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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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frisch gebackenem Brot und einer leckeren Suppe. In dem Gebäude auf der anderen Seite des Gartens wurden Lichter entzündet, und Teller klapperten. Ich hatte zuvor Glocken gehört; vielleicht beteten die Schwestern nun. Und dann hörte ich Stimmen vor der Gartenmauer.
    »… es wäre am besten, sie hier zu lassen. Sie hat nicht die Kraft, weiterzureisen. Sie wird lange Zeit Ruhe brauchen, richtiges Essen und unseren Rat.«
    »Das ist unmöglich. Wir sind schon zu lange weg. Eure Gastfreundschaft heute Nacht ist sehr willkommen, aber wir müssen morgen weiter.«
    Die Schwester seufzte laut. »Verzeiht mir, Lord Hugh. Ich hoffe, Ihr werdet dem Rat einer alten Frau folgen und mich nicht falsch verstehen. Sie ist nur ein Kind, und man hat ihr wehgetan, vielleicht mehr, als Ihr wisst. Lasst sie hier bei uns und reist selbst weiter, wenn es sein muss. Es wird auch für Euch besser sein, wenn Ihr sie zurücklasst.«
    Er schwieg einen Augenblick lang.
    »Das kann ich nicht«, sagte er schließlich. »Das Mädchen reist mit mir weiter.«
    »Habt Ihr daran gedacht, wie es für Eure Familie sein wird, wenn Ihr mit ihr nach Harrowfield zurückkehrt? Ihre Art ist hier nicht willkommen; und Ihr habt mächtige Feinde.«
    »Glaubt Ihr, ich kann sie nicht beschützen?«
    »Herr, ich bezweifle weder Eure Kraft noch Eure Integrität. Ich glaube, dass sie nicht ganz versteht, was Ihr hier auf Euch nehmt. Vielleicht versteht Ihr auch nicht vollständig, wie tief die Gefühle gegen dieses Volk gehen. Ihr könnt keine verwaiste Eule in Eurem Hühnerstall unterbringen und nichts Schlimmeres als zerzauste Federn erwarten. Wenn Ihr darauf besteht, gefährdet Ihr nicht nur das Mädchen, sondern auch Eure eigene Sicherheit und die Eurer Familie.«
    Darauf gab es keine Antwort. Ich hörte ihre Schritte auf einem Kiesweg, der offensichtlich direkt vor dem Küchengarten entlangführte.
    »Ich muss Euch fragen«, fügte die Nonne in untertänigem Ton hinzu, »und Ihr solltet es nicht falsch verstehen. Ich kenne Euch lange, und genau das ist der Grund, dass ich von einer solchen Angelegenheit überhaupt spreche. Ich habe zuvor gesagt, das Mädchen sei verletzt worden. Sie ist nicht viel mehr als ein Kind; müde, hungrig und elend. Aber davon abgesehen ist sie eine Frau, und ein Mann hat sie vor kurzer Zeit missbraucht. Ich muss Euch fragen, wie gut Ihr Euren Begleitern traut. Ich will Euch nicht beleidigen, in dem ich nahe lege …«
    Der Rote stieß einen lauten Fluch aus, und ich hörte das Knirschen von Kies unter den Stiefeln, als er eine plötzliche, heftige Bewegung machte.
    »In diesem Licht«, fuhr die Schwester ruhig fort, »werdet Ihr vielleicht noch einmal darüber nachdenken, wie gut es ist, sie mit in Euren Haushalt zu nehmen. Das Schweigen und die Meditation, die wir üben, kann ihr helfen, Körper und Geist zu heilen. Und wir werden sie hier nicht ängstigen.«
    Er schwieg lange.
    »Ich danke Euch für Euren Rat«, sagte er schließlich in förmlich-distanziertem Ton. »Ich werde vielleicht noch einen Tag warten, bis sie ausgeruhter ist. Dann reisen wir nach Harrowfield weiter.« Und damit war das Gespräch offenbar beendet.
    Während dieses Tages und der beiden Nächte, die ich im Kloster verbrachte, erreichte ich zweierlei. Als ich früh am ersten Morgen wieder in den Garten ging, sah ich hinter den ordentlichen Gemüsereihen, den Stangen und Netzen für Erbsen und Bohnen und dem frisch gewendeten Misthaufen, eine vertraute Pflanze. Sie war hier in dieser häuslichen Szene eigentlich nichts Ungewöhnliches, denn ihre Blätter ergeben eine angenehme gelbliche Färbung, wenn man sich darauf einlässt, sich mit den unangenehmen Stacheln abzugeben. Zwei Schwestern arbeiteten im Garten, und es gelang mir, ihnen mit Zeichensprache klar zu machen, was ich wollte. Sie debattierten miteinander, dann ging eine davon, vielleicht um die Äbtissin zu fragen, vielleicht auch zum Roten.
    Jedenfalls, als sie zurückkehrte, hatte sie einen Sack und ein Messer dabei und gab mir diese ohne weitere Fragen. Man muss mir mein Entzücken angesehen haben, denn die Schwestern lächelten, während ich mich mit aller Kraft an die Arbeit machte. Gegen Ende des Morgens hatte ich einen großen Sack Mieren, genug, um bis zum Mittwinter zu reichen. Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, was geschehen würde, wenn sie mich dort, wo wir hingingen, nicht spinnen und nähen ließen.
    Das Zweite, was ich erhielt, war ein Name. Das Kloster mochte ein Ort stiller

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