Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
ihrer Miene. »W as ist passiert?«
»V ittra«, sagte Finn mit der gleichen Verachtung wie zuvor.
»O h?« Elora hob eine Augenbraue. »U nd welche?«
»J en und Kyra«, sagte Finn.
»S o, so.« Elora starrte einen Augenblick lang ins Leere und strich eine nicht existente Falte in ihrem Rock glatt. Müde seufzend schaute sie Finn an. »B ist du sicher, dass es nur Jen und Kyra waren?«
»S o gut wie sicher«, sagte Finn und überlegte. »I ch habe sonst niemanden gesehen, und wenn noch jemand da gewesen wäre, hätten sie ihn zu Hilfe gerufen. Sie wollten sich nicht davon abbringen lassen, Wendy mitzunehmen. Jen hat sogar Gewalt angewandt.«
»D as sehe ich.« Elora blickte mich wieder an. »A ber auch so bist du sehr hübsch.« Sie schien beinahe Ehrfurcht vor mir zu empfinden, und ich spürte, wie ich rot wurde. »D u heißt Wendy, nicht wahr?«
»J a, Madam.« Ich lächelte sie schüchtern an.
»E in so gewöhnlicher Name für ein so außergewöhnliches Mädchen.« Einen Moment lang wirkte sie fast ärgerlich, aber dann wandte sie sich wieder an Finn. »G roßartige Arbeit. Du darfst dich zurückziehen, während ich mit ihr spreche. Bleib aber in der Nähe. Ich rufe dich, wenn ich dich brauche.«
Finn verbeugte sich noch einmal, dann verließ er das Zimmer. Seine Ehrerbietung machte mich unsicher, weil ich nicht wusste, wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte.
»I ch heiße Elora, und ich erwarte nicht, dass du mich anders nennst. Du musst dich natürlich erst eingewöhnen. Ich weiß noch, wie es war, als ich wieder hierherkam.« Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »A lles war so verwirrend.« Ich nickte, weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, und sie deutete auf das Sofa. »S etz dich. Wir müssen über so vieles reden.«
»D anke.« Unsicher nahm ich auf dem Rand des Sofas Platz, weil ich Angst hatte, es würde auseinanderbrechen, wenn ich es mir richtig bequem machte.
Elora ging zu der Récamiere und legte sich darauf. Ihr Kleid umfloss sie. Sie stützte ihr Kinn auf ihrer Hand ab und betrachtete mich fasziniert. Ihre Augen waren dunkel und wunderschön und mir auf merkwürdige Weise vertraut. Es waren die Augen eines wilden Tieres, das in einem Käfig gefangen ist.
»I ch weiß nicht, ob Finn es dir schon gesagt hat, aber ich bin deine Mutter«, sagte Elora.
8
Familienbande
D as war unmöglich. Ich hätte ihr am liebsten widersprochen. Ein so elegantes, wunderschönes Wesen konnte unmöglich mich hervorgebracht haben. Ich war unangepasst und impulsiv. Ihr Haar war seidig, und mir war schon mehrmals gesagt worden, dass meins Stahlwolle glich. Ich konnte auf keinen Fall mit ihr verwandt sein.
»A h. Offenbar nicht«, stellte Elora fest. »U nd du siehst so fassungslos aus, dass ich annehme, du glaubst mir nicht. Aber ich versichere dir, deine Identität steht nicht zur Debatte. Ich habe höchstpersönlich die Familie Everly für dich ausgewählt und dich selbst zu ihnen gebracht. Finn ist unser bester Tracker, also bist du zweifellos meine Tochter.«
»E ntschuldigung.« Ich rutschte verlegen auf meinem Stuhl hin und her. »I ch wollte dir keinen Irrtum unterstellen. Es ist nur …«
»I ch verstehe. Du bist immer noch an menschliche Umgangsformen gewöhnt. Das wird sich bald ändern. Hat Finn dir erklärt, was es mit den Tryll auf sich hat?«
»E igentlich nicht«, gab ich zögernd zu. Hoffentlich brachte ich ihn damit nicht in Schwierigkeiten.
»D u hast sicherlich viele Fragen, aber lass mich zuerst alles erklären. Falls danach noch etwas unklar ist, kannst du dich an mich wenden.« Eloras Stimme klang kalt, und ich bezweifelte, dass ich jemals den Mut aufbringen würde, ihr irgendwelche Fragen zu stellen.
»F ür Außenstehende sind Tryll Trolle, aber diese Bezeichnung ist veraltet und diskriminierend. Sie wird uns keineswegs gerecht, wie du siehst.« Elora deutete auf den luxuriös eingerichteten, luftigen und eleganten Raum, in dem wir uns befanden, und ich nickte. »W ir sind eng mit den Menschen verwandt, stehen aber mehr im Einklang mit uns selbst. Unsere Fähigkeiten, unsere Intelligenz und unsere Schönheit übertreffen die der Menschen bei Weitem.
Zwei wichtige Unterschiede in unserem Lebensstil unterscheiden uns Tryll außerdem noch von ihnen«, fuhr Elora fort. »W ir möchten ein ruhiges Leben führen, in Harmonie mit der Natur und unseresgleichen. Wir schulen unsere Fähigkeiten und nutzen sie, um unser Leben zu verbessern und uns und unsere Umwelt zu
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