Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
weg ist und du das offenbar ziemlich schlecht verkraftest. Aber er ist nur ein Storch und du bist eine Prinzessin!«
»D u hast keine Ahnung, wovon du da redest«, murmelte ich. Mein erster Impuls war gewesen, ihn zu verteidigen, aber ehrlich gesagt war ich ziemlich sauer, dass er einfach ohne mich gegangen war. Ich hätte nach diesem Kuss niemals sang- und klanglos abhauen können. Es war reine Folter gewesen, allein zurückzubleiben. Ich senkte den Blick, um zu signalisieren, dass das Thema beendet war.
»N a gut, dann eben nicht.« Willa verdrehte die Augen und hob die Sprühdose wieder. »A ber du bist trotzdem noch eine Prinzessin und das ist dein Abend.« Ich blieb stumm, während sie zerrte und zupfte. »D u bist noch jung und weißt noch nicht, wie viele Fische im Teich schwimmen, besonders in deinem Teich. Die attraktivsten, begehrtesten Männer werden sich um dich reißen, und dann wirst du den blöden Storch, der dich hierhergebracht hat, längst vergessen haben.«
»I ch angle aber nicht gern«, murmelte ich trocken. Das ignorierte sie.
»W eißt du, wer eine richtig gute Partie ist? Tove Kroner.« Willa schnalzte mit der Zunge. »I ch wünschte, mein Dad würde uns verkuppeln.« Sie seufzte verträumt und riss an meinen Haaren.
»E r ist echt heiß und stinkreich«, fuhr Willa fort, als hätte ich sie darum gebeten. »E r ist der ranghöchste Markis der Welt, das ist echt außergewöhnlich. Normalerweise haben die Marksinna die Fähigkeiten. Männer können ein paar Sachen, aber die Frauen sind meist viel mächtiger. Nur Tove hat mehr Fähigkeiten als alle anderen. Es würde mich nicht überraschen, wenn er Gedanken lesen könnte.«
»I ch dachte, das gäbe es gar nicht«, sagte ich und registrierte überrascht, dass ich ihr folgen konnte. Vor ein paar Wochen hätte ich noch kein Wort von ihrem Monolog kapiert.
»K aum. Nur ganz, ganz wenige können es. So wenige, dass die Fähigkeit heutzutage zur Legende verkommen ist.« Willa bauschte sanft mein Haar auf. »A ber Tove ist auch legendär, also würde das passen. Und wenn du deine Karten richtig ausspielst, wirst du eines Tages auch ziemlich legendär sein.« Sie drehte mich um, schaute mich an und lächelte, zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Mühe. »J etzt musst du nur noch dein Kleid anziehen.«
Irgendwie hatte Willa es geschafft, nicht nur mich, sondern auch sich fertig zu machen. Sie trug ein bodenlanges hellblaues Ballkleid, das ihre Figur umspielte, und sie sah so schön aus, dass ich sie niemals überstrahlen würde.
Nachdem sie mich endlich in mein eigenes Kleid gequetscht hatte, zwang sie mich, vor den Spiegel zu gehen. Sie beteuerte, diesen Anblick dürfe ich mir nicht entgehen lassen.
»O h. Wow.« So etwas zu meinem eigenen Spiegelbild zu sagen, fühlte sich extrem eitel an, aber es war mir einfach herausgerutscht. Ich hatte noch nie in meinem Leben besser ausgesehen und bezweifelte, dass ich das jemals tun würde.
Das Kleid schimmerte weiß und silbrig und floss an mir herunter. Es war elegant trägerlos, und die Diamantkette, die Willa für mich ausgewählt hatte, brachte es erst richtig zur Geltung. Meine dunklen Locken fielen mir perfekt frisiert den Rücken herunter und Willa hatte den Look mit diamantenen Ohrclips akzentuiert.
»D u wirst sie alle umhauen, Prinzessin«, versprach mir Willa mit schelmischem Lächeln.
Dies war der letzte ruhige Moment des Abends. Sobald wir aus meinem Zimmer traten, wurden wir von einer Flut aus Assistenten und Personal mitgerissen, die ich noch nie gesehen hatte. Sie besprachen den genauen Zeitplan mit mir und sagten mir, wo ich sein musste, wen ich treffen sollte und was zu tun war.
Ich verstand jetzt schon nichts mehr, aber das Tohuwabohu riss mich wenigstens einen Moment lang aus dem dumpfen Schmerz, den mir jeder Gedanke an Finn verursachte. Hilflos schaute ich mich nach Willa um. Irgendwann würde ich mich für ihre Hilfe revanchieren müssen. Ohne sie hätte ich den heutigen Tag auf keinen Fall überlebt.
Zuerst gab es eine Art Empfang im Ballsaal. Elora stand neben mir, und Gott sei Dank stand Willa an meiner anderen Seite und bezeichnete sich selbst als meine persönliche Assistentin. Zu dritt standen wir an der Schmalseite des Ballsaals, flankiert von Wachleuten. Eine lange Reihe Gäste wartete darauf, mich kennenzulernen.
Willa nannte mir die Namen und Titel all derer, die auf mich zukamen. Die meisten waren in der Tryll-Welt berühmt, aber Elora erklärte mir, dass mich heute
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