Die Tochter der Wälder
Todes. Noch würde ich das Holz nicht schneiden. Ich würde warten, bis der Geist des Baums weitergezogen war, und erst dann hacken und trocknen und eine neue Spindel schnitzen und es mit einem Webrahmen versuchen, denn ich nahm an, ich hatte nun genug Faden für das erste Hemd. Ich war nicht kräftig genug, den massiven Stamm oder größere Äste eines solch riesigen Baums nutzen zu können, aber mit meinem kleinen Beil konnte ich die kleineren Äste angehen.
Inzwischen würde die große Esche ruhen, wo sie lag, und Moose würden ihren Stamm überziehen und winzige Geschöpfe ein Heim in ihren Höhlungen finden. Selbst im Tod war sie noch ein Glied der großen Kette des Waldes.
Die Zeit verging weiter. Bienen drängten sich um die süßen Lavendelrispen, und der Waldboden war mit Blüten bedeckt. Tag und Nacht waren beinahe gleich; die Vögel waren emsig mit Strohhalmen und kleinen Zweigen beschäftigt und bereiteten ihre Nester für ihre Brut vor. Wenn ich früh am Morgen zum Seeufer ging, sah ich Schwärme von Wasservögeln draußen an den kleinen Inseln, wie sie sich in großen Wolken flatternder Flügel zum Himmel erhoben oder nach Fischen tauchten. Auf diese Entfernung konnte ich nicht erkennen, ob auch Schwäne darunter waren.
Das Wasser war jetzt wärmer, und ich stählte mich, mich selbst und meine schlammbedeckte Kleidung, zum Waschen. Bisher hatte ich keine Anzeichen von Menschen an diesem Ufer entdeckt. Es war, als wäre diese Ecke der Wildnis irgendwie geschützt vor sterblicher Einmischung, und vielleicht war dies tatsächlich für einige Zeit der Fall. Der Wald wird dich verstecken, hatte die Herrin des Waldes gesagt.
Die Zeit verging, und neues Leben brach aus dem Wald. Ich vergrößerte meine kleine häusliche Runde jeden Tag. Ich stand in der Morgendämmerung auf und wusch mich mit Seewasser, dann erweckte ich die letzten glühenden Kohlen meines winzigen Feuers wieder zum Leben und kochte Wasser, mit vielleicht einer Hand voll Kresse und wilden Zwiebeln für ein mageres Frühstück. Danach machte sich Linn auf zum Ufer oder in die Wälder, und auch ich suchte nach Essen. Als der Frühling dem Sommer wich, wurde das einfacher. Brombeeren reiften, Stachelbeeren und Johannisbeeren waren überall zu finden. Holunderbüsche waren mit weißen Blüten übersät. Wilde Kräuter wucherten, Salbei, Majoran und Petersilie. Ich merkte mir, wo Apfelbäume und Haselbüsche wuchsen, denn diese würden später eine gute Ernte erbringen. Ich wusste nun, dass ich zumindest einen weiteren Winter hier verbringen müsste, denn ich kam mit meiner Arbeit nur elend langsam voran. Ich hatte kaum genug Faden für ein einziges Hemd, und es war bereits beinahe Sommer.
Wenn ich von meiner Vorratssuche zurückkehrte, griff ich nach der Spindel und den gnadenlosen Fasern, und ich spann und spann, und die Stacheln drangen mir in die Haut, und ich erzählte mir lautlos Geschichten, den Blick ins Leere gerichtet. Von Zeit zu Zeit stand ich auf, trat unter die Bäume hinaus und drückte meinen schmerzenden Rücken und die Schultern gegen eine starke Eiche oder Ulme. Dann suchte ich im Geist nach meinen Brüdern, auf dem See, am Himmel, überall.
Wo bist du, Finbar?
Aber ich spürte nichts. Es mochte durchaus sein, dass sie tot waren, getroffen vom Pfeil eines Jägers oder zerrissen von einem Wolf oder Bären.
Wo seid ihr jetzt?
Das gestattete ich mir nicht für lange. Linn kam zurück, leckte sich die Schnauze und ließ sich neben mir nieder, und dann begann ich wieder zu spinnen. Später am Tag nahm ich den Faden, den ich am Morgen hergestellt hatte, und fügte ihn meiner Webarbeit hinzu. Es überstieg meine Fähigkeiten, einen Webstuhl herzustellen, wie ich ihn bei den Frauen zu Hause gesehen hatte, aber ich hatte ein flaches Stück Rinde gefunden, zwei Handspannen lang und ein wenig weniger breit, die Ränder eingekerbt und die Kettfäden darumgewickelt. Den Schussfaden zog ich mit der Hand ein, mit einer Knochennadel, die einmal Vater Brien gehört hatte. Darunter und darüber, darunter und darüber. Der Stoff war unregelmäßig und knotig, aber er hielt. Es war später noch genug Zeit, darüber nachzudenken, wie man aus solcher Arbeit ein Hemd machen könnte.
Der Mittsommer überraschte mich beinahe. Ich arbeitete so stetig, wie ich konnte, und begann im weiteren Umkreis nach Mieren zu suchen, denn ich hatte den Vorrat nahe meiner Höhle beinahe erschöpft und musste nun warten, dass etwas nachwuchs. Eines Tages ging
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