Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
mich nicht von meinen Fragen abbringen lassen würde, fuhr er fort: »F ähigkeiten, die uns beim Aufspüren helfen. Überzeugungskraft ist für meinen Beruf nicht besonders nützlich.«
»W as ist nützlich?«, drängte ich, und er seufzte müde.
»D as ist schwer zu erklären. Genau genommen sind es keine echten Fähigkeiten.« Sein Gesicht wirkte angespannt und er rutschte auf seinem Sitz hin und her. »E s sind Instinkte und Intuitionen. Wir sind wie Bluthunde, die einem Geruch folgen, ohne dass es einen Geruch gibt. Ich weiß manches einfach.« Er schaute mich an, als hoffe er, ich hätte bereits verstanden, aber ich sah ihn nur mit leerem Blick an.
»N a ja, als du neulich Abend diese Frau besucht hast, wusste ich, dass du weit entfernt warst und dich irgendetwas unglücklich machte.«
»D u weißt, wie es mir geht, selbst wenn wir nicht zusammen sind?«, fragte ich.
»S olange ich deiner Fährte folge, schon.« Finn nickte.
»I ch dachte, du hättest gesagt, du seiest kein Telepath«, murmelte ich pikiert. »A ber dass du meine Gefühle spürst, klingt schon so ähnlich.«
»I ch habe gesagt, ich kann keine Gedanken lesen, und das kann ich auch wirklich nicht.« Er seufzte abgrundtief. »I ch habe leider keine Ahnung, was in deinem Kopf vorgeht.«
»I ch kann nicht all deine Gefühle spüren«, fuhr er fort, als er merkte, wie unangenehm mir das Ganze war. »N ur Trauer und Angst. Ich muss wissen, ob du in Gefahr bist, damit ich dir notfalls helfen kann. Meine Aufgabe ist es, für deine Sicherheit zu sorgen und dich nach Hause zu bringen.«
»W oher weißt du, wo du mich suchen musst? Bevor du in meiner Nähe bist?«
»D ie Mütter bewahren etwas aus der Babyzeit auf, meistens eine Haarsträhne«, erklärte Finn. »D adurch weiß ich, wen ich suchen muss. Und die Eltern wissen meist auch ungefähr, wo ihre Kinder sich aufhalten. Als ich dann in deiner Nähe war, habe ich dich deutlicher gespürt und konnte dich leicht finden.«
Mir wurde warm ums Herz. Meine Mutter hatte eine Haarsträhne von mir aufbewahrt. Kim hatte mich nie geschätzt, aber jemand da draußen schon. Sie hatte die Erinnerung an mich all die Jahre über bewahrt.
»H ast du mich deshalb die ganze Zeit angestarrt? Weil du diese Schwingungen gespürt hast?« Ich dachte daran, wie sein Blick auf mir geruht hatte und dass ich seinen Gesichtsausdruck damals nicht deuten konnte.
»J a.« Irgendetwas an seiner Antwort war merkwürdig. Er log mich nicht an, aber er verschwieg mir etwas. Ich überlegte kurz, nachzubohren, aber ich wollte noch so viele andere Dinge wissen.
»W ie viele Aufträge hast du schon gehabt?«, fragte ich.
»D u bist mein elfter Auftrag.« Er schaute mich an und schien auf eine Reaktion zu warten, also versuchte ich, völlig ausdruckslos auszusehen.
Seine Antwort überraschte mich. So ein Auftrag musste doch ewig dauern. Er wirkte ein bisschen zu jung, um das schon elfmal hinter sich zu haben. Außerdem machte mich die Vorstellung nervös, dass es da draußen so viele Changelings gab.
»U nd wie lange machst du das schon?«
»S eit ich fünfzehn bin«, antwortete er.
»F ünfzehn?« Ich schüttelte den Kopf. »W illst du damit sagen, dass deine Eltern dich mit fünfzehn in die Welt geschickt haben, um solche wie mich zu suchen und nach Hause zu bringen? Haben dir die Kids denn geglaubt und vertraut?«
»I ch bin sehr gut in meinem Beruf«, antwortete Finn sachlich.
»T rotzdem. Das klingt… surreal.« Ich begriff das alles nicht. »S ind sie alle mit dir gegangen?«
»J a, natürlich«, sagte er schlicht.
»M achen sie das immer? Mit dem Tracker mitgehen?«
»N ein, aber meistens.«
»A ber mit dir sind alle mitgegangen?«, fragte ich beharrlich.
»J a.« Finn sah mich wieder an. »W arum fällt es dir so schwer, das zu glauben?«
»I ch finde alles, was du mir erzählst, schwer zu glauben.« Ich überlegte, was mich noch daran störte. »M oment. Du warst fünfzehn, also warst du kein… kein Changeling, oder? Bist du der einzige? Wie funktioniert das Ganze eigentlich?«
»T racker wachsen immer bei ihren Eltern auf.« Er rieb sich den Nacken und schürzte die Lippen. »I ch glaube, das Changeling-Prinzip sollte dir lieber deine Mutter erklären.«
»W arum sind Tracker ausgenommen?«, fragte ich unbeirrt.
»W ir trainieren unser ganzes Leben lang für unsere Aufgabe als Tracker«, erläuterte Finn. »U nd unsere Jugend ist unser größter Vorteil. Es ist viel einfacher, sich mit einem Teenager
Weitere Kostenlose Bücher