingegossen und trank einen Schluck. »Ich habe den Wein meinem Onkel abgeschwatzt. Ist guter italienischer.«
    Stephan betrachtete den tönernen Becher in seiner Hand, dann kostete er. Karim hatte nicht zu viel versprochen. Ein Krug Wein dieser Güte hätte ihn einen halben Monatslohn gekostet.
    »Und warum willst du ausgerechnet mit mir trinken?«
    Karim antwortete nicht sofort, sondern ließ den Blick über die nächtlichen Wälder schweifen.
    »Vielleicht weil es dir stets gelingt, mir ein schlechtes Gewissen zu bereiten, obwohl ich dir nie etwas getan habe«, entgegnete er schließlich.
    Stephan horchte auf.

Weitere Kostenlose Bücher