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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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im schimmernden Wasser, bereits außer Sichtweite verschwindend, lagen drei Inseln. Sie waren nicht viel mehr als Felsen im weiten Meer, Orte, an denen Vögel nisteten und sich Unkräuter mit Mühe an glatte Steine klammerten. Es waren Orte, an denen vielleicht ein Fischer vorbeikam, ohne sonderlich darauf zu achten, außer auf die spitzen Felsen, die die größte Insel umgaben. Aber selbst ohne die Namen erkannte ich, was sie waren. Die Größere Insel, die Kleine Insel und die Nadel. Ich hatte auf dem heiligen Boden der Inseln geschlafen und es nicht einmal gemerkt, ehe ich sie verließ. Ich schaute zurück, bis der hohe Steinfelsen der Nadel aus dem Sichtfeld verschwand; und dann zog sich mein Magen wieder zusammen, und ich beugte mich über die Seite, und alles begann von vorn.
    Es brauchte den größten Teil eines weiteren Tages, an dem wir nach Nordosten segelten, bis wiederum Land in Sicht kam. Es gab Klippen und Brecher, und hinter ihnen grüne Hügel mit Eichen- und Buchenhainen. Es gab auch ein lang gezogenes, niedriges Gebäude auf einem dieser Hügel, und einen Turm mit einem Kreuz. Dort sollten wir Zuflucht suchen, bevor wir weiterreisten.
    ***
    Es war ein Haus von Frauen; heilige Schwestern, wie Vater Brien dem christlichen Glauben ergeben, aber anders als mein Einsiedlerfreund lebten sie gemeinsam. Was sie von unserem plötzlichen Erscheinen auf ihrer Schwelle hielten, war schwer zu sagen. Offenbar kannten sie Lord Hugh, den sie mit einigem Respekt behandelten, beinahe mit Ergebenheit. Schon bald wurde ich nach drinnen gebracht, und die Männer zogen sich in einen anderen Bereich zurück. John hatte mich vom Ufer heraufgetragen; die guten Schwestern warfen einen einzigen Blick auf mich und befahlen ihm, mich ihnen zu überlassen. Als sie mich wegbrachten, sah ich mich nach meiner Tasche um; sie war auf dem Schiff gewesen, das wusste ich, aber in meinem Elend hatte ich sie vergessen. Von nun an durfte ich meine Aufgabe nicht mehr vernachlässigen, das hatte das Feenvolk deutlich gemacht. Wo waren meine drei Hemden aus Mierenfasern? Ich musste auf sie aufpassen, das war alles, was wirklich zählte. Schwäne starben so leicht – der Pfeil eines Jägers, die Zähne eines Wolfs, der Winter. Wie hatte ich das so lange vergessen können? Während die Schwestern mich weiterführten, starrte ich angestrengt über die Schulter zurück. Die Männer verließen gerade das Gebäude. Als er zur Tür hinausging, drehte sich der Rote noch einmal um. Er bemerkte meinen wilden Blick und zeigte auf seinen eigenen Rucksack, aus dem meine kleine Tasche ein Stück hervorragte. Dann war er weg. Im Kloster selbst durften sich nur Frauen aufhalten. Wir würden die Männer später sehen, erklärten mir die Schwestern, bei der Abendmahlzeit. Nun musste ich mitkommen, denn wie das Zucken ihrer Nasen mir sagte, musste ich dringend baden.
    Ich war krank und erschöpft. Ich ließ sie mich von oben bis unten waschen und entsetzte Rufe über meine vorstehenden Knochen und meine geschwollenen Hände ausstoßen, und sie bemerkten auch meine anderen Wunden, die noch nicht vollkommen verheilt waren, fragten mich freundlich, aber geschickt aus, wer ich sei und wo ich herkäme. Sie wuschen mein Haar mit Rosmarinöl und spülten es mit Lavendel aus. Sie suchten mir ein Kleid und einen Gürtel, sie gaben mir Brot und Milch zu essen, während eine Novizin mit frischen, rosigen Wangen sich der undankbaren Aufgabe annahm, mir das Haar zu kämmen. Sie achteten darauf, dass ich nicht zu viel aß; ich wusste selbst, welche Wirkung das auf jemanden haben würde, der sich lange nicht richtig ernährt hatte. Danach ruhte ich mit meinem frisch geflochtenen Haar und meinen sauberen Kleidern, die auf der Haut unbequem und rau waren. Langsam hörte die Welt auf, sich um mich herum zu drehen, und mein Magen beruhigte sich. Eine Weile saß eine Schwester schweigend bei mir, aber als sie glaubte, dass ich schlief, ließ sie mich in der winzigen, weiß gekalkten Zelle mit dem schlichten Eschenkreuz allein. Ich konnte nicht schlafen, sondern lag nachdenklich da, und später stand ich auf und ging hinaus in den Garten, der nun friedlich im Zwielicht lag. Es war ein gepflegter Garten mit Küchenkräutern in ordentlichen Hecken, mit Blumen zum Trocknen und Gemüse. Ich fühlte mich besser, als ich hier zwischen den Kohlköpfen auf dem Boden saß, die Arme um die Knie geschlungen. Es war lange her, dass ich in einem Haus geschlafen hatte. Es roch wunderbar nach

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