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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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seine Zeichen hinterlassen hatte. Ich wollte nicht in diesem Kleid verbrannt werden.
    »Schnell«, sagte Lady Anne. »Räumt diese Sachen weg, und kein Klatsch.« Plötzlich fiel mir ein, dass dies vielleicht das letzte Mal war, dass ich meine Freundin sah. Margery hatte denselben Gedanken im Blick, und sie streckte die Arme aus, aber Lady Anne trat zwischen uns.
    »Mach es nicht noch schwerer«, sagte sie, und ihre eigene Stimme zitterte ein wenig. »Das Mädchen ist eine Gefangene; niemand weiß, was ihr Schicksal sein wird. Sie gehört nicht mehr zu diesem Haushalt. Ihr habt getan, was notwendig war. Jetzt geht.«
    Also gingen sie, aber Margery warf einen Blick zurück, berührte ihre Lippen mit den Fingerspitzen, und dann winkte sie mir zu; Megan hatte Tränen in den Augen.
    Die Verhandlung ging weiter. Keiner machte eine Bemerkung über mein verändertes Äußeres, obwohl Lord Richard die Brauen hochzog und Vater Dominic eine Art Grunzen von sich gab.
    »Nun«, sagte der Geistliche, beugte sich vor und sah mich an, »wir haben alle Beweise gegen dich gehört, und es klingt sehr belastend, wenn auch nicht vollkommen schlüssig. Der Sinn dieser Anhörung besteht darin, zu entscheiden, ob deine Schuld bewiesen werden kann, und eine entsprechende Strafe festzulegen. All deine Verbrechen fallen unter die weltliche Gesetzgebung, und da Lord Richard hier die Autorität in solchen Dingen ist, liegt die letzte Entscheidung bei ihm. Dennoch, man hat mich eingeladen, um ihm bei dieser Entscheidung zu helfen, im Hinblick auf die ernste Natur der Anklagen und die engen, familiären Beziehungen zwischen Ankläger und Angeklagter. Du brauchst die Gerechtigkeit nicht zu fürchten, Mädchen. Nun hast du die Gelegenheit, dich zu verteidigen. Nimm dir Zeit. Ich verstehe, dass du nicht sprechen kannst. Aber es mag eine Möglichkeit geben, uns wissen zu lassen, was du sagen möchtest. Lass uns wissen, wenn es etwas gibt, dem du nicht folgen konntest.«
    Ich erwiderte seinen Blick. Seine Brauen waren in der Mitte zusammengewachsen und seine Augen in Fettwülste gebettet. Dennoch, die Intelligenz dieses Blickes war nicht zu bestreiten. Meine Hände ruhten weiterhin im Schoß. Alle in der Halle schwiegen.
    »Seid Ihr sicher, dass dieses Mädchen unsere Sprache versteht?« Er schaute Richard an und dann Lady Anne, die immer noch hinten in der Halle saß.
    »Ja, Vater.« Lady Anne hatte diese beherrschte Miene aufgesetzt, die mir so schmerzlich vertraut war. »Sie versteht uns nicht nur, sondern sie ist bis zu einem gewissen Maß auch imstande, sich mit Gesten verständlich zu machen.«
    »Das kann ich kaum glauben«, sagte Vater Dominic und schüttelte den Kopf. »Wieso sollte sie dann jetzt nicht versuchen, das zu tun? Will dieses Mädchen etwa sterben?«
    Richard lachte verächtlich. »Ihr habt vielleicht noch nicht viele von diesem Volk getroffen, Vater. Ich kenne die Leute aus Eire gut. Solcher Trotz ist ihnen angeboren und wird von der Geburt an eifrig genährt. Ihre Spione sind ausgebildet, bis zum Tod und darüber hinaus zu schweigen. Die Weigerung des Mädchens ist nur ein weiteres Zeichen ihrer Schuld.«
    Vater Dominic sah ihn an, und die Abneigung war ihm deutlich anzusehen. Trotz all meiner Erschöpfung und Angst war ich überrascht. Dieser Mann erkannte Richard von Northwoods als das, was er war. Das Letzte, was ich erwartet hätte, wäre auch nur eine annähernd gerechte Verhandlung.
    »Es gibt viele gelehrte Männer dort«, sagte Vater Dominic, »einige von ihnen meine eigenen Brüder, geschult in Debatte und Überlieferung. Ich würde das nicht so übereilt beurteilen. Außerdem ist sie nur ein Mädchen. Sie ist jung und leicht zu beeindrucken; sollte sie zu ihrer eigenen Verteidigung sprechen wollen, um ihren alten Verbrechen abzuschwören, könnte die Strafe gemildert werden.«
    Richard schwieg.
    Ich merkte, wie mehr und mehr Menschen ins Zimmer kamen. Ich sah mich nicht um. Draußen begann es zu regnen. Der graue Tag wurde noch dunkler.
    »Junge Frau«, sagte Vater Dominic, »wir haben hier ein Problem. Man sagt mir, dass du uns verstehst. Sieh mich an, Kind. Nicke, wenn du mich verstehst.«
    Mir gelang die Andeutung eines Nickens. Ich durfte auf keinen Fall die falschen Fragen beantworten. Ich durfte nichts von meiner Geschichte erzählen. Aber ich war sehr müde, zu müde, um klar denken zu können. Nun begann der Regen ernsthaft und trommelte auf die Dächer. Ich fragte mich, ob der Rote wohl irgendwo draußen war

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