Die Tochter der Wälder
Augen. Was geht dir wohl durch den kleinen Kopf? Glaubst du, unser lieber Hugh kommt im Galopp zurück, um dich zu retten? Das glaube ich nicht. Keine Chance. Wohin immer er sich aufgemacht hat, es ist weit, weit weg. Gewisse Leute sind sehr bestrebt, ihn zu erreichen, sagt man mir, aber niemand scheint genau zu wissen, wo er steckt. Du hast ihm doch keinen Streich gespielt, oder?« Er kniff die Augen zusammen. »Ich hoffe, das gehört nicht zu deinem Plan. Ich habe eine Rolle für Hugh, und ich bestehe darauf, dass er sie meinen Wünschen entsprechend ausführt. Hoffe nicht auf Rettung, Mädchen. Er kommt nicht. Nicht, bis wir mit dir fertig sind, bis du tot und begraben bist und mein und das Leben meines Neffen verlassen hast. Mein Netz ist ziemlich ausgedehnt. Wenn er auf dem Weg nach Hause ist, werde ich das erfahren, und vielleicht wird er sich dann ein wenig … verspäten. Nichts, was ihm schaden könnte, selbstverständlich. Nur eine kleine Ablenkung, um ihn lange genug fern zu halten.«
Meine Hände hielten einen Augenblick lang inne, das Schiffchen verharrte zwischen den Fäden. Einen Fuß nach dem anderen. Ich holte Luft und webte weiter.
»Das lässt dich innehalten, nicht wahr? Du hast dir doch sicher nicht vorgestellt – nein, nicht einmal du könntest so dumm sein. Der Tod ist die einzig mögliche Strafe, meine Liebe. Es ist die einzige Methode, die einem Grund zum Nachdenken gibt. Es gibt so viele, unter denen man wählen kann, jede davon … pikanter … als die vorangegangene. Zum Beispiel, eine Ladung heißen Eisens über eine bestimmte Entfernung zu tragen. Nicht unbedingt deine Sache, denke ich. Oder einen Stein aus einem Fass mit kochendem Wasser holen. Das habe ich einmal gesehen – der Bursche brauchte eine gewisse … Überredung. Dann gibt es die schnelleren Methoden, Hängen, Ertränken, alles Mögliche, was man mit einem Messer machen kann. Das ist weniger unterhaltsam. Mir wäre etwas mit Hitze lieber. Es ist so schwer zu entscheiden. Also warte ich auf göttliche Hilfe. Vater Stephen von Ravenglass ist ein Mann des Bischofs, ein gelehrter Geistlicher und ein sehr alter Freund. Der gelehrte Vater kennt sich gut aus, was das Austreiben von Dämonen angeht. Ich verlasse mich vollkommen auf sein Urteil. Ich kann mich an keinen einzigen Fall erinnern, in dem wir nicht übereinstimmten. Wir sind immer derselben Ansicht. Seine Unterstützung wird meinem Urteil … Glaubwürdigkeit verleihen. Das wird wohl nötig sein, wenn dein Mann zurückkehrt.«
Ich schauderte. Ich hatte mein Leben Vater Brien anvertraut, und ich hatte die Weisheit und Freundlichkeit im Gesicht des Mannes gesehen, der meine Ehegelübde entgegennahm. Aber etwas sagte mir, dass es in Vater Stephens Augen ein solches Verständnis nicht geben würde. Ich begann endlich zu glauben, dass ich sterben würde. Aber ich arbeitete stetig weiter, fädelte das Schiffchen durch die Fäden.
»Weißt du«, meinte Richard, »vielleicht verstehst du wirklich unsere Sprache nicht so gut, wie Hugh denkt. Hast du denn keine Angst? Suchst du nicht nach einer Möglichkeit, dich zu retten? Jedes andere Mädchen würde nun auf den Knien liegen und flehen. Und es wäre leicht. Sehr leicht.« Er schnurrte beinahe wie eine zufriedene Katze; aber keine Katze würde so tief sinken.
»Unter all dem Dreck bist du immer noch eine begehrenswerte kleine Schlampe«, sagte er leise. »Ist dir nie der Gedanke gekommen, dass du immer noch etwas zu verkaufen hast? Ich bin ein Mann, meine Liebe. Ich könnte mich kaufen lassen, ebenso wie Hugh. Knöpf dein Kleid auf, lass mich sehen, welch weiße Haut die Kleidung verbirgt. Oder soll ich es für dich tun?«
Ich spuckte gezielt auf die Spitze seines polierten Stiefels. Er reagierte mit Gelächter.
»Oje! Sie hat mich ernst genommen! Gut gemacht, kleine Hure! Beharrt auf ihrer Würde! Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mir an dir die Hände schmutzig machen würde? Wie du hier in deinem eigenen Dreck sitzt, und mit diesen groben, roten Händen? Früher hätte ich das vielleicht einmal getan. Aber ich bin nicht verzweifelt genug, um zu nehmen, was mein Neffe übrig gelassen hat. Ich habe bessere Aussichten … diese junge Witwe zum Beispiel, wie hieß die noch, Molly, Mary? Sie zeigt so viel Interesse an deinem Schicksal; ich frage mich, ob sie geeignet ist, einen kleinen Jungen aufzuziehen. Ich muss etwas unternehmen. Sie braucht einen guten, starken Mann in ihrem Leben, der ihr etwas
Weitere Kostenlose Bücher