Die Tochter der Wälder
diese seltsame Arbeit, die du da tust, er hat uns alle verpflichtet, dafür zu sorgen, dass du sie weiter tun kannst. Du hast einen Bann über ihn geworfen, dem er nicht entkommen kann, ohne sich und allen, die ihn lieben, wehzutun. Ich habe getan, was ich tun musste. Arbeite weiter, wenn du willst.«
Ich zwang mich zu einem Lächeln, ich nickte. Danke. Ihr war offenbar nicht klar, wie viel sie für mich getan hatte. Nun wollte sie gehen. Ich griff nach ihrem Ärmel, denn ich musste sie nach etwas fragen. Sie wich zurück, als könnte meine Berührung sie vergiften. Ich – Tür, draußen – was, wann?
»Deine Zukunft liegt nicht in meinen Händen, Jenny«, sagte sie. »Ich hätte dir nicht einmal deine Sachen hergebracht, hätte Hugh mich nicht versprechen lassen, dass ich dir gestatten würde, deine Arbeit fortzuführen, was immer auch geschieht. Ich bin zu bekümmert über all das, um dich gerecht zu beurteilen. Es ist Sache meines Bruders, deinen Fall anzuhören und über dein Schicksal zu entscheiden. In Hughs Abwesenheit ist er das Oberhaupt dieser Familie und muss tun, was er für angemessen hält. Aber auch er will jede Andeutung vermeiden, dass wir hier nicht den Gesetzen entsprechend vorgehen. Also hat er vor, auf Vater Stephen von Ravenglass zu warten, der nach Lammas hierher kommen sollte. In Angelegenheiten der Zauberei ist es angemessen, einen Geistlichen zu konsultieren.« Wieder sah sie sich in der Zelle um. »Es würde meinem Sohn wehtun, dich hier zu sehen. Aber nicht so sehr, wie die Wahrheit ihm wehtun wird.«
Welche Wahrheit? dachte ich verbittert, als sie die Tür hinter sich schloss und ich hörte, wie der Riegel vorgelegt wurde. Hatte der Rote nicht einmal gesagt, es gibt so viele Wahrheiten wie Sterne am Himmel, und sie sind alle unterschiedlich? Vielleicht war das die wirkliche Wahrheit.
Die Ratten waren meine einzige Gesellschaft. Sie kamen nachts heraus und knabberten am Strohsack. Das war die einzige Zeit meines Lebens, in der ich dankbar für die Stacheln der Mieren war, denn die Ratten rührten sie nicht an. Da ich nichts anderes zu tun hatte, nichts anderes um mich als die vier Steinmauern, arbeitete ich, so lange das Licht anhielt, und versuchte zu schlafen, wenn es dunkel war. Viele Tage vergingen, einer wie der andere. Ich stellte fest, wenn ich nicht darauf achtete, wie meine Hände vor Schmerz steif wurden, wenn ich die Finger zwang, sich weiterzubewegen, kam ich gut voran. Nachts zahlte ich dafür, denn meine Hände schmerzten heftig, und ich konnte nicht schlafen. Das sechste Hemd nahm langsam Form an. Es war nicht so gut wie die anderen, denn das Licht war schlecht, und manchmal konnte ich nicht richtig sehen, aber es würde genügen. Es musste genügen.
Ich schloss aus dem sich verändernden Licht hinter meinem kleinen Fenster, dass es etwa um die Zeit von Lugnasad war, kurz vor Ende des Sommers, als Lord Richard mich zu besuchen begann. Er hatte sich Zeit gelassen, aber nun kam er regelmäßig vorbei, was ich zu fürchten begann. Ich war vielleicht dumm gewesen, als ich mir gestattet hatte, Hoffnung zu schöpfen, als Lady Anne mir meine Arbeit zurückgab. Ich konnte weiterspinnen, weben und nähen, und hatte sie nicht gesagt, sie warteten auf Vater Stephen, so dass mir ein gerechter Prozess gemacht würde? Dann kam Richard, und ich sah, dass die Wahrheit eine ganz andere war.
»Nun, meine Liebe.« Es war, als träfen wir uns bei einem Becher Met. Sein Tonfall war liebenswürdig. Er ließ den Blick durch den winzigen Raum schweifen und wieder zurück zu mir. »Deine Herrschaft als Herrin von Harrowfield war tatsächlich kurz. Ich hatte angenommen, du wärest klüger, offensichtlich habe ich mich geirrt. Ein sehr dummer Fehler, meine Liebe, wahrlich sehr dumm. Du hast mir direkt in die Hände gespielt.« Er schnupperte geziert. »Es riecht hier seltsam. Erinnert mich an Schweinefraß.« Er holte ein schneeweißes Leinentuch heraus und tupfte sich die Nase. Von dem Tuch ging ein schwacher Duft von Bergamottöl aus. »Das sollte dich aber nicht stören. Ich nehme an, zu Hause war es ziemlich – rau? Ich habe gehört, solche wie du haben nichts dagegen, sich in ihrem eigenen Dreck zu suhlen. Abschaum wird immer Abschaum finden.«
Ich biss die Zähne zusammen und konzentrierte mich auf meine Arbeit. Wenn der Rote hören würde, wie du das zu mir sagst, würde er dich töten. Onkel oder nicht.
Er lachte. »Oh, mir gefällt diese grimmige Miene, dieses Blitzen in den
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