Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
anzufreunden, wenn man selbst einer ist.«
»E s gehört also zu deinem Job, Vertrauen aufzubauen«, sagte ich und sah ihn mit neuem Misstrauen an.
»D as stimmt.«
»D u wolltest also Vertrauen schaffen, als du dich beim Ball mir gegenüber wie ein Arsch benommen hast?«, fragte ich spitz. Einen Moment lang wirkte er traurig, aber dann war sein Gesicht wieder ausdruckslos.
»N ein. Damit bin ich auf Abstand gegangen. Ich hätte dich nicht zum Tanzen auffordern sollen und habe versucht, meinen Fehler wiedergutzumachen. Du solltest mir vertrauen, aber mehr hätte nur zu Missverständnissen geführt.«
Alles, was zwischen uns passiert war, war nur geschehen, weil er mich in meine Heimat zurückbringen wollte. Er hatte mich beschützt und mich dazu gebracht, ihn zu mögen. Und als er merkte, dass ich drauf und dran war, mich in ihn zu verknallen, hatte er die Notbremse gezogen. Das tat weh. Ich schluckte und starrte aus dem Fenster.
»E s tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe«, sagte Finn leise.
»K ein Problem«, erwiderte ich eisig. »D u hast nur deinen Job gemacht.«
»I ch weiß, dass das sarkastisch gemeint war, aber du hast trotzdem recht.« Er legte eine Pause ein. »U nd ich tue es immer noch.«
»T ja, du bist wirklich sehr gut.« Ich verschränkte die Arme und starrte aus dem Fenster.
Ich hatte keine Lust mehr, mit ihm zu reden. Meine unzähligen Fragen konnten warten. Ich würde sie jemand anderem stellen. Ich war so nervös und aufgeregt, dass ich an Schlaf nicht mal dachte, aber nach einer Stunde Fahrt döste ich ein. Ich kämpfte gegen die Müdigkeit an, bis mir klar wurde, dass die Fahrt viel schneller vorbei sein würde, wenn ich schlief.
Als ich die Augen wieder öffnete, stand die Sonne hoch über uns. Ich hatte mich auf dem Sitz zu einer Kugel zusammengerollt, und mir tat jeder Knochen weh. Gähnend setzte ich mich auf, reckte mich und versuchte, meinen verspannten Nacken zu dehnen.
»I ch dachte schon, du schläfst, bis wir da sind«, sagte Finn.
»W ie weit ist es noch?«, fragte ich, rutschte im Sitz herunter und stützte meine Knie am Armaturenbrett ab.
»N icht mehr weit.«
Die Landschaft hatte sich verändert. Hohe, mit Bäumen bestandene Felshügel erhoben sich zu beiden Seiten der Straße. Das Auto rollte über Hügel und durch Täler, und die Gegend war wirklich wunderschön. Irgendwann verlangsamte Finn die Fahrt und wir fuhren einen Hang hinauf. Oben angekommen, sah ich, wie sich die Straße durch die Bäume wand. Dahinter erkannte ich den Mississippi, der zwischen den Steilufern dahinfloss.
Ein großes Metalltor versperrte uns den Weg, aber als der Torwächter Finn erkannte, nickte er ihm zu und winkte uns durch. Hinter dem Tor sah ich wunderschöne Häuser auf den Klippen. Sie waren alle hinter dichten Bäumen verborgen, was mir das seltsame Gefühl gab, dort stünden viel mehr Häuser, als wir sehen konnten. Alle wirkten luxuriös und waren so gebaut, dass sie die bestmögliche Aussicht boten.
Wir hielten vor einem mächtigen Anwesen, das ganz am Rand einer Klippe stand. Es war strahlend weiß und von langen Weinreben wunderschön überwuchert. Die Rückseite, die auf den Fluss hinausging, schien nur aus Fenstern zu bestehen. Das ganze Haus stand auf zerbrechlich wirkenden Stützpfeilern. Es war unglaublich prachtvoll, sah aber aus, als könne es jeden Augenblick von der Klippe stürzen.
»W as ist das für ein Gebäude?« Ich löste meinen Blick einen Augenblick lang von dem Haus und schaute Finn an. Er lächelte mich an und meine Haut kribbelte.
»W ir sind da. Willkommen zu Hause, Wendy.«
Meine alte Familie war wohlhabend gewesen, aber so etwas hatte ich noch nie gesehen. So stellte ich mir einen Adelssitz vor. Finn ging mit mir zum Haus, und ich konnte kaum glauben, dass ich wirklich hierhergehören sollte. Ich hatte mich noch nie so klein und unbedeutend gefühlt.
Das Haus war so feudal, dass ich erwartete, von einem Butler begrüßt zu werden. Stattdessen öffnete ein Junge die Tür. Er musste in meinem Alter sein, und sein blondes Haar fiel ihm ins Gesicht. Er sah sehr gut aus, aber das wunderte mich nicht. Aus einem solchen Haus konnte nur Schönes kommen. So perfekt war es.
Zuerst wirkte er verwirrt und überrascht, aber als er Finn sah, schien er die Situation zu kapieren, und er lächelte strahlend.
»O h mein Gott! Du musst Wendy sein.« Er öffnete die schwere Eingangstür und bat uns ins Haus.
Finn ließ mir den Vortritt, was ich seltsam fand,
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